Mein liebster
Mann! Konstanz, 18.2.43
Heute war wieder
unser Badetag. Das ist immer so eine herrliche Erfrischung. Ich bin wieder
ziemlich geschwommen. Zum Spaß hab ich mich einmal vorm schwimmen und einmal
nach dem schwimmen gewogen. Zuerst hatte ich 66 Kg 400g, nach dem schwimmen
65Kg 800g. Das schwimmen macht also doch was aus. Nach
dem Abendessen werde ich ja das Gewicht wieder aufgeholt haben. Jörg habe ich
heute überredet, mal mit ins Tiefe zu schwimmen. Ich habe ihm aber einen
Schwimmgürtel umgetan, für alle Fälle. Es war auch gut so, denn der kleine,
dumme Kerl ist doch noch nicht sicher. Ich habe ihn auch nur kleine Ecken
schwimmen lassen, damit er sich gleich wieder anhalten konnte. Einmal musste er
ein bißchen Wasser schlucken. Da hörte er auf einmal mit schwimmen auf und
streckte nur die Hände in die Höhe. Ich hatte ihn natürlich gleich gepackt,
denn ich bin ja immer dabei. Ich bin lieber etwas vorsichtig.
Es ist jetzt 1/1
11 Uhr geworden. Bis jetzt habe ich der Rede von Dr. Göppels zugehört. Er hat
sehr gut gesprochen. Er hat auch angekündigt, dass die Leute, die sich bisher
immer gedrückt haben, jetzt auch schaffen müssen und dass da kein Unterschied
gemacht wird. Er hat selbst gesagt, dass es Ärgernis erregt, wenn man welche
sieht, die scheinbar garnicht vom Krieg berührt werden. Es ist ja auch
tatsächlich so.
Lieber Ernst,
sei mir nicht böse, aber ich bin jetzt so müd. Ich gehe ins Bett. Morgen früh
schreibe ich gleich weiter.
19.2.
Gleich ganz früh
am Morgen hab ich nun doch nicht geschrieben. Ich habe vorher gearbeitet. Aber
der Brief wird ja sowieso erst um 2 Uhr vom Briefkasten geholt. Zuerst habe ich
Vaters Jacke fertig genäht. Die hatte ich wohl einmal angefangen, aber immer
kam etwas anderes dazwischen. Heute bringe ich sie nun ganz fertig. Hinterher habe
ich ein Schlauchboot für Jörg genäht. Ich hatte von Vater einen langen,
schmalen Streifen festen Zeltstoff, wie wir ihn bei unserem Wassersack haben.
Da hab ich zwei Streifen aneinander gesetzt, zusammen genäht und den sich
dadurch ergebenden Schlauch mit der Baumwolle von Dir gefüllt. Dann habe ich
die zwei Enden aneinander gesetzt, von Zeltstoff einen Boden drunter genäht und
so ist ein richtiges Schlauchboot entstanden. Für die 4 Paddel, die sich Jörg
geschnitzt hatte, habe ich 4 Schlaufen angenäht, sodass sie eingehängt werden
können. Ich hatte es Jörg schon seit einigen Tagen versprochen, dass ich es ihm
nähen wollte, bin aber bisher noch nicht dazu gekommen. Heute, als er aus der
Schule kam, war seine Freude groß. Er hat das Boot schon mit Soldaten gefüllt.
Das Boot ist 18cm lang und 12cm breit. Dann hab ich noch was geschafft. Du
weißt doch, dass bei den Stühlen in der Stube der Bezugsstoff kaputt war. Ich
hatte nun noch ein Stück dunkelblauen Stoff da. Ich habe nun den alten Stoff
runter gemacht und die Stühle einstweilen mit dem blauen Stoff bezogen. Es
sieht nicht schlecht aus und während des Krieges tut er seinen Dienst. Nach dem
Kriege können wir ja wieder anderen kaufen. Besser sieht es auf jeden Fall aus,
als wenn etwas kaputt ist.
Vorhin erhielt
ich Dein Päckchen Nr.12. Ich habe nun alle bis 15. Im Päckchen war Honig. Ich
danke Dir sehr dafür. Gleichzeitig habe ich nun auch 3 Milchflaschen. Die kann
man für mancherlei Sachen gebrauchen. Ein Brief ist leider nicht angekommen,
auch nicht der Luftpostbrief. glaubst gar nicht, wie froh ich bin, dass ich den
Brief vom 10.2. so außer der Reihe schon bekommen habe. So weiß ich doch
wenigstens, dass Du nicht mehr in C. bist. Ohne den Brief würde ich mir noch
mehr Sorge machen. Hattest Du diesen Brief jemand mitgegeben? Von der Feldpost
stand gar kein Stempel drauf, nur eine andere Feldpostnummer. Jedenfalls freue
ich mich sehr, dass ich ihn erhalten habe.
Heute erhielt
ich von Papa eine Karte. Dass er doch die Briefe nie richtig liest. Ich habe
ihm geschrieben, er möchte sich bei den Gräbern erkundigen, wie oft man sie
erneuern lassen kann. Zum letzten Mal seien sie 1935 bzw. 1937 erneuert worden.
Jetzt schreibt Papa, er habe sich auf dem Friedhof erkundigt.ie Gräber ständen
normalerweise 15 Jahre, wenn sie nicht verlängert würden. Das habe ich doch
schon selber gewußt. Jetzt soll ich mich erkundigen, wann sie zum letzten Mal
verlängert worden sind. Dann schreibt er, das Hügeln und Bepflanzen würde 14
Mk. pro Grab kosten, und wegen der Grabsteine ginge er am Sonnabend zum
Bildhauer und gäbe mir dann sofort Bescheid. Am besten sei es, wir würden ihm die beiden Grabscheine
schicken. damit er alles erledigen kann. Nun fahre ich gleich heute Abend noch
zu Vater runter.
Wir haben heute
richtiges Frühlingswetter. Klarer blauer Himmel und schon ganz schön warme
Sonne. Das ist direkt wohltuend. Viel schöner, als wenn es so trüb ist. Die
Kinder gehen am Nachmittag zum Turnen. Ich will noch zuhause schaffen, damit
ich wieder alles aufarbeite und am Montag wieder mit allem fertig bin. Dann kann ich wieder ruhig nähen gehen.
Nun lass mich
schließen. Wir wollen jetzt essen. Da will ich dir gleich mal den Speisezettel
mitschreiben. Am Montag hatten wir Kartoffeln, Rosenkohl, Soße. Vom Dienstag
weiß ich es nicht mehr. Am Mittwoch hatten wir Kartoffeln mit Blut- und
Leberwurst, gestern hatten wir Bratkartoffeln, Hefeauflauf mit
Rhabarberkompott, heute gibt es Kartoffelstückchen. Abends haben wir ja jetzt
auch immer warmes Essen, manchmal Kartoffelbrei, Kartoffelpuffer, Bratkartoffeln,
Quarkkeulchen, Rahmkartoffeln, Suppe usw.
Doch nun muss
ich wirklich Schluss machen. Mein lieber Ernst, bleib recht gesund und sei
recht herzlich gegrüßt und geküsst von Deiner Annie.
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