Konstanz,
18.3.42
Mein liebster Ernst !
Nun ist gleich eine halbe Woche vorbei, seit Du von uns
weggefahren bist. Du fehlst uns, und besonders mir, sehr. Es dauert eben immer
eine ganze Zeit, bis man sich wieder daran gewöhnt hat, allein zu sein. Ich
habe mich wieder in die Arbeit gestürzt, damit die Tage schneller vergehen.
Gestern Abend bin ich schon um 9 Uhr in´s Bett gegangen,
denn ich war sehr müde. Aber heute Morgen war ich doch noch nicht
ausgeschlafen, genau wie Helga, die auch noch sehr verschlafen aus dem Bett
kam. Das zeitige Aufstehen ist man eben noch nicht gewöhnt. Fast den ganzen
Winter über konnten wir ja lange im Bett bleiben. Helga muss ja jetzt immer um
8 Uhr zur Schule, und bei Jörg gilt seit gestern der Stundenplan auch nicht mehr.
Heute musste er um 9:50 Uhr und morgen um 8:50 Uhr in die Schule.
Du wolltest noch Samen besorgen. Ich habe nun nachgesehen,
was ich noch da habe und was ich bisher bekommen konnte:
Vom vorigen Jahr habe ich 2
Weißkraut, da bräuchte ich noch 2-3 Packungen
1
Wirsing 3
1
Rotkraut 3
Erhalten konnte ich bisher 4
Spinat keinen
mehr
2
lange Gurken
2
kurze Gurken
Ich bräuchte noch Kohlrabi 2-3 Packungen
Möhren
(2 verschiedene Sorten) 3-4
Erbsen (2 verschiedene Sorten) 2-3
Grünkohl 2-3
und vor allem Zwiebelsamen. Auch Rosenkohl könnte ich noch
gebrauchen. Das wäre soweit alles. Den Samen von Spinat und Gurken konnte ich
heute bei Webers bekommen. Ich habe alle Packungen, die ich brauche, reichlich
angegeben, denn vielmals muss man ja nachsäen, wenn einem die Vögel viel
wegfressen. Ich weiß nun nicht, ob du das alles besorgen kannst. Schreibst mir
deshalb bitte, damit ich mich evtl. noch beim Gaugel umsehe. Bei Wirsing und
Erbsen hätte ich gern frühe und späte.
Heute erhielt ich Bescheid vom Dr. Nast, dass ich zu der
Untersuchung von der Krankenkasse aus am Samstag mit Jörg hinkommen soll, und
zwar um 10 Uhr. Da muss ich sehen, dass Jörg frei bekommt von der Schule.
Unsere Stare lassen sich jetzt den ganzen Nachmittag nicht
auf dem Baum blicken. Nur jeden Morgen sitzt eine ganze Versammlung vor dem
Häuschen und macht einen ziemlichen Krach. Es sieht aus, als sollte es doch
Frühling werden. Heute ist es wieder mal ziemlich warm und die Sonne scheint.
Auch weht ein warmer Wind. Frau Leimenstoll meinte, man könnte schon mit der
Gartenarbeit beginnen, aber ich glaube, es wird noch mancher kalte Tag kommen.
Vor Anfang April, wie wir´s besprochen haben, fange ich nicht an.
Nun laß mich schließen, mein lieber Ernst,und sei herzlich
gegrüßt und geküsst von Deiner Annie.
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