Mein liebster Ernst ! Konstanz,
25.3.42
Dafür, dass ich gestern keinen Brief erhielt, bin ich heute
entschädigt worden. Ich bekam gleich zwei, vom 19. und 20., für die ich dir
vielmals danke. Bei dem letzteren hast du es ja so eilig gehabt, dass du den
letzten Satz nur zur Hälfte fertig schreiben konntest. Das macht aber nichts
aus, ich weiß doch, was du schreiben wolltest.
Es freut mich, dass du so bald den ersten Brief von uns
erhalten hast. Es sollte dir doch dort wieder ein Gruß von daheim sein. Wie du
gehofft hast, erhielt ich ja am Samstag deinen lieben Brief.
Ich bin gespannt, ob der Vorschaltwiderstand schon eher
ankommt, als die anderen Päckchen. Wir werden ja dann sehen, ob wir Glück mit
dem Apparat haben, dass er richtig geht. Freuen tun wir uns alle drei schon
darauf.
Wenn das Päckchen mit Butter wieder an Dich zurück gekommen
ist und du es erst am Dienstag fortschicken konntest, so ist das ja nicht so
schlimm. Ich werde sie eben auslassen. Zum essen langt mir ja unsere gut, aber
zum kochen und zum braten freut man sich an einem Zuschuß der Ration.
Der Salzmann ist aber plötzlich gestorben. Ich habe eben
nochmals in der Zeitung nachgesehen und fand beiliegende Todesanzeige. Das ist
er doch sicher. Ich hatte vorher nicht so darauf geachtet. Es geht manchmal
doch sehr schnell.
Du wirst ja sicher erstaunt gewesen sein, als du den Brief
erhieltst, in dem Siegfried mitgeschrieben hat. Der Besuch kam ja auch ganz
überraschend. Siegfried hatte gehofft, dich noch hier anzutreffen. Damit war es
ja leider nichts.
Am Samstag/Sonntag warst du also wahrscheinlich beim Tommy.
Da du nun bei deinem unvollendeten Satz wahrscheinlich hast schreiben wollen,
dass du nicht weißt, wie du da zum schreiben kommen wirst, werde ich mich auf
einige Tage warten einrichten. Ich weiß aber so wenigstens, woran ich bin.
Dein Briefmarkenalbum habe ich jetzt gut im Bücherschrank
versorgt. Es steht mit auf der untersten Reihe. Da verstaubt es auch nicht so.
Ist es so recht?
Heute geht mir die Arbeit wieder gut von der Hand und ich
bin schon ganz gut voran gekommen. Gestern war das nicht der Fall. Da hatte ich
die Nacht vorher dumm gelegen und gestern Morgen hatte ich einen steifen Hals
und wenn ich den Kopf drehen wollte, tat es sehr weh. Da hat man dann gar keine
Lust zum schaffen.
Für die gesandten Briefumschlage und Zeitungen möchte ich
dir auch noch danken. Es ist doch schön, wenn man nicht wegen jedem Umschlag
herumlaufen muß.
Es ist wieder ziemlich kühl geworden und Jörg hat doch
lieber lange Strümpfe angezogen, statt der Kniestrümpfe. Es hatte heute Morgen
starken Reif. Da konnte man sogar Handschuhe vertragen.
Nun laß mich schließen und sei recht oft und herzlich
gegrüßt und geküsst von Deiner Annie.
Lieber ernst, ich hätte dir so gerne ein kleines
Osterpäckchen geschickt. Das kann ich ja nun gar nicht, da ich nicht weiß, ob
du bis dahin überhaupt noch dort bist. Du wirst also dieses Jahr sicher gar
nichts bekommen. Das musst du mir nicht übel nehmen, denn ich kann ja nichts
dafür.
Denk dir, ich habe Helga gestern einmal ihre Sommerkleider
probieren lassen. Kein einziges passt mehr. Alle sind eine Handbreit zu kurz.
Das Mädel wächst doch wirklich sehr.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen