Lieber Ernst ! 9.6.40
Wir sind soeben vom Kino wiedergekommen, wo wir uns die
Wocheschau angesehen haben.
Dabei haben wir Herrn Rick getroffen. Er wird jetzt auch
gemustert. Ich soll Dich von ihm grüßen und Dir sagen, daß wieder welche vom
Geschäft fortgekommen sind, Hagnauer nach Weingarten, Metzler nach Ulm, Bauer
dorthin, wo Kurt war, es würde Dich sicher interessieren. Buser ist auch von
Konstanz fort.
Wenn Du die Briefe aufhebst, kannst Du ja die Orte
durchstreichen, damit es niemand liest. Ich habe es Dir gleich geschrieben,
damit ich nicht die Hälfte vergesse.
Heute ist auch keine Nachricht von Dir gekommen.
Jörg hat Dir schon wieder Bilder gemalt, Äpfel, die malt er
jetzt den ganzen Tag. Mit besonderer Sorgfalt hat er den mit „Schmierfarbe“
(Wasserfarbe) gemalt.
Jetzt kann ich erst mal nicht weiter schreiben, denn Jörg
braucht unbedingt den Federhalter, damit er seinen Namen unter das Bild
schreiben kann. Einen anderen Federhalter mag er nicht, weil er mit dem, wie er
behauptet, am besten schreiben kann.
Wir bleiben heute Nachmittag zu hause. Es ist sehr heiß und
baden können wir leider nicht, da ich seit ein paar Tagen nicht ganz wohl
bin.
Nun habe ich auch ziemlich viel zu tun gehabt in den
letzten Tagen, da tut mir das Ausruhen
ganz gut. Du wirst mir deswegen sicher nicht böse sein.
Heute früh haben wir wieder einen Brief an Dich
weggeschickt. Ob Du nun heute Ausgang hast?
Ist es eigentlich wahr, was Du Kurt an Kurt geschrieben
hast, daß Du Dich zu einer Maschinengewehr Kompanie melden wolltest und was ist daraus geworden?
Lieber Ernst! 10.6.
Heute früh kam Dein lieber Brief vom 4./6./7. Juni. Ich habe heute früh direkt
Lampenfieber gehabt, ob ein Brief kommt.
Gestern schrieb ich Dir wegen der Maschinengewehr Kompanie
und heute steht in Deinem Brief, daß Du das M.G, tragen mußt, also bist Du ja
dabei. Da war meine Frage überflüssig.
Als wir gestern ins Kino gingen, war vorher
Militärvorstellung. Da habe ich wieder recht an Dich denken müssen.
Seht Ihr auch die neuen Wochenschauen? Es hat mir leid getan, daß Dir die
Gewehrübung nicht gelungen ist. Ärgere Dich nur nicht zu viel, denn es läßt
sich ja nicht ändern. Vielleicht klappt es ein andermal besser.
Soll ich Dir das Hemd und die Unterhose die Du im Koffer
mitschickst, nachdem ich sie gewaschen
habe, zurück senden?
Bei uns ist es sehr heiß, es tät so Not, daß es einmal
regnet. Alles ist strohtrocken, das Gießen nützt auch nicht viel. Abends stehen
Gewitterwolken am Himmel und früh ist der Himmel wieder wolkenlos.
Heute früh habe ich bei den Busch und halbhohen Bohnen
richtig Wasser dazwischen gegossen, denn die Blätter sind ganz lahm. Gestern
haben wir wieder 1 ½ Pfund Erdbeeren geerntet. Ich habe heute Morgen die Wege
wieder sauber gehackt und gestern Abend habe ich noch ein bißchen Unkraut
entfernt, denn das wächst auch ohne Regen.
Die Setzlinge gieße ich auch immer gut und sie stehen stramm
da. Du hast schon recht, wenn Du schreibst, daß mir der Garten Freude
macht.
Heute habe ich den Kindern Wasser in den Hof gestellt, da
können sie heute Nachmittag, wenn Helga aus der Schule kommt, drin rumplanschen
und ich habe gleich noch Wasser zum Gießen.
Übermorgen kommt ja Kurt nun auch fort. Er ist gestern noch mal fortgefahren und
heute fährt er zum baden. Er will die paar Tage auch noch ausnutzen.
Ich muß Helga in den nächsten Tagen auch noch einen Anzug
nähen, damit sie beim baden was Rechtes anzuziehen hat. Entweder gehen wir am
Mittwoch oder Sonntag auch baden.
Helga hat noch etwas unter den Brief schreiben wollen, sie
mußte aber inzwischen zur Schule.
Ich schicke Dir einstweilen nur die Malerei von Jörg
mit.
Nun sei recht herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner
Annie.
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