Mein liebster Ernst ! Konstanz,
3.4.42
Heute erhielt ich deinen lieben Brief vom 29.3. Du schreibst
darin, dass ein Brief von mir erst an Nr. 38243 gegangen ist. Habe ich denn so
undeutlich geschrieben? Ich prüfe es doch immer erst nach. Und ausgerechnet der
der Brief ist es gewesen, worin ich wegen Sämereien geschrieben habe? Na ja, Pech muß man haben. Aber ganz groß
ist es ja nun nicht, da du ja inzwischen schon Möhrensamen besorgt hast und das
ist mir das allerwichtigste, denn gerade Möhren konnte ich bisher überhaupt
nicht bekommen.
Für Ostern habe ich dir ja eine Kleinigkeit zurückgelegt,
ich muß nur erst noch wissen, wohin ich es nun schicken muß, denn es noch an
deine alte Adresse zu schicken hat doch keinen Zweck, nicht wahr?
Große Sprünge kann man mit den Lebensmittelzuteilungen ja
wirklich nicht machen, aber solange man noch Kartoffeln hat, kann man sich
einteilen. Die ja keine eingelagert haben, sind schlimmer dran. Da bekäme ich
die Kinder ja gar nicht satt, denn die haben immer Hunger und soweit reicht das
Brot doch nicht.
Das Schlauchbootfahren war für Jörg schon ein großes
Erlebnis. Er hat sich auch alles genau angesehen und jetzt baut er dauernd mit
Plastellina und Holz Schlauchboote, in die er seine kleinen Soldaten setzt.
Heute Vormittag habe ich Kuchen für Ostern gebacken und
jetzt wollen wir in´s Waschhaus zum baden gehen. Es ist also bisher alles
programmgemäß verlaufen. Weniger programmgemäß ist es, dass mir von dem kalten
Wind gestern, jetzt die ganze linke Gesichtshälfte weh tut, Nase, Augen und
Stirn. Vielleicht wird es beim baden besser.
Interessieren wird es dich sicher, dass wir hier keine
französische Gefangene mehr haben, da sie zu schnell abrücken können. Dafür
sind jetzt lauter Serben da. Das sind meist große Leute und mit ihren Uniformen
sehen sie bedeutend ordentlicher aus, als die Franzosen. Das macht sicher auch,
dass sie alle gleiche Uniformen und gleiche Kappen haben. Bei den Franzosen
hatte eben einer einen Umhang, der andere einen Mantel, der Eine eine Kappe,
der andere eine Baskenmütze usw.
An Kurt habe ich heute kurz geschrieben. Den Durchschlag
lege ich bei. An Papa, Alice und Frau Diez habe ich eine Karte zu Ostern
geschrieben. Davon habe ich noch Durchschläge gemacht.
Nun laß mich schließen, damit ich zum baden kann. Sei recht
herzlich gegrüßt und geküsst von Deiner Annie.
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