Mein lieber, lieber
Ernst! Konstanz,
27.8.40.
Heute habe ich mal
wieder fest im Garten geschafft. Ich glaube, das muß Du geahnt haben, oder
eigentlich die Post, denn ich habe zur Belohnung von Dir vier, ja, Du liest
schon richtig, 4 Briefe erhalten. Vom 19., 21., 22. und 23. Den vom 20. habe ich ja gestern bekommen.
War das eine Freude. Nun will ich sie Dir einmal nach und nach
beantworten.
Also, durch Deine
Anforderung von 20, hast Du mich nicht überansprucht. Das wirst Du ja aus den
vorhergehenden Briefen ersehen haben. Da brauchst du Dir also keine Gedanken zu
machen.
Daß Du Dich über die
Postkarten gefreut hast, ist mir sehr recht. Habe ich Dir doch damit eine
kleine Freude machen können. Wir sehen das hier doch als selbstverständlich an,
daß alles sauber und ordentlich ist und können es uns gar nicht anders
vorstellen.
Wenn man den
Engländern nichts Gutes wünscht, ist das wahrhaftig kein verblendeter Haß. Das
haben die Engländer schon 100 mal verdient, daß sie mal richtig geduckt werden,
denn durch sie ist ja eigentlich der Krieg nur gekommen und auch bei allen
anderen Sachen haben sie ihre schmutzigen Finger dazwischen.
Wie ich Dir gestern
schon schrieb, ist die Bluse angekommen. Daß ein Knopf fehlt ist nicht schlimm.
Ich werde mir einen passenden dazu besorgen. Das ist das wenigste.
Na, Ihr macht ja
schöne Sachen. Jetzt explodiert sogar der Badeofen. Nur gut, daß Dir nichts
dabei passiert ist. Schön ist es ja, daß Du nun einen Radioapparat hast. Man
hat doch dadurch immer Verbindung mit der Heimat. Ja, morgen ist nun schon der 16. Mittwoch seit Du fort bist. Wie
doch die Wochen und Monate vergehen.
Wenn ich hier immer
die vielen Urlauber sehe, meine ich immer, Du müßtest auch einmal dabei sein.
Na, wir wollen Geduld haben und es uns nicht unnötig schwer machen. Wir tun
inzwischen beide unsere Pflicht. Wie groß wird die Freude sein, wenn wir uns
wiedersehen.
Nun zu dem Brief von
meinen Eltern. Ja, es ist so, man könnte auch sagen „zwei Welten“. Ich bin
meinen Eltern ganz entfremdet, so leid es mir tut, daß ich das sagen muß. Gerade wegen dem Kaffee. Als Siegfried hier
war, sagte ich mal so im Gespräch, daß es mir leid tue, daß ich nichts mehr
schicken kann, aber ich brauchte meine Sachen jetzt selbst. Weißt Du, was er da
sagte?
„Mach bloß keinen
Blödsinn und schicke was. Die Eltern können sich wirklich nicht beklagen. Ich
habe ihnen von meinen Fahrten Kaffee, Kakao, Lebensmittel, Seife, ja sogar
Speck und Fleisch mitgebracht. Die Eltern haben mehr als manche anderen.“ Was sagst Du nun?
I c h schicke keinen Kaffee. Ich habe Vater einen
ganzen Teil gegeben, der verdient es, denn er ist immer sehr gut und wir kommen
gut zusammen aus. Er hat auch die Kinder sehr gern. Und im Übrigen kann ich mir
auch mal was zugute tun.
Lieber Ernst. es ist
eben doch so, daß wir zwei uns nur verstehen. Wenn Du jetzt auch fort bist, das
macht dabei gar nichts. Wie ich schon schrieb, ich bin so froh, daß ich Deine
Frau bin und nicht zu hause sein muß.
Helga schenke ich
den Stoff von Dir zum Geburtstag. Sie wird sich sicher sehr freuen. Ich muß Dir
leider gestehen, daß ich noch keinen Ständer für Dein Rad habe. Ich pumpe die
Reifen aber immer wieder auf und drehe auch die Räder, damit sie nicht immer
auf dem gleichen Stück stehen. Ich bitte Dich, lieber Ernst, sei mir nicht
böse, daß ich noch keinen Ständer besorgt habe. Ich pflege Dein Rad aber
bestimmt so, daß nichts daran kaputt geht.
Die Briefmarken, die
Du gern willst, werde ich besorgen lassen.
Meinen Irrtum, Ihr wäret mit Euren Arbeitsräumen umgezogen, habe ich ja
inzwischen berichtigt. Jetzt bin ich schon richtig im Bilde. Weiß Du, manchmal
ist man ein bißchen schwer von Begriff.
Von Herbst, wie es
vorige Woche war, ist augenblicklich nichts mehr zu spüren, wenn man von den
Morgennebeln absieht. Bei meiner Arbeit im Garten bin ich heute ganz rot
verbrannt im Gesicht. Ich habe im kleinen Garten an der Seite bei den
Stachelbeerbäumen die Erdbeeren raus gemacht, habe umgegraben. Im großen Garten
habe ich umgegraben, wo die Zwiebeln standen. Dann habe ich die unteren
Kartoffeln raus gemacht. Sie liegen noch drüben zum Abtrocknen. Ich weiß also noch nicht, wie viele es sind.
Dann habe ich noch
das ganze Kraut gehackt und die welken Blätter entfernt. Morgen werde ich das
Kartoffelfeld umgraben und Erdbeeren setzen. Hoffentlich ist wieder schönes
Wetter.
Heute Abend werde
ich auch wieder Brombeeren abmachen.
Jetzt habe ich Dir
wieder einen kleinen Einblick in die Gartenarbeit gegeben, damit Du nicht, wie
Du im Brief vom 20.8. schreibst, „ganz und gar versimpelst“, was ich mir
übrigens bei Dir gar nicht gut vorstellen kann.
Es freut mich, daß
Herr Gloger Dir wieder geschrieben hat. Ich dachte schon, der Briefwechsel wäre
aus. Es war schön, daß Du an Frau Diez
geschrieben hast. Inzwischen ist ja Herr Diez nun gestorben. 8o Jahre ist ja
immerhin ein schönes Alter. Nun lieber Ernst, will ich schließen, denn ich will
den Brief noch wegschaffen und es ist bereits ¾ 5 Uhr. Ich schicke Dir heute
die achten und damit letzten 5,-Mk.
Hoffentlich erhältst Du alles richtig.
Sei nun für heute herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Annie.
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