Sonntag, 9. April 2017

Brief 311 vom 7.4.1942


Mein liebster Ernst !                                                  Konstanz, 7.4.42                     

Eigentlich wollte ich schon heute Mittag schreiben, aber ich war zu schlapp dazu. Heute früh bin ich gleich in den Garten gegangen, habe Spinat gesät, noch drei Beete umgegraben und an der Seite bei den Beerensträuchern umgegraben. Beim Spinat habe ich Komposterde untergemischt, bei den drei Beeten, die für Kraut bestimmt sind, habe ich den restlichen Mist untergegraben. An die Beerensträucher habe ich auch Komposterde getan. Heute Mittag war ich dann ganz kaporus. Der Speck, den man im Winter angesetzt hat, macht einen eben noch bequem. Der muß erst wieder abgeschafft werden.
Am Nachmittag brachte mir der Briefträger zwei Päckchen, Nr. 33 und 36 (34 fehlt also noch), dazu deinen lieben Brief vom 1.4., von Papa ein kleines Zeitungspäckchen, von Tante Agnes 1 Karte, meinen Brief an Kurt vom 25.2. zurück.
Das war eine Überraschung, als in dem Zwiebackpäckchen neben Zahnpasta auch noch eine Tafel Schokolade drin war. Die Zwiebeln sind auch gut angekommen. Für alles vielen Dank. Die Schokolade hebe ich auch noch gut auf. Du bist doch ein lieber Kerl.
Nun zu deinem lieben Brief. Wenn du gleich auf einmal 4 Briefe bekommen hast, bis du ja für die vorhergehenden postfreien Tage entschädigt worden. Du schreibst nun, dass du die Sache mit Papa erledigen willst. Ich weiß nicht, ob du schon geschrieben hast, lieber wäre es mir fast, du hättest es nicht getan, damit Papa auf dich keinen Zorn bekommt. Ich kann es ja noch mit ihm ausmachen. Er soll aber nicht auf dich schimpfen.
Oh nein, mit den Truhen habe ich keine Schwierigkeiten. Ich habe ja so meine Freude daran und habe sie ja auch gut untergebracht. Sie stehen mir nicht im Wege. Und wenn ich dann noch deinen Namen darauf lese, freue ich mich noch mal so sehr.
Mit dem Radio hast du uns wirklich eine große Freude gemacht. Jeden Tag freuen wir uns von neuem. Er klingt auch so gut. Die Kinder hören doch gern Märchen. Bei dem anderen Apparat verstanden sie es nie richtig und mussten dabei schrecklich aufpassen. Das fällt jetzt weg. Heute haben sie im Münchner Sender ein Märchen gehört und waren ganz begeistert, wie gut sie es gehört haben.
Das kannst Du glauben, dass auch alle anderen Sachen, die du geschickt hast, bei uns Anklang gefunden haben. Du hast dir ja auch immer Mühe gegeben, dass du uns etwas schicken konntest und hast uns schon viel Freude damit gemacht.
Mit dem Zeugnis der Kinder können wir schon zufrieden sein. Die 3 ist ja nicht so schlimm, denn das wäre bei uns früher ja 2 – 2b gewesen, denn die Zeugnisse gehen ja jetzt bis 6.
Nein, wegen der Lebensmittelzuteilung mache ich mir vorläufig keine Sorgen. Es müssen ja alle damit auskommen, da werde ich es doch auch können. Bis jetzt ist es noch nicht so schlimm, wie im letzten Krieg. Und wegen der nochmaligen Kürzung warten wir erst mal ab, ob es den Tatsachen entspricht. Sorgen brauchst du dir also keine machen.
Wegen dem Geld werde ich also warten, bis du mir Bescheid gibst. Es ist ja gut, dass wir es an jemand schicken können. Es war eben zu schnell gegangen, dass du dort fort musst.
Ich habe mich übrigens sehr über die Zwiebeln gefreut. Ich werde sie im Keller aufhängen, da es dort kühl ist. So kann ich sie mir gut einteilen.
Es war gut, dass ich heute Morgen schon im Garten geschafft habe, denn seit dem Nachmittag regnet es, was vom Himmel will.
Ich überlege mir heute schon den ganzen Tag, ob du wohl schon unterwegs bist, oder ob es sich noch ein paar Tage hinauszögert. Ob es richtig ist, dass ich noch dorthin schreibe, oder nicht. Jedenfalls werde ich ja gleich Bescheid bekommen.
Sei nun recht herzlich gegrüßt und geküsst von deiner Annie.

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