Mittwoch, 5. April 2017

Brief 309 vom 5.4.42


Mein liebster Ernst !                                                                          Konstanz, 5.4.42    

Nun ist Ostern, der Tag, auf den sich die Kinder schon so gefreut haben. ½ 7 kamen sie schon an und fragten, ob wir nicht aufstehen. Das haben wir dann auch getan. Die Kinder haben sich gleich in ihrem Zimmer angezogen, damit sie ja nichts gesehen haben. Dieser Gefahr wollten sie sich nicht aussetzen. Dann ging´s gleich an´s suchen. Jörg war zuerst damit fertig. Keinen Platz hat er undurchsucht gelassen. Als beide fertig waren, haben sie verglichen, ob jeder das gleiche hatte. Da wussten sie, dass sie alles gefunden hatten. Nun musste ich in ihrem Zimmer suchen. Da sie doch nichts kaufen konnten, haben sie lauter Zettel mit Osterbildern bemalt und diese versteckt. An die Tür hatten sie einen Zettel mit Reißzwecken befestigt und darauf stand: “Der Mutter-Osterhase war da.“ Beim suchen konnte es Jörg immer gar nicht abwarten, bis ich wieder einen Zettel gefunden hatte. Die Zettel hatten sie vor einigen Tagen in ihrem Zimmer gemalt. Ich habe mich wirklich über die kleinen Kerlchen gefreut. Über ihre Geschenke haben sich Helga und Jörg auch sehr gefreut und immer wieder gesagt, dass sie nicht geglaubt hätten, dass sie so viel bekämen. Am Vormittag haben sie schon mancherlei gegessen. Hatte ich dir schon geschrieben, dass ich für Jörg zu Ostern noch einen Modellierbogen für ein Haus gekauft habe? Er hat heute Vormittag alles ausgeschnitten und ich habe es ihm zusammengeklebt. Er hat eine große Freude daran.
Heute Mittag habe ich rohe Klöße gemacht, das ist für uns schon ein Sonntagsessen. Am Nachmittag waren die Kinder zusammen auf dem Fürstenberg, vorhin sind sie gerade wiedergekommen. Ich habe Radio gehört. Das ist ja jetzt auch immer ein Genuß, bei dem neuen Apparat.
Von dir erhielt ich deinen lieben Brief vom 31.3. es tut mir leid, dass du schon einige Tage so schlecht mit Post versorgt wirst. Aber an mir liegt es nicht, denn ich habe immer geschrieben.
Das glaube ich, dass du dort auch immer deine Pflicht getan hast, und es ist ein beruhigendes Gefühl, wenn einem niemand etwas nachsagen kann.
Von Kurt habe ich dir ja gestern einen Brief mitgeschickt. An mich schrieb er, dass er denkt, in ca. 6 Wochen nach Karlsruhe entlassen zu werden.
Von Siegfried erhielt ich einen kurzen Brief. Er lässt dich grüßen. Direkt habe er nicht an dich geschrieben, weil er nicht wusste, ob du noch dort bist. Er hat bis 13.4. Urlaub.
Ja, lieber Ernst, vorige Ostern waren wir zusammen. Da dachten wir auch, wie es wohl in einem Jahr sein würde. Diesmal haben wir dich nun nicht hier. Aber wir wollen froh sein, dass du vor kurzem wenigstens noch Urlaub hattest. Diese Ostertage werden ja dort auch bald die letzten sein, denn du wirst wohl bald dort wegfahren. Laß es dir nur nicht zu schwer werden. Es wird ja auch mal wieder anders werden, dass du auch wieder daheim sein kannst. Daran willen wir immer denken. Nicht wahr, du mein liebster Mann!
Nun laß mich wieder schließen. Ich mache mir jetzt auch noch einen Sonntag, laß alle Arbeit liegen und lese ein bisschen. Sonst tue ich das ja nicht mehr bei Tage, das habe ich mir fest vorgenommen und bisher auch gehalten. Du weißt ja, lesen ist meine Schwäche. Aber gerade deshalb habe ich begonnen, mich in dieser Beziehung zu erziehen. Ich möchte dich doch immer mit meinen Gedanken behüten, aber wie könnte ich das, wenn ich mich nicht mal selber beherrschen kann. Darum muß ich auch streng gegen mich sein.
Ich grüße und küsse dich recht herzlich, deine Annie.

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