Mein lieber Ernst! Konstanz,
2. August 40
Nachdem ich erst drei Tage auf
Post habe warten müssen, was ja nicht an Dir, sondern an der Post lag, werde
ich nun gestern und heute direkt verwöhnt. Gestern kam Dein langer Brief und
heute habe ich gleich zwei erhalten, vom 25. und 26. Juli. Ich danke Dir recht
herzlich dafür.
Es ist ja schön, daß bei Euch für
Unterhaltung gesorgt wird. Da Du ja schon immer für Opern und dergleichen begeistert
warst, ist da ja das Richtige für Dich.
Du schreibst, daß Du einen
Schweizer mit ins Kino genommen hast und daß Du auch für unsere Sache
aufklärend wirkst. Das haben gerade auch die Schweizer besonders nötig. Ich
schicke Dir in den nächsten Tagen gerade darüber einen interessanten Artikel
mit. Augenblicklich hat Vater die Zeitung noch unten.
Aus Deinem Brief entnehme ich,
daß Du Dich darüber freust, daß ich mir ein Kostüm gekauft habe. Ich lasse mich
schon einmal darin photografieren, das ist nur ein bißchen mit Schwierigkeiten
verbunden, da ich nicht gleich jemand dazu habe. Aber einmal wird es
bestimmt.
Für die Bilder von Köln danke ich
Dir noch recht sehr. Das war schon eine Überraschung. Die Filme dazu habe ich
nicht erhalten.
Inzwischen habe ich ja nun alle sechs
Päckchen erhalten, wie ich Dir schon geschrieben habe. Es hat mir alles so gut gefallen und es paßt
auch alles. Wegen Deines Urlaubs habe
ich mich jetzt ein bißchen abgefunden, nur habe ich manchmal sehr großes
Heimweh nach Dir. Auch Helga hat erst Vorgestern geweint, weil Du fort bist.
Sie hat Dich sehr gern. Jörg auch, aber Du weißt ja, er ist ein kleiner
Rauhbauz.
Ich muß mir immer wieder
vorstellen, daß wir uns bestimmt wiedersehen und muß an Deine Liebe zu uns
denken, damit das Heimweh nach Dir nicht zu übermächtig wird. Du glaubst ja gar
nicht, wie sehr ich mich immer über Deine lieben Briefe freue. Erst durch Deine
lieben Grüße wird ein Tag froh und hell.
Heute habe ich den
Geburtstagstisch für Jörg aufgebaut und die Stube abgeschlossen. Jetzt ist die
Freude groß. Jeden Tag guckt er am Kalender, wie oft er noch schlafen muß. Vor
allen Dingen hat er sich auch viele Blumen gewünscht.
Heute ist wieder ein sonniger
Tag, nur ist es wieder sehr windig. Da haben wir schon wieder 2 Pfund Äpfel
auflesen können. Ich habe gestern Abend
an die Eltern, Siegfried und Kurt geschrieben. die Durchschläge lege ich bei.
Nachdem ich gestern Deinen langen Brief erhalten hatte, war ich so voll Freude,
daß ich richtig Lust zum schreiben bekam. Da siehst Du erst mal, was Deine
Briefe alles bewirken. Sie verschönen mir auch alle Tage.
An Kurt habe ich auch wegen der
Briefmarken geschrieben. Meinst Du, er
wird sehr zornig sein wegen der 6,-Mark. Ich habe auch nicht gewußt, wie ich es
recht mache. Übrigens sind die
Briefbogen mit Deinem Namensaufdruck auch alle, unbedruckte sind noch da. Die
ich Dir geschickt habe, das sind die letzten. Mit den Durchschlägen, die ich
mitschicke, hast Du ja viel zu lesen. Drum will ich lieber schließen, sonst
wirst Du auch ärgerlich auf mich, daß Du dauernd lesen mußt. Sei also für heute herzlich gegrüßt und
geküßt von Deiner Annie.
Mein lieber Ernst! Konstanz, 3.August 1940
Heute, am Samstag, habe ich
gleich früh gebacken und zwar Kleingebäck zum Geburtstag. Einen Quarkkuchen
backe ich später noch. Davon können wir Dir ja leider nichts schicken, aber von
dem Gebäck sollst Du doch ein bißchen bekommen, wenn Du auch weit fort bist. Du
sollst doch auch am Geburtstag ein bißchen teilhaben. Laß Dir das wenige bitte gut schmecken.
Ich schreibe diesen Brief gleich
heute früh, da ich jetzt in die Stadt fahre. Heute Nachmittag möchten wir
baden, da kann ich schlecht noch einmal fortfahren. Denk Dir, was für eine großartige Mahlzeit sich Jörg zu seinem
Geburtstag gewünscht hat. Milchreis. Das kann man ihm doch schon erfüllen.
Ich habe Dir einen
Zeitungsausschnitt über eine Sondermarke beigelegt. Ich soll sie doch sicher
nehmen. Von Kurt werde ich noch den Bescheid abwarten.
Ich habe Resi jetzt mal in der
Stadt getroffen und habe gefragt, wie es ihrem Mann im Elsaß bezw. in Colmar
gefällt. Sie war ziemlich verdutzt und fragte, woher ich das weiß. Es gefiele
ihm ganz gut.
Lieber Ernst! Sei mir bitte nicht
böse, wenn der Brief heute sehr kurz ist. Ich habe heute so viel zu tun und muß
mich beeilen, sonst ist es gleich Mittag und die Läden werden geschlossen.
Morgen schreibe ich wieder einen längeren Brief. Jörg hat Margret wieder eingeladen. Sie hat schon ganz stolz
erklärt, daß sie ihm auch was bringt. Mein lieber, lieber Ernst, sein nun recht
herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Annie.
Mein lieber Ernst! Konstanz, 4.Aug.1940
Gestern Mittag gegen ½ 1 Uhr klingelt es und als ich aufmache,
steht Siegfried draußen. Ich habe mich sehr gefreut. Er hat sechs Tage Urlaub.
Wir wollen heute Nachmittag ein bißchen spazieren gehen und heute Abend ins
Kino. Vater bleibt bei den Kindern. Wahrscheinlich gehen wir auch einmal baden.
Am Mittwochnachmittag muß Siegfried wieder fortfahren. Was sagst Du zu der
Überraschung? Siegfried hat mich heute auch in dem Kostüm photografiert. Es ist
mit dem photografieren also schneller gegangen als ich gedacht habe.
Jörg hat sich heute früh sehr
gefreut. Er sitzt jetzt die ganze Zeit bei seinen Geburtstagssachen. Von Frau
Dietz ist ein hellblaues Polohemd für Jörg gekommen. Sie schreibt dazu, daß ihr
Mann eine Lungenentzündung hat und am 1. August ins Göppinger Krankenhaus
gekommen ist. Sie schreibt, es will ihr scheinen, als ob sie ihren Mann nicht
mehr nach hause bringen dürfte, da er so schwach und elend sei. Ihr Sohn
Gerhard ist auch verheiratet und Vater einer kleinen Ursel. Wenn ich den Brief
beantwortet habe, schicke ich ihn Dir mit. Sie fragt auch nach Dir, ob Du bei
den Soldaten bist. Vielleicht kannst Du ihr mal schreiben. Adresse ist: J.A. Diez, Boll-Ort über Göppingen,
Badstr. 295.
Von Frau Nußbaumer hat Jörg einen
schönen Blumenstrauß bekommen, über den er sich auch sehr gefreut hat. Vor Dir habe ich gestern und heute wieder
keinen Brief erhalten. Vielleicht kommen dann wieder gleich ein paar
zusammen. Seit ein paar Tagen haben wir
sonniges Wetter, so daß es Siegfried gerade gut getroffen hat. Du hattest mir doch gesagt, ich sollte die
zwei letzten Reihen Bohnen auf ihr Wachstum besonders beobachten. Ich habe nun
festgestellt, daß sie schon jetzt ziemlich gut tragen, während die vier Reihen
in der Mitte erst blühen, trotzdem wir sie zur gleichen Zeit gestupft haben.
Nächste Woche sterilisiere ich wieder welche.
Lieber Ernst! Ich wollte Dir
eigentlich einen langen Brief schreiben. Damit ist es nun nichts, denn ich habe
noch zu tun, weil wir ziemlich zeitig fort wollen. Du wirst es mir bitte nicht
übel nehmen. Sei recht herzlich gegrüßt
und geküßt von Deiner Annie.
Lieber Ernst! Ich bin nun nach hier gekommen und habe mich gefreut, daß
es doch nun mal geklappt hat. Wenn es auch nicht lange dauert, so bin ich doch
froh, daß es mir überhaupt möglich war. Fahrgeld habe ich nicht zu zahlen
brauchen und da ist es schon leichter, hierher zu kommen. Über die beiden
Wildlinge habe ich mich sehr gefreut und könnte mich nur den ganzen Tag mit
ihnen abgeben. Wie lange willst Du denn in Lille bleiben? Du hast es Dir wohl
vorgenommen, in Lille noch Stadtkommandant zu werden? Also lieber Ernst, laß es
Dir gut gehen und sei herzlich gegrüßt von Deinem Schwager Siegfried.
Sende zum Schluß noch Herzliche Grüße Dein Vater!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen