Mein lieber
Ernst! Konstanz,
9.8.40
Vorhin kam Dein
lieber Brief vom 2.8. Ich habe mich wieder sehr darüber gefreut. Ich habe mit
Freude daraus gelesen, daß Du glaubst, daß es Dir später schon wieder bei uns
gefallen wird. Ich bin so froh darüber.
Weiß Du, lieber
Ernst, ich habe eben manchmal großes Heimweh nach Dir.
Heute muß ich noch
ins Zollamt. Da kommt der Koffer von Kurt zurück. Ich weiß gar nicht, warum das
diesmal über die Zollstelle geht.
Gestern Abend habe
ich noch im Garten über 10 Pfund Bohnen
abgemacht. Die will ich heute noch sterilisieren. Darum wird auch der Brief ein
bißchen kürzer, denn der Tag geht bei
dieser Arbeit so schnell herum. Ich
habe auch an der Längsseite die Erdbeeren herausgenommen und den Boden soweit
es ging, umgegraben. Morgen werde ich wahrscheinlich nochmals 10 Gläser
sterilisieren, denn sonst werden die Bohnen zu groß und sind nicht mehr so
zart.
Ich schicke heute
wieder ein paar Zeitungen mit. Morgen folgen weitere. Das wollte ich auch noch fragen. Wenn ich die neuen Erdbeeren
setze, muß ich da vorher irgendwelchen Dünger in den Boden tun?
Lieber Ernst! Es ist
zwar heute nur ein kurzer Gruß, den Du bekommst, aber ganz ohne einen solchen
sollst Du doch nicht bleiben. Sei recht
herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Annie.
Mein lieber Ernst! Konstanz. 10.Aug. 1940
Schon wieder ist eine Woche vorbei. Siegfried
ist nun auch schon wieder ½ Woche fort.
Heute habe ich einen
Pflaumenkuchen gebacken. Den ißt Du
doch auch gern, nicht wahr? Schade, daß ich Dir davon nichts hinschicken
kann. Nachdem heute früh ganz schönes
Wetter war, gießt es jetzt, was vom Himmel runter will. Ich muß aber trotzdem
noch in die Stadt zum Einkaufen. Vormittags habe ich wieder fünf Gläser Bohnen
sterilisiert und außerdem habe ich gebacken. Da kannst Du Dir denken, was für
eine Hitze in der Küche war. Es ist gut, daß morgen Sonntag ist. Ich hatte die
letzten Tage ziemlich zu tun, außerdem bin ich, als Siegfried da war, immer so
spät ins Bett gekommen, denn wir waren am Sonntag und Dienstag im Kino und am
Montag war Vater bis 1 Uhr da. Da muß ich mich erst wieder mal ein bißchen
ausruhen.
Wir haben bis jetzt
28 Pfund Falläpfel aufgelesen und zu Apfelmus verarbeitet. Das essen wir jeden
Tag zum Frühstück auf‘s Brot. Da können wir schon Marmelade sparen, denn soviel
haben wir dieses Jahr doch nicht. Von den Stangenbohnen habe ich bis jetzt 27 ½
Pfund abgemacht. Die zwei unteren Reihen Bohnen, auf die ich besonders achten
soll, sind schöne fadenlose Bohnen. Sie tragen auch gut. Gestern habe ich den einen Ast vom
Apfelbaum, der über die Brombeeren hängt, abgestützt, denn er drückt direkt die
Brombeeren zusammen. Er ist so schwer, daß er ganz runter hängt.
Ein Brief ist heute
von Dir nicht gekommen. Ich glaube, der Briefträger ist auch heute Nachmittag
schon vorbei. Der gesammelte
Lindenblütentee hat 3 ½ Dosen voll ergeben. Da haben wir doch wieder ein
bißchen was. Über meine Holzschuhe
freue ich mich immer noch, denn sie sehen schön aus und passen zu den hellen
Kleidern gut. Ich freue mich schon
sehr, wenn Du einmal Urlaub erhältst. Wenn ich Dich schon überhaupt sehen kann,
Dein liebes Gesicht und Dein liebes Lächeln.
Lieber, lieber
Ernst! Sei für heute recht herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner, immer an dich
denkenden, Annie.
Mein lieber Ernst! Konstanz, 11.August 40.
Was sagst Du dazu?
Heute habe ich nicht einmal einen Brief an Dich abgeschickt, trotzdem es
eigentlich besonders nötig war. Ich bin nämlich heute sehr verwöhnt worden, ich
habe Deinen lieben Brief vom 4.August erhalten und außerdem Dein Päckchen
bekommen.
Du wirst mir aber
sicher nicht böse sein, wenn ich Dir schreibe, daß ich deshalb nicht zu einem
Brief für Dich gekommen bin, weil wir baden waren. Ich komme sonst immer nicht
dazu und heute war mal ein bißchen schönes Wetter. Ich bin wieder ein schönes
Stück geschwommen, wenn auch nicht so weit wie mit Dir. Es hat mir gut
gefallen. Warm ist das Wasser aber nicht besonders.
Nun habe ich also
heute Dein Päckchen erhalten. Das war eine Überraschung. So schön hatte ich mir
das Nachthemd nicht vorgestellt. Die Form ist sehr schön und auch der Tricot
ist sehr fest. Ich habe es gleich mal probiert und ich muß feststellen, daß es
wie angegossen paßt. Auch das Hemdchen und die Strümpfe sind sehr schön. Das
mit den Socken für die Kinder hast Du fein gemacht. Sie hatten nämlich gar
keine mehr. Sie haben eine große Freude darüber gehabt und haben sie gleich
heute angezogen. Sie passen richtig. Kleiner dürften sie nicht sein, es ist
gerade die richtige Größe. Wir danken
Dir alle Drei für Deine schönen Geschenke und für Deine Liebe, mit der Du alles
besorgt hast. Du hast uns eine große Freude gemacht.
Nun möchte ich
Deinen lieben Brief vom 4.8. beantworten. Inzwischen weißt Du ja, daß Siegfried
am Geburtstag von Jörg da war. Ich glaube Dir gern, daß Du an diesem Tag
besonders an uns gedacht hast. Wir waren an den Geburtstagen ja sonst immer
zusammen. Dieses Jahr ist es zum ersten Mal anders. Vielleicht können wir
nächstes Jahr an den Geburtstagen zusammen sein. Meinen Geburtstag feiere ich
dieses Jahr mit Helga zusammen, denn wenn Du nicht da bist, habe ich doch nicht
viel davon, es machte mich höchstens wehmütig. Und das wollen wir doch nicht.
Lieber Ernst! Wenn
ich weiß, Du behältst uns die ganze Zeit, wenn es auch noch so lange dauert,
lieb und vergißt auch mich nicht, so will ich gern die lange Trennung freudig
ertragen, ich habe dann doch die Hoffnung, daß wir wieder, wie früher, schön
miteinander leben können. Ich habe Dich ja so lieb und wie lieb Dich die Kinder
haben, wirst Du ja aus Helgas Brief und dem Päckchen von Jörg ersehen haben. Wenn
Du auch nicht da bist, so hat er Dich doch auch am Geburtstag nicht
vergessen.
Wenn du nichts
dagegen hast, werde ich von dem Bohnenkaffee, den Du schicken willst, Vater
etwas abgeben. Der freut sich sicher auch darüber.
Die Äpfel auf dem
Baum sind schon schön groß und es hängen viel drauf. Es wird wahrscheinlich
eine schöne Ernte geben. Wenn sie nicht madig sind, werde ich sie einlagern.
Ich habe heute wieder drei Pfund Falläpfel aufgelesen. Zwei Pfund Brombeeren
koche ich morgen auch wieder zu Marmelade ein.
Mit dem Beutewein war das so gemeint.
Ich habe Dir, leider erst nachträglich, ein Bild mitgeschickt, darauf war
ein Zug mit Wein abgebildet, den wir erbeutet haben. Nun hatte ich gefragt, ob
das Euer Beutewein ist, den Ihr bekommt.
Mit dem Wetter ist
das dieses Jahr so eine Sache. Wir haben auch nicht so viele regenfreie Tage.
Die letzten Tage ging es ja, da war es ziemlich sonnig.
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