Mein lieber
Mann! Konstanz, 24.8.40
Heute früh habe ich
keinen Brief von Dir bekommen. Na, ich kann mich ja diese Woche nicht beklagen.
Ich bin ja mit Post nicht zu kurz gekommen.
Es will bei uns
einfach nicht mehr sommerlich werden. Die Sonne scheint ja ein wenig, aber
daneben stehen drohende, schwarze Wolken.
Ein bißchen habe ich
gestern im Garten geschafft, aber augenblicklich ist nicht so viel zu tun. Die
Bohnen werden langsam welk, die Gurken wachsen noch, die Tomaten werden nach und
nach rot. Der Platz, wo ich die Erdbeeren hinsetzen will, ist also noch nicht
frei. Ganz unten hin, wo jetzt Kartoffeln sind, kann ich die Erdbeeren wohl
nicht setzen? Die Kartoffeln könnte ich schon eher raus machen, da hätten die
Erdbeeren noch Zeit zum anwachsen. Heute Abend kann ich auch wieder Brombeeren
abnehmen. Am Montag, wenn ich Zucker habe, koch ich mal wieder Marmelade.
Ich habe jetzt ein
paar Nächte so schön von Dir geträumt. Als früh der Wecker klingelte, habe ich
gar nicht die Augen aufgemacht, sondern im Gegenteil, ich habe sie ganz fest
zugemacht, damit ich weiter von Dir geträumt habe. Es ist mir auch jedes Mal gelungen. Ich habe dadurch ja ein paar
Stunden verschlafen, aber ich habe Dich dafür auch länger gesehen.
Wenn ich nachher in
die Stadt fahre, will ich noch etwas für Helga‘s Geburtstag besorgen. Sie hat
sich eine Puppenbadewanne gewünscht. Die ist ja nicht teuer, vielleicht kaufe
ich noch eine Kleinigkeit dazu.
Jetzt hat Helga ja
nur noch eine Woche Ferien. Sie ist gar nicht so begeistert, daß sie wieder in
die Schule muß, vor allen Dingen wäre es ihr recht gewesen, wenn sie an ihrem
Geburtstag noch Ferien gehabt hätte. Helga ist ja sonst nicht faul, sie wird
sich also bald wieder eingewöhnt haben.
Ich habe heute
wieder einen Quarkkuchen gebacken, aber nicht in der Springform, sondern auf
dem großen Blech. Eigentlich wollte ich ja einen Pflaumenkuchen backen, aber da
brauche ich Zucker zum Draufstreuen, den ich nicht habe.
Nun will ich
schließen. Hoffentlich hast Du meine Briefe mit dem Geld bisher richtig
bekommen. Das sind heute die fünften 5,-Mk.
Denke immer an mich, lieber Ernst, und behalte mich lieb.
Sei recht herzlich
gegrüßt und geküßt von Deiner Annie.
Lieber Ernst! Konstanz, 25. Aug.40.
Schon wieder ist ein
Sonntag da und sogar ein ganz sonniger. Leider ist es aber nichts mit dem
baden, denn die ganze Woche war es so kühl, das holt die Sonne heute nicht auf.
Aber wir gehen wieder in die Stadt und bringen den Brief fort, der Weg ist auch
sonnig, da können wir uns recht bescheinen lassen. Außerdem ist mir der Weg zum
Brief wegschaffen ein lieber Weg, denn Du bekommst doch dadurch wieder einen
Gruß von uns.
Ich habe gestern
wieder 15 Pfund Kartoffeln raus gemacht, ich weiß nicht, ob ich Dir‘s gestern
schon geschrieben habe, auch wegen den 15 Gurken zu Senfgurken. 2 Pfund
Brombeeren habe ich auch wieder holen können. Morgen sind wieder welche
reif.
Post habe ich heute
und gestern keine von Dir erhalten. Aber damit hatte ich schon gerechnet, denn
die letzten Wochen habe ich meist Samstag, Sonntag und Montag nichts erhalten
und dann kam wieder alles zusammen. Ich weiß ja aber, daß Du geschrieben hast
und an uns denkst, da bin ich schon froh.
Ich habe jetzt mal
in der Molkerei Engländer gesehen, die interniert sind. Es ist die Mannschaft
eines Schiffes. Sie haben gerade mit einem Gendarm eine große Kann Milch
geholt. Es sind alles junge Bürschchen. Einer kann davon Deutsch und die Frau
von der Molkerei hat mir gesagt, sie hätten schon geäußert, daß sie so froh
sind, hier zu sein, sonst wären sie vielleicht schon lange tot. Außerdem fehlte
es ihnen ja an nichts, sie hätten ja alles. Das glaube ich gern, daß sie nichts
zu klagen haben. Wenn es nur unsere Soldaten in Gefangenschaft auch so hätten.
Aber, ich glaube, da fehlt‘s viel.
Nun, lieber Ernst,
will ich schließen. Wir möchten den Sonnenschein noch ein bißchen ausnutzen.
Es ist bald 3
Uhr. Das beiliegenden Geld sind die
sechsten 5,-Mk. Ich grüße Dich nun
recht sehr.
Denke immer an uns
und nimm auch noch viele Küsse von Deiner Annie.
Mein lieber Ernst! Konstanz, 26.8.40.
Heute erhielt ich
Deinen lieben Brief vom 20.8. und das Päckchen vom gleichen Tage. Jetzt hast Du
mir also doch noch eine Bluse geschenkt, trotzdem Du nicht so viel Geld hast.
Du lieber, lieber Kerl. Sie gefällt mir sehr gut und sie paßt auch ganz
richtig. Die Strümpfe sind auch sehr schön. Ich danke Dir für alles recht sehr.
Ich werde alles auf meinen Geburtstagstisch legen.
Für den Kakao möchte
ich Dir auch noch danken. Den kann ich auch gut verwenden. Ja, das Bild von mir ist ganz gut geworden.
Das Bild von den Kindern kannst Du ruhig vernichten, denn darauf machen sie,
wie wir so sagen, ein saudummes Gesicht hin.
Im Garten habe ich
heute die Zwiebeln raus gemacht. Ich denke, daß es die richtige Zeit ist. Nächste Woche ist Zwiebelmarkt, da müssen
diese Leute also die Zwiebeln auch raus machen. Die Zwiebeln sind schön groß
geworden. Ich lege sie noch auf den Speicher zum Trocknen. Das ist doch richtig?
Die Äpfel werden
auch groß und die Zweige hängen so runter, daß man meint, sie brechen. Das bin
ich bei unserem Baum gar nicht gewöhnt.
Vorhin war ich bei
dem Fräulein von der Gehaltsverrechnung und habe mich nach allem erkundigt.
Also, Dein Gehalt beträgt, wenn Du da bist, etwas über M 253, also noch
Pfennige dazu. Ich bekomme M 240,11 brutto, anstatt wie erst 234,45. Die
Differenz ist Dein Zuschlag seit Juli, da Du doch Deinem Alter nach in eine
höhere Klasse gekommen bist.
Die 5,46
Zusatzversorgung ist eine Zusatzversicherung zur Angestelltenversicherung von
der Stadt aus. 2/3 zahlt die Stadt, 1/3 mußt Du zahlen. Solltest Du einmal von
der Stadt fort gehen, würdest Du evtl. alles oder 75% herausgezahlt bekommen.
Soviel ich weiß, war davon schon mal die Rede gewesen, als Du noch hier
warst. Wenn Ihr jetzt noch ein Radio
bekommt, habt Ihr ja wirklich alles, was Ihr braucht. Ein Radio ist aber
wirklich etwas, ohne das man gar nicht mehr auszukommen glaubt. Also nobel seid
Ihr auf jeden Fall, jetzt habt Ihr sogar eine Aufwartung.
Gestern Nachmittag haben wir uns noch in den
Stadtgarten gesetzt . Lange ging es
nicht, dann wurde es einem ganz kühl. Am Abend bin ich schon ½ 10 ins Bett
gegangen, weil ich einmal ausschlafen wollte. Die vorhergehenden Tage war Vater
da, da bin ich vor 11 Uhr nicht ins Bett gekommen.
Heute scheint auch
wieder die Sonne, da ist es schon wärmer als gestern. Wenn schönes Wetter ist,
fühl man sich doch gleich wohler.
Morgen will ich
anfangen, drüben im Garten die unteren Kartoffeln raus zu machen. Ich will das
Beet für die Erdbeeren herrichten. Hinterm Haus im Garten will ich Winterspinat
und Wintersalat säen. Im Buch steht, Ende August, Anfang September Aussaatzeit.
Wann muß ich die
Äpfel abnehmen? Braune Kerne haben sie schon.
Heute habe ich
gleich die wöchentliche Wäsche gewaschen, da habe ich die nächsten Tage für den
Garten Zeit. Ein Kaktus vorm Küchenfenster blüht jetzt, kleine rosa Blüten. Es
sieht sehr nett aus. Nun will ich
schließen. Beiliegend die siebenten 5,- MK.
Ich danke Dir auch noch vielmals für die schöne Bluse und die
Strümpfe.
Sei für heute recht
herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Annie.
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