Sonntag, 26. März 2017

Brief 299 vom 25.3.1942


Mein liebster Ernst !                                                              Konstanz, 25.3.42       

Dafür, dass ich gestern keinen Brief erhielt, bin ich heute entschädigt worden. Ich bekam gleich zwei, vom 19. und 20., für die ich dir vielmals danke. Bei dem letzteren hast du es ja so eilig gehabt, dass du den letzten Satz nur zur Hälfte fertig schreiben konntest. Das macht aber nichts aus, ich weiß doch, was du schreiben wolltest.
Es freut mich, dass du so bald den ersten Brief von uns erhalten hast. Es sollte dir doch dort wieder ein Gruß von daheim sein. Wie du gehofft hast, erhielt ich ja am Samstag deinen lieben Brief.
Ich bin gespannt, ob der Vorschaltwiderstand schon eher ankommt, als die anderen Päckchen. Wir werden ja dann sehen, ob wir Glück mit dem Apparat haben, dass er richtig geht. Freuen tun wir uns alle drei schon darauf.
Wenn das Päckchen mit Butter wieder an Dich zurück gekommen ist und du es erst am Dienstag fortschicken konntest, so ist das ja nicht so schlimm. Ich werde sie eben auslassen. Zum essen langt mir ja unsere gut, aber zum kochen und zum braten freut man sich an einem Zuschuß der Ration.
Der Salzmann ist aber plötzlich gestorben. Ich habe eben nochmals in der Zeitung nachgesehen und fand beiliegende Todesanzeige. Das ist er doch sicher. Ich hatte vorher nicht so darauf geachtet. Es geht manchmal doch sehr schnell.
Du wirst ja sicher erstaunt gewesen sein, als du den Brief erhieltst, in dem Siegfried mitgeschrieben hat. Der Besuch kam ja auch ganz überraschend. Siegfried hatte gehofft, dich noch hier anzutreffen. Damit war es ja leider nichts.
Am Samstag/Sonntag warst du also wahrscheinlich beim Tommy. Da du nun bei deinem unvollendeten Satz wahrscheinlich hast schreiben wollen, dass du nicht weißt, wie du da zum schreiben kommen wirst, werde ich mich auf einige Tage warten einrichten. Ich weiß aber so wenigstens, woran ich bin.
Dein Briefmarkenalbum habe ich jetzt gut im Bücherschrank versorgt. Es steht mit auf der untersten Reihe. Da verstaubt es auch nicht so. Ist es so recht?
Heute geht mir die Arbeit wieder gut von der Hand und ich bin schon ganz gut voran gekommen. Gestern war das nicht der Fall. Da hatte ich die Nacht vorher dumm gelegen und gestern Morgen hatte ich einen steifen Hals und wenn ich den Kopf drehen wollte, tat es sehr weh. Da hat man dann gar keine Lust zum schaffen.
Für die gesandten Briefumschlage und Zeitungen möchte ich dir auch noch danken. Es ist doch schön, wenn man nicht wegen jedem Umschlag herumlaufen muß.
Es ist wieder ziemlich kühl geworden und Jörg hat doch lieber lange Strümpfe angezogen, statt der Kniestrümpfe. Es hatte heute Morgen starken Reif. Da konnte man sogar Handschuhe vertragen.
Nun laß mich schließen und sei recht oft und herzlich gegrüßt und geküsst von Deiner Annie.

Lieber ernst, ich hätte dir so gerne ein kleines Osterpäckchen geschickt. Das kann ich ja nun gar nicht, da ich nicht weiß, ob du bis dahin überhaupt noch dort bist. Du wirst also dieses Jahr sicher gar nichts bekommen. Das musst du mir nicht übel nehmen, denn ich kann ja nichts dafür.
Denk dir, ich habe Helga gestern einmal ihre Sommerkleider probieren lassen. Kein einziges passt mehr. Alle sind eine Handbreit zu kurz. Das Mädel wächst doch wirklich sehr.

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