Sonntag, 28. Juni 2015

Brief 24 vom 28./29.6.1940 und 1.7.1940


Mein lieber, lieber Ernst!                                        28.Juni 40.

 Das Abschiedsweh ist doch immer wieder groß und doch möchte ich um des Schmerzes willen nie die glücklichen Stunden missen, die wir an diesem einen Tag zusammen verlebt haben. Es war ein so glücklicher Tag, nicht wahr, mein lieber, lieber Ernst!
Wie große war die Überraschung und das Glück als Du kamst. Nun ist der Tag schon vorbei, aber es ist kein verlorener Tag gewesen, nein, wahrhaftig nicht. Wenn nur der Abschied nicht wär´, der schwere Abschied.
Aber ich werde wieder tapfer sein, damit Du stolz auf mich sein kannst. Ich will Dir doch nur Freude machen, nur Freude. Immer wieder sehe ich mir Dein liebes Bild an und immer wieder denke ich, vor wenigen Stunden hast Du noch neben mir gesessen, daß das Schöne alles so schnell vorbei geht.
Aber wir wollen ganz fest auf ein recht glückliches Wiedersehen hoffen, nicht wahr, mein lieber Mann, mein lieber, lieber Ernst.  Jetzt ist es gerade 11 Uhr und ich mache mich fertig, um schlafen zu gehen. Ich bin so lange munter geblieben, da Du doch um 11 Uhr von Stuttgart wegfährst. Meine Gedanken sind immer bei Dir. Bleib mir gesund, mein lieber Ernst und komm gesund wieder.


 Mein lieber Ernst!                                  29. Juni Es ist ¾ 5 Uhr.

 Gestern Nachmittag standen wir um diese Zeit auf dem Bahnhof. Schon wieder ein Tag vorbei. 
Ich bin gestern noch zu der Frau Gloger gegangen. Sie war daheim in der Richentalstraße. Als sie die Tür öffnete, sagte ich, daß ich einen Gruß von ihrem Mann ausrichten sollte. Sie war freudig erstaunt und ließ uns sofort eintreten. Ich mußte natürlich alles genau erzählen, dann zeigte sie mir das Bild von ihrem Mann. Ich mußte das Sofakissen und die Sofadecke bewundern, die ihr Mann geschickt hatte. Als ich ihr sagte, sie möchte mehr schreiben, erwiderte sie, sie schriebe doch zwei Briefe in der Woche und was solle sie auch immer schreiben. Diese Woche hätte sie sogar drei geschrieben und zwar immer 3 bis 4 Seiten lang.
Sie fragte, ob Du auf dem Fürsorgeamt wärst. Ihr Mann hätte da geschrieben, daß er immer mit Dir zusammen sei. Sie ist eine kleinere, rundliche Frau und sie war sehr freundlich, sie hat mir ganz gut gefallen.
Sie haben zwei kleine Kinder, der Bub hat sich immer ein bißchen vor uns gefürchtet. Er kann kaum 1 ½ Jahre alt sein. Frau Gloger sagte auch, daß sie ihren Buben photografieren will, damit ihr Mann auch von ihm ein Bild hat. 
Wir haben Dir heute einen Behälter für die Bilder zu Deinem Geburtstag gekauft. Es kommen immer 2 Bilder in eine Cellophanhülle.  Hoffentlich ist es das, was Du Dir gewünscht hast. Zu Deinem Geburtstag wirst Du das kleine Geschenk nicht mehr erhalten, aber wenn es auch etwas später ankommt, es ist mit genau derselben Liebe geschenkt. Ich freue mich so, daß Du wenigstens einen kleinen Wunsch hattest.
¾ 10 Uhr kam Deine liebe Karte aus Stuttgart. Recht vielen Dank dafür. Um 23.16 bin ich gerade im Begriff gewesen, ins Bett zu gehen. Hoffentlich ist Deine Magenverstimmung recht bald vorbei gegangen.  Die schönen Schuhe, die Du mir geschenkt hast, habe ich einstweilen versorgt. Die ziehe ich an, wenn Du wieder kommst, denn nur für Dich möchte ich mich recht schön machen. 
Gestern kam ein Brief von Siegfried und heute eine Karte von Leipzig von den Eltern. Sie bedanken sich für Dein schönes Bild. Es steht jetzt auf dem Tisch neben dem Bild von Siegfried.

1.7.               

Mein lieber Ernst!  Es war doch schön, daß Du wieder einmal bei uns warst. Wir haben und doch wieder richtig aussprechen können. Das ist noch schöner als schreiben. Wenn ich Dich nun nicht hier habe, so ist es meine größte Freude, wenn ich Dir wenigstens schreiben kann.  Gestern Abend war Vater da. Ich habe ihm Deine Grüße ausgerichtet. Er hat sich sehr gefreut. Gestern Nachmittag waren wir beim Gausportfest der H.J.  in der Kampfbahn. Es war sehr schön. Die Veranstaltungen kamen flott hintereinander. ¾ 8 Uhr waren wir wieder daheim.
Gestern Abend habe ich noch verschiedene Briefe geschrieben. Die Abschriften schicke ich Dir mit, d.h. natürlich die Durchschläge. 
½ 10 Uhr. Soeben kam Dein lieber Brief aus Köln an. Vielen, vielen Dank.
Nutze die paar Tage nur noch alle Annehmlichkeiten aus. Du hast ja einen prächtigen Titel erhalten. Du schreibst, von Stuttgart sind  w i r  ja die ganze Nacht gereist. Hast Du Deine zukünftigen Gefährten schon unterwegs getroffen? Hast Du wieder Militäruniform? Gell, ich frage viel auf einmal.
Morgen erhältst Du auch einen Brief von Helga. Sie ist heute nur noch nicht damit fertig geworden.  Nun lieber Ernst! Sei recht herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Annie.

Donnerstag, 25. Juni 2015

Brief 23 vom 25./26.6.1940


Lieber Ernst!                                                                        Konstanz, 25.6.40

Nun ist Waffenruhe zwischen Frankreich und Deutschland. Das hätte Frankreich billiger haben können, wenn sie auf den Führer gehört hätten. Jetzt erhalten sie ja auch den Dank von England. Gestern Abend um 10 Uhr kam die Meldung, vielleicht hast Du sie auch gehört, daß um 1.35 Uhr Waffenruhe eintritt. Ich habe mir den Wecker gestellt und bin ½ 2 Uhr aufgestanden. Da kam erst das Signal „Das Ganze halt“, dann Glockenläuten, das Niederländische Dankgebet, das Deutschland- und Horst Wessel-Lied. Danach sprach der Sprecher einige Worte. Es war sehr feierlich.  Helga hatte das Radio gehört und sagte „ich bin aber noch fest müd“. Ich habe sie getröstet und ihr gesagt, daß sie noch die halbe Nacht schlafen kann.
Heute haben sie keine Schule und Helga, Jörg und Margret spielen den ganzen Nachmittag zusammen. Es regnet heute seit Mittag, was nur runter will. Da habe ich es wieder fein getroffen, denn ich habe gestern noch einige Setzlinge nachgesetzt, da ein paar eingegangen waren. Auch an dem schrägen Stück habe ich jetzt, nachdem ich Kohlrabi raus gemacht habe, neue Setzlinge gesetzt. An dem schrägen Stück wächst alles besonders gut. So ist auch der Salat, den ich schon gesetzt habe, fast groß.
Den Kindern habe ich in ihren Garten auch je 6 Kohlrabi gepflanzt. Auch Blumen haben sie jetzt ein paar drin. Die Brombeeren blühen jetzt alle.  Ich habe mir ein Vergrößerungsglas gekauft, damit ich Dich auch auf dem kleinen Bild richtig sehen kann. Ich verbrauche ja sonst nicht viel für mich und Du wirst mir hoffentlich nicht böse deshalb sein. Wie ich auf dem kleinen Bild auch gesehen habe, bist Du im Gesicht etwas schmaler geworden. Das wird auch das viele Laufen und Springen machen. Der schönste bist Du aber doch, mir gefällst Du jedenfalls am besten. 
Von Kurt haben wir immer noch keine Nachricht. Mir ist es ja eher gleich, aber Vater kommt immer rauf und fragt danach.  Vater hatte noch 10 alte 2 Mark-Stücke und wir glaubten, sie würden nicht mehr umgetauscht. Da sagte er, meinetwegen soll das ganze Geld hin sein, das gebe ich gerne, wenn nur Ernst und Kurt gesund wiederkommen.
Daran sieht man doch, daß er Euch gern hat, denn sonst trennt er sich doch nicht so gern von Geld.  Nun schließe ich für heute. Post ist heute keine gekommen. Sei nun, mein lieber Ernst, herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Annie.


 Mein lieber Ernst!                                                                    Konstanz, 26. Juni 40.

