Montag, 3. April 2017

Brief 307 vom 3.4.1942


Mein liebster Ernst !                                                              Konstanz, 3.4.42               

Heute erhielt ich deinen lieben Brief vom 29.3. Du schreibst darin, dass ein Brief von mir erst an Nr. 38243 gegangen ist. Habe ich denn so undeutlich geschrieben? Ich prüfe es doch immer erst nach. Und ausgerechnet der der Brief ist es gewesen, worin ich wegen Sämereien geschrieben habe?  Na ja, Pech muß man haben. Aber ganz groß ist es ja nun nicht, da du ja inzwischen schon Möhrensamen besorgt hast und das ist mir das allerwichtigste, denn gerade Möhren konnte ich bisher überhaupt nicht bekommen.
Für Ostern habe ich dir ja eine Kleinigkeit zurückgelegt, ich muß nur erst noch wissen, wohin ich es nun schicken muß, denn es noch an deine alte Adresse zu schicken hat doch keinen Zweck, nicht wahr?
Große Sprünge kann man mit den Lebensmittelzuteilungen ja wirklich nicht machen, aber solange man noch Kartoffeln hat, kann man sich einteilen. Die ja keine eingelagert haben, sind schlimmer dran. Da bekäme ich die Kinder ja gar nicht satt, denn die haben immer Hunger und soweit reicht das Brot doch nicht.
Das Schlauchbootfahren war für Jörg schon ein großes Erlebnis. Er hat sich auch alles genau angesehen und jetzt baut er dauernd mit Plastellina und Holz Schlauchboote, in die er seine kleinen Soldaten setzt.
Heute Vormittag habe ich Kuchen für Ostern gebacken und jetzt wollen wir in´s Waschhaus zum baden gehen. Es ist also bisher alles programmgemäß verlaufen. Weniger programmgemäß ist es, dass mir von dem kalten Wind gestern, jetzt die ganze linke Gesichtshälfte weh tut, Nase, Augen und Stirn. Vielleicht wird es beim baden besser.
Interessieren wird es dich sicher, dass wir hier keine französische Gefangene mehr haben, da sie zu schnell abrücken können. Dafür sind jetzt lauter Serben da. Das sind meist große Leute und mit ihren Uniformen sehen sie bedeutend ordentlicher aus, als die Franzosen. Das macht sicher auch, dass sie alle gleiche Uniformen und gleiche Kappen haben. Bei den Franzosen hatte eben einer einen Umhang, der andere einen Mantel, der Eine eine Kappe, der andere eine Baskenmütze usw.
An Kurt habe ich heute kurz geschrieben. Den Durchschlag lege ich bei. An Papa, Alice und Frau Diez habe ich eine Karte zu Ostern geschrieben. Davon habe ich noch Durchschläge gemacht.
Nun laß mich schließen, damit ich zum baden kann. Sei recht herzlich gegrüßt und geküsst von Deiner Annie.

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