 Heute früh waren die Kinder und ich im Krankenhaus, welches doch jetzt Lazarett. Es stand in der Zeitung die Bitte, man möchte Liegestühle für die Verwundeten leihweise zur Verfügung stellen, mindestens 100 Stück werden benötigt. Wir haben unseren nun hingeschafft. Ein Mann, der die Liegestühle mit abgenommen hat, kennt Dich, ich weiß aber nicht, wer‘s ist.
Frau Ehret hatte uns noch zwei Sträuße mitgegeben und ich habe ein paar Rosen mitgenommen. Zwei Sträuße haben wir leichter Verwundeten gegeben und einen Strauß hat Jörg in ein Zimmer bringen dürfen. Die Verwundeten haben sich so sehr gefreut. Helga und Jörg möchten jetzt jede Woche einen hinbringen, aber wir haben leider noch nicht so viele Blumen. Mich freut es ja auch, daß wir den Verwundeten etwas Gutes tun konnten. 
Von Dir ist heute noch keine Post gekommen, vielleicht kommt heute Nachmittag welche. Von Kurt kam heute ein Brief in dem er schreibt, daß er Dir auch einen Brief geschickt hat. Wenn ich den Brief beantwortet habe, schicke ich ihn Dir mit. Er hat mir auch noch 22 Brotmarken (Reisemarken) a 25 g mitgeschickt. Die Briefmarken, die Du mitgeschickt hast, habe ich in Dein Tischchen getan.
Gestern habe ich nochmals 4 Pfund Rhabarber, ¾ Pfund Erdbeeren und 1 Bund Eiszapfen geerntet. Bis jetzt habe ich geerntet: 30 ½ Pfund Erdbeeren, 17 Kohlrabi, 20 Salat, 4 Pfund Spinat, 14 Pfund Rhabarber, 2 Bund Eiszapfen.  Gestern und heute ist ziemlicher Wind. Das Pfirsichbäumchen und die Stütze stehen schon ganz schräg. Hoffentlich wird es nicht noch stürmischer.
Wir gehen heute Nachmittag in die Wochenschau, da Helga heute keine Schule hat.  Um 7 Uhr.
Wir waren heute Nachmittag in der Wochenschau. Man kann gar nicht genug staunen, was unsere Soldaten leisten. Als wir nach hause kamen, war wieder keine Post da. Jetzt warte ich eben bis morgen früh und hoffe das Beste.
Eben habe ich wieder die Brombeeren angebunden. Ich mache es eben so gut ich es kann. Die treiben ja, daß es einem ganz Angst und bange wird, wo man die Triebe alle unterbringen soll. Sie blühen auch sehr gut, natürlich 65 Pfund gibt es nicht. Der Regen hat allen Pflanzen wieder gut getan. Ich würde Dir gar zu gern mal alles zeigen. Das würde mich so freuen. Die Tomaten habe ich gut ausgeputzt und angebunden, es sind schon ganz große Tomaten dran, aber natürlich noch grün. Bis jetzt bin ich mit meiner Gärtnerkunst ganz zufrieden. Man sagt zwar meist, Eigenlob stinkt. 
Lieber Ernst! Heute früh kam Dein Brief vom 22. bez. 23. Wir sind ganz glücklich. Ich kann Dir leider nicht sagen, woher das Telegramm kam, denn ich habe es nicht in die Hand bekommen, es ist mir nur vorgelesen worden, nachdem ich gesagt habe, daß es mich interessieren würde und ich mir sonst auch Sorgen machte. Der Bote sagte, das ist komisch, die müssen doch wissen, daß Ihr Mann schon eingezogen worden ist. 
Den Käse haben wir gut verbrauchen können. Ich habe Vater welchen davon gegeben, der ihn erst unbedingt bezahlen wollte.  Ich danke Dir schon im Voraus für Dein liebes Päckchen. Es wird in einer Woche ungefähr ankommen. 
Hast Du den Regenmantel vielleicht schon im Zug hängen lassen? Du hast ihn doch Helga aus der Tasche  genommen und an Deinen Platz gehängt? Es ist jetzt nicht mehr zu ändern und Du mußt Dich nicht so ärgern. Die Hauptsache ist, Du bleibst gesund. 
Es freut mich, daß Dich die Abschriften interessiert haben. Deshalb habe ich die Urkunden ja auch abgeschrieben. Das Geld habe ich gleich hingeschickt.  Du schreibst heute, daß Du schmutzige Socken schickst. Da Du doch welche brauchen wirst, schicke ich Dir heute die schon gewaschenen wieder zu. Ist es so richtig?  Durch Deine Käsesendung war ich in der Lage, meine Käsemarken für Quark zu verwenden und damit habe ich vorigen Sonntag einen Quarkkuchen gebacken. Da danke ich Dir nochmals dafür. 
Lieber, lieber Mann! Nun höre ich auf mit schreiben, Du hast ja wieder viel zu lesen.
Sei recht herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Annie.

Dienstag, 23. Juni 2015

Brief 22 vom 23./24.6.1940


Lieber Ernst!                                                                        Konstanz, 23.6.40

Du wirst Dich über meine komische Schreiberei wundern, aber wir sind beim baden auf unserem alten Platz und ich habe nur ein Buch als Unterlage.  Ich habe heute mal die Gelegenheit beim Schopf gefaßt und bin mit den Kindern zum baden gegangen. Heute Nacht hat es geregnet, so daß ich heute mal nicht zu gießen brauche. Wochentags geht es nicht gut, daß wir gehen, denn erstens ist der Weg ziemlich weit und zweitens habe ich da immer zu schaffen.
Wir haben gestern für Deine Bilder zwei Rahmen gekauft, einen für das Kinderzimmer und einen für die Küche, damit wir Dich immer vor Augen haben. Jetzt schaust Du doppelt auf uns herab, einmal in Uniform und einmal in Zivil. Wir können ja gar nicht genug von Dir haben. 
Post ist heute keine gekommen, aber wir haben ja erst gestern einen lieben Brief von Dir bekommen.
Als gestern die Unterzeichnung des Waffenstillstandsvertrages gemeldet wurde, war Vater gerade da und hat sich´s mit angehört. Er ist um 10 Uhr gekommen und ¾ 12 gegangen.
Ich bin heute noch ganz müd´, ich bin das lange Muntersein einfach nicht gewöhnt.
An unserem Pfirsichbäumchen hängen 8 oder 9 Pfirsiche. Jörg hat sie zuerst entdeckt.  Die Zweige vom Apfelbaum drückt es bis auf die Brombeeren runter, so voll hängen sie. 
Ich bin vorhin auf ein ganzes Stück rausgeschwommen. Das war wieder schön, aber mit Dir war es viel schöner.  Wir haben die Margret als Gast mit. Man kann mit ihr auskommen. Wenig´ Leute sind hier draußen, man kann sie bald zählen und dann sind es auch meist Frauen mit Kindern, am ganzen Strand hier bei uns sind es sicher nicht ganz 20 Personen. Weißt Du noch, was voriges Jahr für ein Betrieb war? 
Am Mittwoch gehen wir in die Wochenschau, weil da Helga keine Schule hat. Jeden Mittag 2 Uhr ist Wochenschauvorführung. Ich bin gespannt, wenn die Unterzeichnung des italienisch-französischen  Waffenstillstandes vorgenommen wird. Dann geht es gegen England.
Nun, mein lieber, guter Ernst, gebe ich Dir im Geist einen recht herzlichen Sonntagskuß.  Sei vielmals herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Annie.  Sei herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Helga.   Jörg.


Mein lieber Ernst!                                                                      Konstanz, 24.6.40

 Jetzt, um 3 Uhr, kamen Deine beiden lieben Briefe vom 20. und 21.  an, über die ich mich fest freue. 
Auf den Bildern siehst Du, wie ich Dir schon schrieb, sehr fein aus. Ich habe Vater eins gegeben, der sich sehr darüber gefreut hat. Heute schicke ich auch an die Eltern ein Bild.
Wenn Du dort nicht so reichliches Essen hast, so schreibe mir aber wirklich, wenn Du was brauchst.  Hoffentlich ist Deine Blase wieder weg. So schnell geht´s ja meist nicht. 
Bei den Tschechen sieht man doch, daß es auch dort die Herrschaften sind, die immer zu meckern haben, während die anderen zufrieden sind.  Ich habe freilich Verständnis dafür, daß Du gern einmal ausgehst. Nur sollst Du mich dabei nicht vergessen. Das tust Du doch nicht, oder? 
Am 2.6.  hast Du an Dora geschrieben. Tante Elsbeth schrieb auch, daß Dora jetzt selten etwas von sich hören läßt. Sie hat sicher auch manche Arbeit im Krieg jetzt übernommen.
Zum Geburtstag hätte ich Dir ja gar zu gern etwas geschickt, aber Du mußt ja am besten wissen, ob es geht. Wenn Ihr dort ja fort kommt, hat es natürlich keinen Zweck.  Wegen Helga habe ich immer Angst, sie bekommt tüchtiges Heimweh. Du weißt ja, wie weich sie ist. Es ist doch eine große Strecke und wir könnten sie nicht gleich zurückholen. Also, wie gesagt, ich habe wenig Schneid dazu. 
Im 2. Brief schreibst Du nun, daß Ihr doch nicht fortgekommen seid.
Nun ist ja der deutsch-französische Waffenstillstandsvertrag unterzeichnet und ich bin gespannt, ob Ihr da nun gleich fortkommt.
Ich habe jetzt meist regelmäßig Post bekommen, oft jeden zweiten Tag 2 Briefe. Ich schaffe die Briefe an Dich regelmäßig fort und zwar fahre ich jeden Nachmittag zwischen 6 und 7 Uhr in die Stadt und stecke den Brief auf der Post ein. An mir liegt es also nicht, wenn Du nicht regelmäßig Post erhältst. 
Unser Stromer hat jetzt wieder mal eine Periode, wo er dauernd bockt. Das meiste ist aber vorbei und er wird wieder bald brav werden. Ich habe ihn halt öfter versohlen müssen. 
Gestern habe ich Dir ja geschrieben, daß wir beim baden waren. Nachdem wir an unserem Platz gebadet hatten, wollten die Kinder noch mal ans Horn zum Sand. Da die Sonne so gebrannt hat, haben wir dort nochmals gebadet. Heute tut mit vom Schwimmen der Rücken weh. Ich bin‘s doch gar nicht mehr gewöhnt. Aber schön war‘s im Wasser doch. Vielleicht gehen wir nächsten Sonntag wieder. 
Bezüglich des Weines habe ich Dir in einem meiner letzten Briefe ja geschrieben. 
Du hast Dir wirklich viel vorgenommen auf einmal, Eis essen, schreiben, Radio hören. Kannst Du das alles in der Kaserne oder warst Du da fort? Eis essen kann man jetzt vertragen, wir haben uns sogar auch mal welches geleistet, es sind bloß immer 30 Pfennig futsch, wenn wir 3 uns welches kaufen. Na, so oft gehen wir ja nicht in die Stadt, daß es einen verlockt. 
Jörg hat Dir heute Äpfel, ein phantastisches Verkehrszeichen und Schiffe gemalt. Er ist ganz stolz.  Vom baden habe ich einen ganz roten Rücken, es tut aber nicht weh.  Helga hat mir heute angekündigt, daß Stadtpfarrer Koch mich besuchen will, weil Helga nie zur Kirche kommt. Ich werde ihm schon Bescheid sagen, denn schließlich tun wir immer noch, was wir wollen. 
Also lieber Ernst, solange Du noch Gelegenheit hast, gehe nur ruhig aus, ich nehme es Dir nicht übel. Du bist ja schließlich sonst den ganzen Tag angespannt. 
Es sieht heute wieder ziemlich gewittrig aus. Hoffentlich kommt wieder ein bißchen Regen, es ist alles schon wieder strohtrocken.  Nun, mein lieber Ernst, will ich schließen, denn Helga und Jörg wollen auch noch schreiben. Sei recht herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Annie. 
Lieber Vater! Ich wollte Dir schon lange was schreiben was mir immer in der Schule beten und das heißt: Lieber Gott mit starker Hand, schütze unser Vaterland, schütze unsre tapfern Krieger, führ sie in die Heimat wieder.   Ich muß jetzt noch meine Aufgabe machen, denn Morgen muß ich wieder fort in die Schule.  Sei herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Helga.   Jörg.


Brief 21 vom 20./21. und 22.6.1940


Mein lieber Ernst!                                                                      Konstanz, 20.6.40                

Schon wieder ist eine Woche vergangen und Du bist schon 5 Wochen fort. Ich warte immer auf Nachricht, ob du noch dort bist. 
Heute früh habe ich wieder im Garten geschafft. Die Johannisbeeren werden schon rot, die Brombeeren fangen an zu blühen, ebenso die Kartoffeln. Die ersten Eiszapfen, die wir hinter den Bohnen gesät haben, konnten wir heute ernten. Jetzt gibt es immer nach und nach welche. Bis gestern hatten wir 24 ½ Pfund Erdbeeren. Schade, daß ich nicht mehr Marmelade kochen kann wegen Zuckermangel. Es geht eben nicht zu ändern. 
Vorhin kamen Deine Briefe vom 16. und 17.6., beide am 18.6  24 Uhr abgestempelt.  Gleichzeitig kam 1 Brief von mir, vom 9.6. zurück mit dem Stempel von Batl. 470 und dem Vermerk „Empfänger versetzt, neue Anschrift noch unbekannt.“ Meine Briefe vom 10.und 11. hast Du noch bekommen und dieser kommt zurück. Wahrscheinlich ist er irgendwo liegengeblieben und inzwischen bist Du fortgekommen. Vielleicht bekomme ich morgen schon näheren Bescheid. 
Du schreibst, Du nimmst an, daß ich dafür Verständnis habe, daß Du öfter fort gehst. Das kannst Du doch tun, wie du willst. Ich habe nur ein bißchen Angst, ob Du auch zufrieden sein wirst, wenn Du zu hause nicht mehr so viel Geld zur Verfügung hast. Ich spare ja schon ein, wo es geht und lege auch jetzt jeden Pfennig, den ich entbehren kann, zurück. Aber ob es langen wird? Sonst ist es natürlich gut, wenn Du ein bißchen Zerstreuung hast und was sollst Du sonst dort anfangen.  Freuen tut es mich, daß der Kuchen so pünktlich am Sonntag eingetroffen ist, so hatte ich es mir ja auch vorgestellt. Hoffentlich hat er geschmeckt. 

                            21.6.40

Am Nachmittag erhielt ich Deinen lieben Brief vom 18. Nun kenne ich mich überhaupt nicht mehr aus. Gestern kommt ein Brief von mir, der zwar noch nach Göding adressiert, aber vom Batl. 470 abgestempelt wurde, zurück, und nun hast Du doch wieder 4 Briefe von mir erhalten.
Demnach hast Du das Telegramm überhaupt nicht erhalten, Vielleicht ist es, nachdem Du schon eingezogen bist, wieder zurück gegangen. Ich freue mich ja, daß Du die Bilder erhalten hast und daß sie Dir gefallen . 
Jetzt geht es mit der Erdbeerernte zurück. Heute hat es nur ca. ¾ Pfund gegeben. Aber 26 ½ Pfund ist doch auch ganz schön. 
Wir freuen uns schon sehr auf Dein Bild. Wir haben ja  eins vergrößern lassen, aber als Soldat sehen wir Dich doch gern, damit wir uns Dich immer vorstellen können. 
Heute früh kam eine Karte von den Eltern, daß sie meinen Brief erhalten haben und daß sie mir in Kürze wieder einen Brief mit Zeitungen schicken. Sie hätten Dir auch geschrieben und was zum Naschen beigelegt. Sie möchten auch Nachricht wegen Helga. Schreib mir doch bitte Deine Meinung.
Wie ist es nun mit Deinem Geburtstag. Kann ich Dir was schicken, oder kommt Ihr in der Zwischenzeit fort? Auch darüber gib mir bitte Bescheid.  Den zurückgekommenen Brief lege ich Dir bei. Vielleicht interessiert er Dich doch noch. 
Nun, lieber Ernst, will ich schließen. Sei recht oft herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Annie.


Mein lieber Ernst!                                                                                Konstanz, 22.Juni 40 

Vorhin kamen Deine Bilder. Und ob sie mir gefallen, Du siehst ja so lieb darauf aus. Wenn ich Dich nicht schon so über alle Maßen lieb hätte, würde ich Dich direkt lieb gewinnen. Deine lieben Augen strahlen ja ganz. Wir kaufen heute noch einen Rahmen für das Bild. Du hast uns eine ganz große Freude damit gemacht. 
Das hätte ich auch nicht gedacht, daß Du so bald ausgebildet bist. Ich hatte mit ca. 8 Wochen gerechnet. Ich danke Dir aber, daß Du mir immer so regelmäßig schreibst.  Auf dem kleinen Bild habe ich Dich gleich erkannt. Ich werde doch meinen Mann kennen. Ich gebe von den Bildern eins an Vater und eins schicke ich den Eltern. Die anderen behalten wir, denn ich bin, mein altes Leiden,  auch eifersüchtig auf die Bilder. Hoffentlich bist Du mir deshalb nicht bös. Zwischen dem Schreiben habe ich mir Dein Bild schon mindestens 20 Mal angesehen, so gut gefällt es mir. Deine Haare sind so schön und Du siehst so jung aus. 
Von Kurt haben wir bis jetzt keine Nachricht. Vater fragt auch bald jeden Tag nach. Ehe Kurt fortgefahren ist, hatte er sich noch Feldpostbriefe gekauft und zwar erst die verkehrten,  a n  den Soldaten. Er hat sie mir geschenkt. Aber bei seiner wenigen Schreiberei werde ich nicht viel davon brauchen. Ich glaube, ich sende Dir mal welche davon. 
Mit dem Einmachzucker hat es sich so geregelt, daß man den Zucker, den man anstatt Marmelade nimmt, auf 4 Monate zusammen nehmen kann. Das sind für uns 3  ca,. 10 ½ Pfund. Das wird gerade für die Stachelbeeren reichen. Da habe ich die Sorge einmal los. 
Der Brief wird heute ein bißchen kurz, da ich mit den Kindern noch in die Stadt will. Wir haben erst noch auf den Briefträger gewartet, der ca. um 4 Uhr kommt und der ja auch Deinen lieben Brief gebracht hat. Nun, mein lieber Ernst, grüße und küsse ich Dich herzlich. Bleib gesund und denke immer an Deine Annie und an Helga und Jörg.

Freitag, 19. Juni 2015

Brief 20 vom 18./19.6.1940


Mein lieber Ernst!                                                                  18.6.40

Ich weiß gar nicht, ob ich den Brief wegschicken soll, denn wenn Du nicht mehr dort sein solltest, ging es ja lang, bis Du ihn nachgeschickt erhältst.
Wir hatten erst gedacht, daß Du vielleicht ein Telegramm schicken würdest, wenn Du dort fort kommst. Aber Du weißt ja sicher gar nicht, daß das Telegramm zuerst zu mir gekommen ist.
Ich bin wirklich gespannt, wie sich die Sache entwickelt hat.
Heute habe ich im Garten an den Kohlrabi Raupen vernichtet. Das mache ich ja nun am liebsten. 
Von den Eltern habe ich heute wieder ein paar Zeitungen geschickt bekommen. Am 12. wurden sie weggeschickt und am 18. sind sie angekommen. Da brauchen die Päckchen von Dir sicher etwas länger.
½ 5 Uhr.
Ich komme gerade vom Garten, wo ich Braunkohl und Rosenkohl gesetzt habe, Braunkohl 20 Stück, Rosenkohl ein paar mehr. Ich möchte da vielleicht noch ein paar setzen, aber ich muß erst wieder Platz haben.
Unkraut habe ich auch vertilgt. Die Setzlinge von dem Braun und Rosenkohl sind schon so groß, daß ich sie setzen mußte. 
Also, ich wage es und schicke den Brief fort.
Sei nun, lieber, lieber Ernst, recht vielmals gegrüßt und geküßt von Deiner Annie. 



Mein lieber, lieber Ernst!                                            Konstanz, 19.6.40

Heute früh kamen Deine lieben 5 Päckchen an.
Da muß ich direkt in den heimatlichen Dialekt verfallen und Dir sagen: Menschenskind, Du bist ja närrsch, Dir solche Ausgaben zu machen. Da brauchte ich mich nicht wundern, wenn Du mich anpumpen müßtest. Pumpe nur, aber ich verlange ungeheure Zinsen. Unter 100 Küssen pro Mark kommst Du nicht davon. Schreckt Dich das nicht ab? 
Als der Briefträger heute früh mit den 5 Päckchen erschien, umwehte ihn eine Wolke von Käseduft, der alles andere verdeckte. Ich habe direkt lachen müssen.
Also, lieber Ernst! Ich habe mich über alles riesig gefreut, besonders schön ist die Pralinen Bastschachtel. Ich mache sie nicht gleich auf, denn schon das Anschauen ist ein Genuß. Von der Schokolade haben wir schon versucht.
Zur Tröstung für das Haarschneiden habe ich sie heute auch schon verwendet. Nimm recht herzlichen Dank von uns entgegen, Du lieber Kerl. 
Auch Dein Brief vom 13.6. ist gekommen, das wirst Du ja schon bald auch meiner Andeutung wegen des Pumpens ersehen haben. Ich habe daraus auch ersehen, daß Du jetzt öfter Ausgang hast. Das wirst Du ja dankbar begrüßen. 
Wie wird es jetzt sein.  Ob du schon dort fort bist. Wenn ja, ist es Dir da nicht ein bißchen schwer gefallen, von Deinen Kameraden fortzugehen? 
Frau Meßmer, die von der NSV sammelt, läßt Dich grüßen. Ihr einer Sohn ist bei den Stukas, ihre Tochter bei dem Roten Kreuz.  Bei Wettsteins uns gegenüber war vorgestern eine Frau. Die hat sich nach deren Sohn erkundigt, ob sie Nachricht haben. Als sie sagten, längere Zeit jetzt nicht, sagte sie, so im Wegfahren, sie habe gehört, er solle gefallen sein. Ist das nicht eine Gemeinheit. Du kannst Dir denken, was die sich jetzt für Sorgen machen. 
Bei den Leuten über uns, Leimenstolls, ist jetzt der Mann auf Urlaub gekommen. Nach dem Aussehen zu schließen, ist es ein ganz anständiger Mann, man hört und sieht nicht viel von ihm.  Er ist beim Zoll, jetzt in Polen. 
Ich war heute beim Zahnarzt. Er hat den Zahn heute fertiggemacht. Jetzt hat es nicht ein bißchen mehr weh getan. Mal sehen, wie lange es hält, evtl.  muß man eine Krone drüber machen. 
Deine Unterhosen usw. habe ich heute mit gewaschen. Da sieht man, wie Ihr mit den Knien im Dreck gelegen seid. Soll ich Dir Hemd, Hose und Taschentücher wieder zuschicken?
Ich wollte Dir auch wieder einen Kuchen schicken, aber da ich nicht weiß, ob Du noch in Hradisch bist, laß ich es vorerst lieber. 
Mein lieber Mann, ich danke Dir nochmals für alle die gesandten schönen Sachen und gebe Dir im Geist recht herzliche Küsse.
Sei nun für heute herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Annie.
Mein lieber, lieber Vater! Ich hab mich sehr gefreut auf Deine Päckchen, daß gleich 5 angekommen sind. Die Schokolade schmeckt gut. Ich bin stolz auf Dich. Das habe ich nicht gewußt, daß Du im Krieg so viel schicken kannst.  Jetzt grad ist ein Flieger vorbei gefahren, der war schön. Sei herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Helga. Jörg. 

Dienstag, 16. Juni 2015

Brief 19 vom 16./ 17.6.1940


Lieber Ernst!                                                                                 Konstanz, 16.6.40    

Gerade als ich Dir schreiben wollte, kam ein Telegramm an Dich, daß Du Dich in Lille zu melden hast. Ich habe es zu Dir schicken lassen. Ob Du da nun gleich fort mußt?
Ich bin ja sehr gespannt. Schreibe mir nur gleich. Was wirst Du dort machen müssen? Du kommst auch nicht zur Ruhe, immer geht es woanders hin. 
Heute früh kam ein Schreiben vom Ev. Pfarramt. Es sind 9,24 zu zahlen. Die Zusammenstellung habe ich Dir abgeschrieben. Das Original, was schließlich 9 Mk gekostet hat, wollte ich nicht schicken, andererseits wird es Dich aber doch interessieren. Es ist doch nicht gerade zu teuer. Ich schicke das Geld gleich morgen weg. 
Was wirst Du dazu sagen, daß Du dort fort mußt? Ob es Dir so recht sein wird. Du wirst mir‘s ja schreiben. Meine Gedanken kreisen jetzt  dauernd um Dich und das Telegramm.  Es ist einfach schrecklich, so dazusitzen und nicht zu wissen, was jetzt eigentlich los ist. 
Lieber Ernst!
Sei nicht böse, aber Wein habe ich noch keinen getrunken. Nicht aus bösem Willen, sonder weil ich kein Geld mehr hatte. Ich wollte Dir doch gern ein paar Photografien schicken, da ist das Geld drauf gegangen.
Jetzt habe ich ja wieder Geld, aber, offen gestanden, gar keine Lust dazu. Muß es wirklich unbedingt sein? Ich fühle mich gesundheitlich wirklich sehr wohl und habe auch keine Schmerzen. 
Es ist heute kein Wetter zum spazieren gehen, es regnet immer mal wieder.
Heute früh haben wir uns die Wochenschau angesehen, die werden immer gewaltiger. 

 Lieber Ernst!                                                                               17.6.40

 Eben kam Dein Koffer mit Deinen Sachen. Ich vermisse dabei Deinen Regenmantel. Hast Du ihn noch dort? Vielen Dank auch für die Käse. Der Briefträger sagte, es käme sicher noch Post, mal sehen, ob es was von Dir ist.
Der Schlüssel von Kurt hat doch an den Koffer gepaßt.  Nun kam noch ein Brief von Dir vom 13.6. wir haben alle gejubelt. Das ist doch jedes Mal ein Fest.
Es freut mich, daß Du Dich auch über unsere Briefe freust, wir denken doch immer mit großer Liebe an Dich. Das ist recht, daß Du Dich bei dem Ausgang mal ein bißchen erholt hast. 
Wie viele Stunden habt Ihr Ausgang?
Wenn wir hier die Soldaten spazieren gehen sehen, müssen wir immer an Dich denken.  Bis jetzt habe ich die Päckchen von Dir noch nicht erhalten. Sie werden schon noch kommen. Nur Geduld. Ich habe zur Kenntnis genommen, daß Du die Kommisgewohnheit in Bezug auf Putzen der Sachen und Stiefel zu hause nicht beibehalten willst. Ich bin direkt beruhigt, denn ich hatte schon so groooooße Angst, daß Du mir eines meiner Privilegien streitig machst.  Ich tue es ja so gern für Dich und Du brauchst wirklich keine Angst zu haben, daß ich Dich‘s zu hause machen ließe. Im Übrigen würdest Du‘s Dir ja auch gar nicht befehlen lassen, denn so werden sie Deinen Willen doch nicht gedrückt haben. Ich kann mir´s jedenfalls nicht vorstellen.
Es ist ja recht, wenn die Leute freundlich zu Euch sind. Sie müssen doch mit der Zeit einsehen, daß wir Deutschen jedem anständig entgegenkommen. Aber es gibt immer wieder Gehässige.  

Montag, 15. Juni 2015

Brief 18 vom 15.6.1940


Mein lieber Ernst!                                                               Konstanz, 15. Juni 40.

Heute vor einem Monat bist Du von uns fort gefahren. Schon ein ganzer Monat.
Du hast ja schon viel in der Zwischenzeit leisten müssen. Bist Du nicht schon recht verbrannt? Zum Ausruhen bist Du bestimmt nicht gekommen.
Ich wartete heute auf einen Brief von Dir, aber es kam keiner. So weiß ich nun nicht, ob du noch in Ung. Hradisch bist. Ich hoffe es aber und schreibe Dir dorthin. 
Ich habe bis jetzt 15 ½ Pfund Erdbeeren geerntet, aber noch nicht viel eingekocht, weil mir der Zucker fehlt. Ich möchte doch wenigstens die Stachelbeeren einmachen. Wir haben öfter Erdbeeren mit Milch gegessen, da kann ich zum Süßen Süßstoff nehmen.
Morgen hole ich wieder Kohlrabi vom Garten. Das schmeckt immer besser, als wenn man‘s kauft. Es hat in den letzten Tagen immer mal geregnet, da ist auch alles gleich gewachsen, natürlich auch das Unkraut.
Am Montag muß ich mich wieder mal ans ausrotten machen, sonst hat man gleich wieder mehr Unkraut als Gemüse da.
Vater hat sich vorgestern auch Setzlingen von uns geholt. Ich habe auch Frau Nußbaumer welche gegeben und habe dafür Setzlinge von Blumen bekommen. Es sind aber immer noch genug Setzlinge da.
Heute bekam ich von den Eltern wieder einige Zeitungen. Sie schrieben kurz dazu, daß sie von Dir einen Brief bekommen haben.  Kurt hat mir für’s Wäsche waschen noch 2 Marken gegeben. 
Am Montag schreibe ich an Dora und lege ein paar Bilder von den Kindern bei. Hat Dir Dora schon geschrieben und was?
Von Siegfried habe ich noch keine Nachricht.
Ich lege Dir heute noch den Brief von den Eltern bei.  Ich schicke Dir noch ein paar Bilder mit. Ich habe erst sehen müssen, ob sie etwas geworden sind, drum schreibe ich das noch auf der Post.
Mich hat Kurt photografiert. Sei nun recht herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Annie.


 Mein lieber Ernst!                                                                    Konstanz, 15.6.40

Vorhin habe ich einen Brief mit Bildern an Dich abgeschickt.  Gefallen sie Dir?
Ich habe mir rechte Mühe gegeben, damit ich Dir auch was Rechtes schicken kann. Ich hatte Kurt gebeten, mich noch zu pfotografieren, ehe er fortfuhr.  Ich wollte Dir doch gern noch ein schönes Bild von mir schicken. Es ist doch ganz gut gelungen. Du sollst mich doch auch vor Augen haben, damit Du mich nicht vergißt. Das tust Du doch nicht, gell? Ich denke ja auch nur an Dich. 
Vorhin hat es wieder Sondermeldungen gegeben, daß das Vaux genommen, daß Stadt und Zitadelle Verdun in deutscher Hand ist und daß die Maginotlinie in breiter Front bei Saarbrücken durchbrochen wurde. Das sind große Erfolge, die nur durch übermenschliche Leistungen unserer Soldaten, zu denen Du ja nun auch gehörst, erreicht werden konnten. Man lernt an Wunder glauben, denn ist es kein Wunder, daß unsere Soldaten unermüdlich marschieren, kämpfen, stürmen.
1918 war ich ja erst 7 Jahre alt und habe noch nicht viel begriffen, aber heute kommt es einem so recht zum Bewusstsein, wie bitter, wie furchtbar bitter es für unsere Soldaten gewesen sein muß, als sie nach 4 Jahre Kampf heimkehrten und mit Verhöhnung und Verachtung empfangen wurden.
Auch das ist ein Wunder, daß sie dennoch die Energie aufbrachten, weiter um Deutschland zu ringen. Dieses Ende wie 1918 darf nie wieder vorkommen und wird auch bei unserer Führung nicht vorkommen, denn jetzt haben wir auch Männer und keine Hampelmänner in der Regierung.
Und dann vor allen Dingen unser Führer, den wir alle lieben und verehren. 
Als ich heute die Meldung von Verdun kam, habe ich wieder an das Buch „Sieben vor Verdun“ denken müssen, welches ich vor geraumer Zeit erst wieder gelesen habe. Wie lange haben wir da nur um Verdun gekämpft, 10 Monate, von Februar bis November 1916 und der Erfolg war uns  doch versagt. Wie anders ist das heute. Und wenn man denkt, welche Hoffnungen die Franzosen auf die  Maginotlinie  gesetzt hatten. Wir haben sie doch durchbrochen.
 
Sonntag, 16.6.      9 Uhr

Mein lieber Ernst! 
Eben sind 2 Briefe, vom 11. + 12. von Dir gekommen. Ich beantworte sie Dir heute Nachmittag.
Wir gehen jetzt die Wochenschau ansehen. 
Sei Einstweilen herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Annie.


Samstag, 13. Juni 2015

Brief 17 vom 13.06.1940


Lieber Ernst!                                                       Konstanz, 13.6.40   

 Heute Vormittag haben wir Deinen lieben Brief vom 7.6. erhalten.  Der ist aber lang gegangen. Ich danke Dir vielmals dafür. 
Da habt Ihr ja schön zu tun gehabt, nachts ¾ 4 Uhr aus dem Bett und eine Übung bis ½ 12 Uhr. Dank schön, Ihr werdet schön hin gewesen sein, als Ihr wieder in der Kaserne wart. Mit Gasmaske marschieren muß doch sehr beschwerlich sein. 
Deine Sachen im Koffer werde ich natürlich nachsehen und fertig machen.  Du fragst, welches Kleid ich auf der Photografie anhabe. Das ist doch das helle, zu dem Du mir voriges Jahr den Stoff geschenkt hast. Du hast mich doch beim Schlüsselblumensuchen auch schon drin photografiert. Sieht es auf dem Bild so fremd aus?
¼ 5 Uhr. Soeben ging Dein Brief vom 8.6., abgestempelt am 10.6.  24 Uhr ein.
Da war ich doch ganz paff, daß Du jetzt nicht mehr in Göding bist. Wo wirst Du jetzt sein?
Ich habe außer dem Päckchen mit Zimtsternen noch einen Kuchen an Dich geschickt. Hoffentlich erhältst Du ihn nun auch. 
Euch schlaucht man ja richtig. Aufs Marschieren legt man ja jetzt besonderen Wert, weil man jetzt gesehen hat, wie wichtig das ist. 
Von Deinem Päckchen ist noch keins angekommen, das geht immer ziemlich lang.  Ich kann ja nun den Brief nicht wegschicken, aber schreiben tue ich Dir doch. Vielleicht kommt bald Deine neue Adresse. 
Ich habe an die Elter und an Elsa Legler geschrieben, eine Abschrift schicke ich Dir mit.
Einen Brief habe ich heute auch von Tante Elsbeth bekommen. Ich werde ihr auch wieder schreiben. Sie hat von Dora erfahren, daß Du eingezogen bist.
 
Mein lieber Ernst!

Heute früh kamen Deine beiden lieben Briefe vom 9. +10.6.  und die Karte.
Du bist also nun in Ung. Hradisch. Du schreibst, daß Ihr behelfsmäßig in einer Schule untergebracht seid. Heißt das, daß Ihr jetzt schon an die Front kommt?
Ich danke Dir, daß Du mir gleich geschrieben hast. Vergiß bitte nicht, mir den Kofferschlüssel zu senden, damit ich die Sachen nachsehen kann.
Kurt hat mir einen Schlüssen dagelassen, aber der gehört, soviel ich weiß, zu seinem anderen Koffer, den er mitgenommen hat.
Was soll ich denn für Bilder einlösen für die Schecks? Schreib mir‘s doch bitte noch. 
Auf dem Haldenhof war es wirklich schön. Der ganze Tag kommt mir jetzt wie ein Märchen vor. Es war doch schön, daß wir da noch zusammen fort waren, wer weiß, wie lange es dauert, bis wir wieder einmal zusammen fort können.
Lieber Ernst! Sei bitte nicht böse, wenn ich heute nicht so viel schreibe, aber ich kann meine Gedanken beim besten Willen nicht zusammenhalten.
Ich muß immer dran denken, ob Du noch dort bist oder was jetzt weiter mit Euch geschieht.. Ich bin einfach ein bißchen aufgeregt. 
1 Uhr  An Dora werde ich natürlich schreiben.
Jetzt kam die Sondermeldung, daß unsere Truppen in Paris einmarschieren, Ernst, denke, Paris. Unsere Freude ist ohne Grenzen. Unsere Truppen in Paris.
4 Uhr Vorhin ist der Gehaltszettel gekommen, er lautet
                                   bisher                          jetzt 
                                     247,50                       234,45          
Gehalt                               7,o2                         7,02          
Einkommensteuer              2,                             2.            
Bürgersteuer                    37,70                        37,70          
Miete                                 6,                           6,            
Angestelltenvers.                 3,40                                        
Arbeitsfront                         3,51                         3,51          
Kriegszuschlag z. Eink.      59,63                       61,69                         
 Zusatzversorgung             187,87                    172,76 

Ich werde 30 Mk auf die Sparkasse schaffen, dann komme ich noch gut aus.
Auch Du kannst ruhig noch Wünsche äußern, es reicht  mir gut. 
Anläßlich des Einmarsches in Paris, hat Helga heute keine Spielschar gehabt, worüber sie ganz froh ist. Sie spielt wieder unten. Die Schulaufgaben hat sie schon gemacht und zwar ganz ordentlich. Ich schaffe den Brief noch fort. Vielleicht bekommst Du ihn noch dort. Ehe Deine Briefe bei mir und meine wieder bei Dir sind, vergeht eben immer eine ganze Zeit und dazwischen kann schon manches sich ändern.  Nun, mein lieber Mann, mein lieber Ernst, sei herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Annie. Viele Grüße und Küsse von Deiner Helga. Ich hab Dich ganz fest lieb, so lieb wie niemand.   Jörg 14.6.40 

Donnerstag, 11. Juni 2015

Brief 16 vom 11.06.1940


Lieber Ernst!                                                                         Konstanz, 11.6.40

Gestern war doch ein ereignisreicher Tag.
Erst habe ich mich schon gefreut, als unser Sieg bei Narvik bekannt gegeben wurde. Ich habe mir doch immer Sorge gemacht, ob unsere kleinen Einheiten diese starke Übermacht standhalten können. Daß sie unsere Gegner aber sogar vertreiben konnten, das hatte ich nicht geglaubt.
Abends kam dann die Rede des Duce und der Kriegseintritt Italiens. Vater hat sich so darüber gefreut, daß er sich extra eine Zigarre geleistet hat. Es herrscht überall Freude hier. 
Heute ist ja der Abschiedsabend für Kurt, nun zum zweiten Mal. Vater hat mir gestern Abend Geld gegeben, damit ich eine Flasche Wein besorge. Diesmal bist Du nun nicht dabei.
Vor 4 Wochen haben wir Deinen Abschied gefeiert. Kurt hat sich gestern noch mal die Haare schneiden lassen und zwar ganz kurz. Ich habe direkt lachen müssen. Voriges Mal ist er nämlich gleich aufgefallen und sie haben ihn gefragt, ob er die Mähne behalten will, trotzdem er sie sich doch auch hatte schneiden lassen. 
Gestern Abend habe ich wieder fest gegossen und heute früh gleich wieder Wasser herausgestellt. Das hat den Kindern gefallen, das Planschen im Wasser. Heute wird es auch wieder heiß. Für die Heuernte ist ja das Wetter sehr gut.
Wir haben gestern wieder 2 Pfund Erdbeeren geerntet, da habe ich Marmelade gekocht. 
Ich schicke Dir heute wieder ein paar Zeitungsausschnitte mit. Der eine Ausschnitt ist schon ein paar Tage alt, aber Vater nimmt immer die Zeitungen zum lesen mit, da vergehen dann eben einige Tage. 
Ich muß jetzt zum Zahnarzt, denn ich bin auf ½ 10 Uhr bestellt, drum ist auch der Brief ein bißchen kurz. 
Sei nun recht herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Annie.


 Mein lieber Ernst!                                                         11.Juni 1940      ¾ 11 Uhr Nachts

 Nun ist die Abschiedsfeier vür Kurt vorbei. Einen ganz kleinen Rest habe ich noch vor mir stehen. Du weißt ja, daß ich nicht so viel trinken kann, da mir immer die Arme so gelähmt werden.  Heute früh war ich beim Zahnarzt, der Zahn ist aber noch nicht fertig, der Nerv ist noch nicht tot, beim bohren hat es ziemlich weg getan. Ich habe dem Zahnarzt gesagt, er soll den Zahn ruhig fertig machen, wenns auch weh tut. Er wollte aber nicht, weil es eine unnötige Quälerei sei. Nun muß ich am Montag wieder hinkommen.  Nachdem ich gestern gewaschen habe, kam heute das bügel dran. Später habe ich wieder 1 ½ Pfund Erdbeeren geholt. Sie kosten auf dem Markt 75 Pfennig pro Pfund. Da haben wir doch schon ganz schön geerntet, mit den 1 ½ Pfund von heute sind es bis jetzt 6 ½ Pfund. Ich habe gegen Abend wieder ziemlich gegossen. Die Gurken treiben jetzt viel Blätter. Ich habe auch ein paar Johannisbeersträucher an einem Stock etwas festbinden und somit stützen müssen, da sie sich ganz zur Seite geneigt haben. Morgen muß ich Quassiaholz mit Schmierseife kochen, denn in den obersten Blätt ern bei den Johannisbeeren sind wieder Blattläuse. Die 7 Johannisbeeren haben jetzt ihre volle Größe erreicht, nur sind sie noch nicht reif. Erdbeeren gibt es ja dieses Jahr nicht so sehr viel, auch Rebholzens haben nicht so viel. Da habe ich nachher wenigstens ein bißchen Zucker für die Stachelbeeren. Sollte es viel Kirschen geben, man spricht ja von einer Rekordernte, so koche ich sicher davon auch Marmelade, denn da braucht man ganz wenig Zucker. In den nächsten Tagen setze ich noch mehr Weißkraut, auch Rotkraut, Wirsing usw. will ich noch setzen. Günstig wär‘s ja, es regnete mal ein bißchen, daß der Boden nicht gar so trocken wär, da brauchte ich nicht so viel anzugießen. Für die Heuernte ist das trockene Wetter natürlich wieder sehr erwünscht. Jedenfalls macht‘s mir immer wieder Freude, wenn im Garten alles so wächst. So ist es ja nun nicht, wie Du schreibst, daß ich Dich auch da vollkommen ersetze. Ich möchte Dir nur alles recht machen und gebe mir alle Mühe, Dich wenigstens soweit als möglich zu vertreten. Du bist ja garnicht zu ersetzen, Du lieber, lieber Kerl.  Schicke uns doch so bald als möglich ein Bild von Dir, wir würden uns sehr freuen. Natürlich würde ich Dich lieber einmal persönlich hier haben, aber das geht ja nicht und da ist meine Bitte nach einem Bild doch nicht unbescheiden, oder doch? Wahrscheinlich schlöfst Du jetzt schon, es ist inzwischen ¼ 12 Uhr geworden. Ich wünsche Dir eine recht gute Nacht und gehe jetzt auch schlagen. Ich wollte aber erst gern noch an Dich schreiben, denn Du bist mir doch der Liebste, Du mein lieber Mann. Bei Tag bin ich leider nicht zum Schreiben gekommen. 

4 Uhr

Heute habe ich wieder im Ga rten geschafft. Erst habe ich den Boden gelockert und dann habe ich Weißkraut, Rotkraut und Wirsing gesetzt. Im ganzen habe ich gesetzt 87 Weißkraut, 55 Welschkraut, 25 Rotkraut. Man muß natürlich berücksichtigen, daß evtl. nicht alle etwas werden, aber ich glaube Weißkraut und Welschkraut langt, Rotkraut kann ich ja evtl. noch ein paar setzen. Rosen und Braunkohl kommt ja erst Anfang Juli dran. Sollten sie zu groß werden, setze ich sie natürlich früher. Schreibe mir doch bitte, ob es Dir so recht ist. Vorhin habe ich nochmals 2 Pfund Rhabarber geerntet und auch 1 ½ Pfund Erdbeeren . Es steht jetzt ein Gewitter am Himmel, vielleicht gibts mal etwas Regen, wenn es sich nicht wieder verzieht, wie gestern Abend.  Dieses Jahr habe ich schon mehr im Garten geschwitzt als sonst. Aber ich glaube, auch bei Dir wird nicht wenig Schweiß fließen.  Heute Abend gehen wir und auch Vater mit Kurt zur Bahn. Das ist doch sicher recht.  6 Uhr. Seit 5 Uhr regnet es jetzt, noch nicht gerade viel. aber es sieht aus, als käme noch mehr. Da habe ich es mit den Setzlingen gerade recht gemacht. Nachmittags habe ich auch die Johannisbeerzweige, d.h. die Spitzen in den Quassiasud getaucht und die Blattläuse vertilgt. Sollte es noch nicht restlos geholfen haben, wird das Verfahren halt wiederholt. Am Apfelbaum hängen so viel kleine Äpfel. Wenn die alle dran bleiben würden, krachte der Baum zusammen. Die Brombeerranken haben sich auch wieder gut entwickelt, ich komme kaum mit dem Anbinden nach.  Nun schließe ich für heute. Am Montag erhielt ich die letzte Post von Dir. Vielleicht kommt morgen wieder ein Brief.  Sei herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Annie, Helga  Jörg 12.6.40 

Dienstag, 9. Juni 2015

Brief 15 vom 9./10.6.1940


Lieber Ernst !                                                                                   9.6.40     

Wir sind soeben vom Kino wiedergekommen, wo wir uns die Wocheschau angesehen haben.
Dabei haben wir Herrn Rick getroffen. Er wird jetzt auch gemustert. Ich soll Dich von ihm grüßen und Dir sagen, daß wieder welche vom Geschäft fortgekommen sind, Hagnauer nach Weingarten, Metzler nach Ulm, Bauer dorthin, wo Kurt war, es würde Dich sicher interessieren. Buser ist auch von Konstanz fort.
Wenn Du die Briefe aufhebst, kannst Du ja die Orte durchstreichen, damit es niemand liest. Ich habe es Dir gleich geschrieben, damit ich nicht die Hälfte vergesse. 
Heute ist auch keine Nachricht von Dir gekommen.
Jörg hat Dir schon wieder Bilder gemalt, Äpfel, die malt er jetzt den ganzen Tag. Mit besonderer Sorgfalt hat er den mit „Schmierfarbe“ (Wasserfarbe) gemalt.
Jetzt kann ich erst mal nicht weiter schreiben, denn Jörg braucht unbedingt den Federhalter, damit er seinen Namen unter das Bild schreiben kann. Einen anderen Federhalter mag er nicht, weil er mit dem, wie er behauptet, am besten schreiben kann. 
Wir bleiben heute Nachmittag zu hause. Es ist sehr heiß und baden können wir leider nicht, da ich seit ein paar Tagen nicht ganz wohl bin. 
Nun habe ich auch ziemlich viel zu tun gehabt in den letzten  Tagen, da tut mir das Ausruhen ganz gut. Du wirst mir deswegen sicher nicht böse sein.
Heute früh haben wir wieder einen Brief an Dich weggeschickt. Ob Du nun heute Ausgang hast? 
Ist es eigentlich wahr, was Du Kurt an Kurt geschrieben hast, daß Du Dich zu einer Maschinengewehr Kompanie  melden wolltest und was ist daraus geworden?

 Lieber Ernst!                                                                                    10.6.

Heute früh kam Dein lieber Brief vom 4./6./7.  Juni. Ich habe heute früh direkt Lampenfieber gehabt, ob ein Brief kommt. 
Gestern schrieb ich Dir wegen der Maschinengewehr Kompanie und heute steht in Deinem Brief, daß Du das M.G, tragen mußt, also bist Du ja dabei. Da war meine Frage überflüssig. 
Als wir gestern ins Kino gingen, war vorher Militärvorstellung. Da habe ich wieder recht an Dich denken müssen.
Seht Ihr auch die neuen Wochenschauen?  Es hat mir leid getan, daß Dir die Gewehrübung nicht gelungen ist. Ärgere Dich nur nicht zu viel, denn es läßt sich ja nicht ändern. Vielleicht klappt es ein andermal besser. 
Soll ich Dir das Hemd und die Unterhose die Du im Koffer mitschickst,  nachdem ich sie gewaschen habe, zurück senden? 
Bei uns ist es sehr heiß, es tät so Not, daß es einmal regnet. Alles ist strohtrocken, das Gießen nützt auch nicht viel. Abends stehen Gewitterwolken am Himmel und früh ist der Himmel wieder wolkenlos.
Heute früh habe ich bei den Busch und halbhohen Bohnen richtig Wasser dazwischen gegossen, denn die Blätter sind ganz lahm. Gestern haben wir wieder 1 ½ Pfund Erdbeeren geerntet. Ich habe heute Morgen die Wege wieder sauber gehackt und gestern Abend habe ich noch ein bißchen Unkraut entfernt, denn das wächst auch ohne Regen.
Die Setzlinge gieße ich auch immer gut und sie stehen stramm da. Du hast schon recht, wenn Du schreibst, daß mir der Garten Freude macht. 
Heute habe ich den Kindern Wasser in den Hof gestellt, da können sie heute Nachmittag, wenn Helga aus der Schule kommt, drin rumplanschen und ich habe gleich noch Wasser zum Gießen. 
Übermorgen kommt ja Kurt nun auch fort.  Er ist gestern noch mal fortgefahren und heute fährt er zum baden. Er will die paar Tage auch noch ausnutzen.
Ich muß Helga in den nächsten Tagen auch noch einen Anzug nähen, damit sie beim baden was Rechtes anzuziehen hat. Entweder gehen wir am Mittwoch oder Sonntag auch baden. 
Helga hat noch etwas unter den Brief schreiben wollen, sie mußte aber inzwischen zur Schule.
Ich schicke Dir einstweilen nur die Malerei von Jörg mit. 
Nun sei recht herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Annie.  

Montag, 8. Juni 2015

Brief 14 vom 7./8.6.1940


Lieber Ernst!                                                                                           7.6.

 Ich habe noch abgewartet ob Post von Dir kommt. Da nichts gekommen ist, mache ich mich jetzt fertig und schaffe den Brief noch fort.  Dabei fahre ich gleich einkaufen. 
Heute früh habe ich im Garten wieder gegossen, weil ich gestern Abend nicht genug abgestandenes Wasser gehabt habe. Es hatte nur zu einem Teil gelangt. Die Setzlinge stehen gut. Ich habe jetzt noch alle Kartoffeln gehäufelt. Vom Gießen wird der Boden an der Oberfläche etwas hart, das habe ich heute wieder gelockert. Morgen werde ich evtl. die restlichen Stangenbohnen häufeln.
Du siehst, ich halte alles in Ordnung. Heute Nachmittag habe ich mich erst wieder mal ans Strümpfe stopfen gesetzt. Mußt Du das auch schon machen? 
Heute ist wieder klarster Himmel und Sonnenschein, nur am Rand des Horizonts stehen heute zum ersten Mal wieder Gewitterwolken.
Ich lege Dir wieder einen Zeitungsausschnitt bei, der Dich sicher interessieren wird.
Nun mache ich Schluß, mein lieber, lieber Ernst. Vielleicht bekomme ich von Dir morgen wieder Post, ich freue mich schon immer drauf.  Sei recht herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Annie.
 

 Mein lieber Ernst!                                                                                  8.6.40

Damit Du auch merkst, daß Sonntag ist, schicke ich Dir einen Kuchen. Die Päckchen sind immer 6 Tage gegangen, und so hoffe ich, daß Du bis Sonntag das Päckchen hast. Ich habe einen Zuckerguß drauf gemacht, damit der Kuchen nicht austrocknet. Laß ihn Dir gut schmecken. Ich habe ihn mit viel liebe für Dich gebacken.  Viele herzliche Grüße und Küsse von Deiner Annie.  
 

Lieber Ernst!                                                                          Konstanz, 8.6.40. 

Nun ist schon wieder der Samstag herangekommen und Du bist schon 3 Wochen dort. Wie schnell doch die Zeit verfliegt. Meine Tage sind auch mit Arbeit ausgefüllt und da ist man ganz erstaunt, wenn wieder eine Woche vorbei ist.
Heute erhielt ich einen Brief von den Eltern. Denke Dir, ich habe ganz vergessen, nach Leipzig zum Muttertag zu schreiben. Das waren nun die ersten Tage, wo ich allein war, da habe ich immer nur an Dich gedacht und alles vergessen. Es ist nun nicht mehr zu ändern und ich werde an die Eltern entsprechend schreiben. 
Siegfried hat am 4. im Brief von den Eltern geschrieben, daß er am 5. oder spätestens 6. Juni wieder fort kommt. Er ist als GasUffz. in einem Lazarettzug als Stammpersonal eingeteilt. Da muß er immer von der Heimat an die Front und wieder zurück fahren.
Kurt fährt am 12., also am Mittwoch 19.40 Uhr wegfahren und ist 22.12 Uhr in Immendingen.  Von da an geht´s im Sammeltransport weiter. 
Ich war heute früh wieder im Garten und habe 44 Weißkraut gesetzt. Die Setzlinge sind noch etwas klein, aber ich habe es bei den anderen, die ich vorige Woche gesetzt habe, gesehen,  daß sie sehr gut anwachsen und fest dastehen. Ich habe sie auch sehr gut angegossen. Die restlichen Stangenbohnen habe ich noch gehäufelt.
Heute Abend kann ich wieder Erdbeeren abnehmen, sie werden jetzt schnell hintereinander rot. Die Tomatenstöcke haben schon viele Blüten und auch schon winzige Tomaten. Sie wachsen sehr gut. Auch die Gurken gehen gut voran.  Die Erbsen sind etwas über ½ mtr. hoch. Es wächst alles wirklich gut. 
Nun will ich erst mal weiterschaffen, denn am Samstag gibt es immer zu tun. Ich habe heute auch die Treppe zu putzen.
Es ist Nachmittag ½ 5 Uhr. Der Briefträger ist wieder vorbei, ohne mir was zu bringen. Ich hoffe auf morgen früh. Ich bringe nun den Brief auf die Post. Dort ist übrigens jetzt der Eingang soweit fertig. Sie haben eine Drehtür eingebaut. Inwendig sieht es ja noch etwas wild aus.
Wenn ich jetzt immer in die Stadt fahre, da ist mir schon aufgefallen, daß sich gegen 5 Uhr so viel Leute auf der Marktstätte einfinden. Die warten alle auf die Nachrichten, die durch Lautsprecher durchgegeben werden. Da sind dann alle ganz still. 
Nun, lieber Ernst, schließe ich für heute, sonst komme ich zu spät und bekomme kein Brot mehr.
Sei recht herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Annie.
 

 Mein lieber Ernst!         Konstanz, 8.6.40 abends

 Heute will ich Dir einmal ein bißchen von unseren zwei Lausern erzählen.
Daß sie gesund und guter Laune sind, wirst Du ja aus den Bildern ersehen haben. ½ 8 Uhr früh ist Jörg schon draußen, wenn Helga keine Schule früh hat, ist sie natürlich auch dabei. Helgas Leidenschaft ist augenblicklich mal Ball spielen.  Das tut sie mit Begeisterung. Jörg fährt entweder Holländer oder er spielt im Dreck. Da ich jetzt immer Wasser draußen stehen habe, ist das natürlich eine gute Gelegenheit, davon etwas an den Sand zu schütten, das gibt dann „Mertel“. Davon wird dann alles gebaut. Wie er dann heim kommt, das kannst Du Dir denken.
Heute Abend sagte Jörg: „Ich kann den Richard zwingen, daß er gleich heult, ich kann nämlich Griffe, weißt, ich biege ihm so die Finger nach hinten, was meinst, wie der heult.“
Dabei hat er so richtig frechfröhlich gelacht.
Heute Abend hat er mit mir Erdbeeren gepflückt, wir hatten etwas über 1 Pfund. Da war er mit Begeisterung dabei. Wir haben sie heute mit Milch gegessen,  denn unsere Zwei haben mir keine Ruhe gelassen. Wenn es dann mehr gibt, koche ich natürlich Marmelade.
Helga und Jörg sind schon richtig braun gebrannt, Jörg sogar noch mehr, weil er in der Wohnung überhaupt nicht zu sehen ist.  Helga hat natürlich weniger Zeit, denn wenn sie Montag und Dienstag von 10.25 (nicht mehr 9.30) Schule hat, 1 Stunde, und Nachmittag von 1.30 – 3.20 bez. Dienstag um 3 -  ½ 6, so hat sie nicht viel freie Zeit, da sie ja auch noch Aufgaben machen muß. Mittwoch hat sie ja mal den ganzen Tag frei.
Beide laufen jetzt immer barfuß, in der Schule natürlich nicht. Was Jörg nicht so ganz recht ist, das ist das Füßewaschen abends. Er fragt natürlich auch noch jeden Abend, ob er sich die Zähne putzen muß. 
Wenn beide jetzt barfuß gehen, brauche ich natürlich auch keine Schuhe einzuschmieren und das ist für mich auch eine kleine Erleichterung, ganz abgesehen davon, daß ja dabei auch keine Strümpfe kaputt gehen.
Das Ausziehen abends und das Anziehen früh geht natürlich immer noch langsam, vor allen Dingen muß Jörg natürlich immer viel erzählen. Da muß ich öfter aufmunternd dazwischen fahren. Im Allgemeinen sind sie aber brav und folgen soweit.
Wenn´s mal nicht geht, da werde ich mal energisch. Heute sollte mir Jörg z.B. mal die Hacke und den kleinen Schöpfer mit rübertragen, er wollte aber spiele und hat dann einfach den Schöpfer fallen lassen. Aber da hat‘s was gesetzt. Als er mir später noch was bringen sollte, ist er ohne Maulen gleich gesprungen. Also, mit unseren zweien werde ich schon noch fertig und wie gesagt, im Allgemeinen folgen sie. 
Helga und Jörg reden oft von Dir und sie haben sich auch vorgenommen, Dir morgen etwas zu schreiben und zu malen. Jörg wollte Dir sogar den ganzen Tag was malen. Der Sonnenschein wird ihn aber bald hinauslocken.  Vielleicht gehe ich morgen mit Beiden früh ins Kino, die Wochenschau ansehen. Sei also bitte nicht böse, wenn sie nicht immer was dazu schreiben, sie gehen eben so gern zum spielen. Ihre Gedanken sind doch oft bei Dir. Dafür schreibe ich Dir ja immer, denn meine Gedanken sind immer bei Dir. Ich hätte Dich gern einmal hier, um Dir sagen zu können, wie lieb ich Dich habe. Ich möchte Dir gern tausend Zärtlichkeiten sagen, nur schreiben kann und will ich das nicht. Du weißt ja auch so, daß ich Dir gehöre.  Manchmal sehne ich mich danach, Dich neben mir sitzen zu haben und Dein liebes Lächeln zu sehen, das liebe ich doch so an Dir, das weißt Du doch, nicht wahr. Auch über Dein Haar würde ich gern streichen oder wieder mal Zöpfe davon flechten. Das sind alles kleine Sachen, die einem aber so fehlen, es waren halt liebe Gewohnheiten.
Mich erinnert ja hier im Haus und im Garten alles an Dich und Deine fleißigen Hände. Siehst Du, eigentlich wollte ich Dir das alles nicht schreiben, aber Du weißt ja, wenn einem das Herz voll ist. Du bist ja auch der einzige mit dem ich reden kann und vor allen Dingen auch will. Wir zwei gehören doch zusammen. 
Wenn von Dir Briefe kommen, bin ich den ganzen Tag fröhlich. Ich warte schon immer auf den Briefträger und wenn ein Brief kommt, ist das Glück groß. 
Nicht wahr, lieber Ernst, wenn Du einmal einen Wunsch hast, so schreibe ihn. Es ist mir eine Freude, wenn ich Dir etwas zulieb tun kann. 
Es ist gleich 10 Uhr und Du wirst schon im Bett liegen. Vielleicht denkst Du jetzt gerade auch an uns. Schlaf recht gut, mein lieber Mann, und nimm recht herzliche  Grüße und Küsse von Deiner Annie. 

Samstag, 6. Juni 2015

Brief 13 vom 6.6.1940 und Karte im Päckchen


Lieber Ernst!                                                                                                        6.6.40

Vielleicht hast Du heute im Radio gehört, daß Schweizer Gebiet an der Grenze bei Konstanz bombardiert worden ist. Ich wollte Dir erst gar nicht schreiben, daß wir Alarm hatten, damit Du Dir keine Sorgen machst. Nun ist es ja gleich. Wir hatten in der Nacht vom 4. zum 5. nun 2-  ¼ 4Uhr Fliegeralarm.  Über uns ist auch ein Flieger weggeflogen, man hat es auch bumsen hören, aber wir haben gedacht, die Schweizer schießen. Am nächsten Tag haben wir gehört, daß bei Tägerwilen Bomben gefallen sein sollen. In den Rhein bei der Stadtmiste sollen auch welche gefallen sein, aber das weiß ich nicht bestimmt. Bis jetzt ist wieder alles ruhig gewesen.
Nun mach Dir aber um uns keine Sorgen. Ich habe es Dir nur geschrieben, weil es im Radio bekannt gegeben wurde und Du Dir‘s nicht schlimmer vorstellst als es war.
Heute Nachmittag kamen Deine beiden Briefe vom 2. und 3.6. Da ist mir gleich ein großer Stein vom Herzen gefallen. Gott sei dank bist Du doch gesund.  Du hast dort ja allerhand zu tun, da glaube ich gern, daß Du redlich müde abends bist. Es hat mich recht gefreut, daß die Blumen noch soweit frisch waren, so ist es doch ein kleiner Gruß gewesen.
An das Getrenntsein haben wir uns schon soweit gewöhnt, aber ich habe doch oft Sehnsucht nach Dir, wie wäre es auch anders möglich. 
Es ist doch eigenartig, daß manche Tschechen noch so gehässig sind, die sollten doch froh sein, daß sie so gut davon gekommen sind. Da ist es aber wie bei Kindern, ehe sie nicht fest drauf gekriegt haben werden sie nicht gescheit. Nur sind Kinder nicht so bösartig.
In den Film gehe ich von jetzt ab nicht mehr, ich habe nicht die Ruhe, abends von den Kindern fortzugehen, auch wenn Vater da ist. Ich habe ja die Verantwortung für die Kinder und ich möchte da auch bei ihnen sein. Vielleicht schaue ich mir mal wieder vormittags mit den Kindern die Wochenschau an. 
Vater hat sich wieder erholt, er schafft nach wie vor fest.  Die Leute über uns sind bis jetzt sehr nett und ruhig, das ist die Hauptsache.  Das habe ich mir denken können, daß der Uhink wieder Unsinn geschwätzt hat, das macht der ja gern. Da sieht man aber, was für dummes Zeug geredet wird.
Jetzt muß ich wieder ziemlich gießen, denn es ist Sonnenschein und ziemlich windig. Der Wind trocknet alles aus. Vor allen Dingen halte ich die Gurken feucht, aber auch die anderen Sachen gieße ich immer. Gestern Abend habe ich 200 g Erdbeeren geerntet. die haben wir heute gegessen. Helga hat schon gefragt, ob wir Dir nicht ein paar schicken könnten, das geht ja nun leider nicht. Sie sagte, sicher haben sie dort auch einen Garten, wo sie Erdbeeren haben. 
Ich bin ganz glücklich, daß ich wieder Post von Dir habe, da sieht die Welt gleich viel lustiger aus.  Wir essen jetzt gleich  Abendbrot, dann schaffe ich den Brief noch weg, damit Du ihn bald erhältst. Sei für heute recht herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Annie.  
Lieber Vater! Wir haben schon lang auf einen Brief gewartet und waren so froh, daß heute gleich 2 Briefe gekommen sind. Ich bin jetzt den ganzen Nachmittag unten gewesen, weil so schönes Wetter ist.  Sei herzlich gegrüßt und gekußt von Deiner Helga. Jörg. 

 Lieber Ernst!    6.6.40

Ich lege hier keinen Brief bei, weil Du ihn sonst so spät bekommst. Ich weiß, daß Du Zimtsterne so gern ißt und habe Dir ein paar gebacken. Ich habe Mandeln dagehabt und die kosten ja keine Marken, also kannst Du gar nicht schimpfen. Laß Dir sie recht gut schmecken.  Recht viel herzliche Grüße und Küsse von Deiner Annie.

 Lieber Ernst!         6.6.1940                                                                                                                             
 Ich wollte Dir doch eine Freude machen und hatte vor ein paar Tagen unsere Wohnung photografiert, davon waren aber nur die 2 Bilder von der Stube und das Schlafzimmer ein bißchen etwas geworden. Das hat mich aber nicht befriedigt und so habe ich es nochmals versucht. Die beiliegenden Bilder sind das Ergebnis. Ich möchte Dir doch Dein Heim wenigstens im Bild nahe bringen. Zwei Bilder von den Kindern sind auch noch dabei. Die Bilder, die ich Dir vor ein paar Tagen geschickt habe, wirst Du inzwischen erhalten haben. Hoffentlich habe ich Dir mit den Bildern auch wirklich eine kleine Freude gemacht.
Ich möchte Dir gern Liebes tun, wo ich nur kann.
Heute war wieder hellster Sonnenschein und auch jetzt , es ist ½ 10 Uhr, ist ganz klarer Himmel und ich kann noch ohne Licht schreiben. 
Kurt war vorhin mal einen Moment hier, er ist aber gleich wieder fort zum schlafen gegangen, weil er morgen eine Stunde zeitiger im Geschäft anfangen muß. 
Mit Eiern werden wir jetzt gut versorgt, gestern haben wir pro Person 5 Stück bekommen. Ich habe gleich wieder welche eingelegt. 
Nun muß ich Dir noch etwas schreiben. Ich habe doch das kleine Schränkchen von Dir für die Eßwaren. Nun kommt doch keine Luft zu den Sachen und wir haben uns doch immer überlegt, was wir da machen.
Evtl. wollten wir doch in der Rückwand Löcher aussägen und Drahtgaze davor nageln. Nun habe ich mir die Sache hin und her überlegt, denn wenn es nun wieder heiß wird mußte etwas geschehen, da konnte ich doch nicht mehr den Schrank öfter offen lassen, wenn jetzt die Fliegen kommen.
Nun bin ich auf eine Idee gekommen, höre und staune.
Ich habe bei der Türfüllung die Leisten vorsichtig entfernt, habe die Türfüllung herausgenommen und statt dessen Drahtgaze dahinter genagelt. Hinter die Gaze habe ich einen schönen Vorhang gespannt, jetzt sieht es prima aus, als wäre Glas davor. Nun kommt genug Luft dazu, wir haben nichts aussägen brauchen und die Türfüllung kann man jederzeit mit ein paar einfachen Hammerschlägen wieder einsetzen.
Was sagst Du nun?
Mir war es zu schade, etwas auszusägen. 
Ich muß gerade staunen, was Ihr alles putzen müßt, wenn ich könnte, würde ich Dir gern einen Teil davon abnehmen, auch das Stiefel putzen.
Das ist doch nicht Deine Lieblingsbeschäftigung, oder hat sich das geändert?