Mittwoch, 12. August 2015

Brief 56 vom 29./30./31.8.1940


Mein lieber Ernst!                                                                29. August 

Heute komme ich spät zum schreiben. Es ist schon ¾ 5 Uhr.
Ich habe aber heute wieder im Garten geschafft. Und zwar habe ich die Erdbeeren gesetzt, angegossen, die sieben weiteren Reihen gegraben, so daß sie vollständig in Ordnung sind. Dann habe ich Spinat, Salat und Frühjahrszwiebeln gesät., Die Frühjahrszwiebeln sind zum Überwintern. Für heute habe ich mit der Arbeit Schluß gemacht. 
Ein Brief ist heute auch nicht gekommen. Aber das kommt eben daher, weil ich gleich vier an einem Tag bekommen habe, da werde ich mich wohl gedulden müssen.
Zwei Pfund Tomaten habe ich heute geerntet und 1 ½ Pfund Falläpfel. 
Von den Eltern kam heute eine Karte in der sie mitteilen, daß sie mir in den nächsten Tagen wieder Lesestoff schicken werden. Da schicke ich Dir also auch bald wieder Zeitungen. 
Nun weiß ich eigentlich nichts mehr zu schreiben. Ich bin auch ein bißchen müd vom schaffen.  Sei also für heute recht herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Annie. 
Ich habe noch eine Skizze vom Garten gemacht, damit Du weißt, wo alles steht. 


Mein lieber Mann!                                                                  Konstanz, 30.Aug.40.

Heute schreibe ich schon am Mittag, denn ich will für Vater die Gartenpacht heute bezahlen, da muß ich bis 3 Uhr in der Stadt sein.  Ein Brief von Dir ist auch heute nicht gekommen, wenigstens heute Vormittag nicht. Mal sehen, wann ich wieder etwas bekomme. 
Gestern habe ich mir für die Bluse von Dir einen Knopf gekauft. Ich habe einen ziemlich passenden bekommen, den ich nun ganz oben am Kragen hin nähe, nachdem ich den Knopf von oben an die freie Stelle genäht habe.  So fällt es gar nicht auf, daß es ein bißchen ein anderer ist. Ich habe die Bluse gestern Vater gezeigt. Ihm gefällt sie auch sehr gut. Ich soll Dir übrigens von ihm bestellen, Du solltest ihm nicht böse sein, daß er sich noch nicht für die Zigarren bedankt hat. Er wird es bald nachholen. Inzwischen läßt er Dir durch mich danken. 
Ich schicke Dir heute einen Artikel über den Mindelsee mit. Vielleicht interessiert er Dich. Kurt hat ihn auch gelesen, als er hier war, dann wollte Vater die Zeitung mitnehmen und er wollte es auch lesen, so ist es gekommen, daß ich Dir den Ausschnitt vom 17.Aug. erst heute schicke. 
Heute bin ich nicht in den Garten gegangen, sondern habe mal wieder oben gründlich sauber gemacht, denn es bleibt doch manches liegen, wenn man ein paar Tage hintereinander im Garten schafft. Nun habe ich das auch wieder erledigt. Jetzt geht es dann ans stopfen und flicken. Nächste Woche habe ich erst Wäsche und dann kommt wieder der Garten dran. So vergeht eine Woche nach der anderen. Man glaubt manchmal garnicht, daß schon der Sommer vorbei sein soll. Aber man merkt es schon wieder abends. Da muß ich schon ½ 9 Uhr Licht machen, und dabei haben wir noch die Sommerzeit und es ist eigentlich erst ½ 8 Uhr. Trüb ist es heute auch wieder.
Geht Ihr eigentlich auch in den Keller wenn Flieger kommen? Wenn es möglich ist, so gehe doch auch. Es sind in Berlin jetzt auch 10 Menschen tot, weil sie nicht in den Keller gegangen sind. Wir möchten Dich doch gern gesund wiedersehen. Ich möchte Dir natürlich keine Vorschriften machen, sondern es ist nur die Sorge um Dich, die mich das schreiben läßt. 
Wir haben dieses Jahr bis jetzt 12 Pfund Brombeeren geerntet. Das ist natürlich nichts gegen die Jahre vorher, aber ich freue mich doch über jedes Pfund. Ich weiß nicht, ob ich Dir schon geschrieben habe, wie viele Tomaten wir haben. Bis heute sind es 28 Pfund. Das ist doch auch ganz schön. Ich freue mich jedes Mal, wenn ich wieder was ernte. Daß ich mich aber auch vorm arbeiten nicht drücke, das weißt Du ja. 
Du, Ernst, weißt Du, was ich mit Deinem Rad gemacht habe? Ich habe etwas untergelegt und habe das Rad auf die Lenkstange und den Sattel gestellt, da wird der Gummi auch geschont. Soll ich da jetzt eigentlich die Luft in den Reifen lassen oder nicht?  Nun mache ich wieder Schluß, denn jetzt wird es Zeit, ich muß mich fertig machen. Sei recht, recht fest geküßt und gegrüßt, wenn auch nur im Geist, von Deiner Annie.


 Mein lieber Ernst!                                                     Konstanz, 31.Aug.1940

 Heute, am Vorabend unseres neunten Hochzeittages, sitze ich wieder hier allein und da kommt mir eigentlich so richtig zum Bewußtsein, daß ich Dir doch auch schon vorige Woche zu unserem Hochzeitstag hätte schreiben sollen. Ich hatte Dir morgen schreiben wollen und mir gar nicht überlegt, daß Du das ja auch erst in einer Woche erhältst. Nun kommt mir der Gedanke, daß Du mir vielleicht deshalb böse sein könntest und ich möchte Dich bitten, es nicht zu sein. Du weißt ja, und wirst es auch bisher gemerkt haben, daß ich immer an dich denke und daß ich Dich unsagbar lieb habe. Ich ärgere mich selbst darüber, daß ich nicht schon eher geschrieben habe und mache mir deshalb schwere Vorwürfe. Das war von mir wieder mal unvernünftig, daß ich Dir morgen erst wegen unseres Hochzeitstages schreiben wollte.
Siehst Du, da mußt Du Dein großes Lob, das Du mir in Deinem lieben Brief gemacht hast, schon ein bißchen zurückziehen, denn Du wirst Dich sicher geärgert haben, als Du keinen Brief erhieltst, in dem ich von unserem Hochzeitstag sprach.
Lieber Ernst! Ich möchte diese Unterlassungssünde gern bei Dir abbitten und kann es leider auch nur brieflich.  Lieber, lieber Ernst, sei mir bitte nicht böse, es ist nicht böse gemeint gewesen, daß ich nicht früher geschrieben habe, sondern es war nur unvernünftig von mir. Wenn ich nur jetzt sehen könnte, ob Du ein ganz böses Gesicht machst oder ob Du schon ein klein wenig lachst. Nichts ist mir so schrecklich, als wenn Du Dich über mich ärgerst. 
Lieber Ernst! Ich hatte heute 2 Päckchen mit Gebäck für Dich fertig gemacht. Jetzt waren aber beide zu schwer und ich habe sie wieder mit heim nehmen müssen. Nun kann man ab Montag Päckchen von 1 kg wegschicken und ich mache nun aus den 2 Päckchen eins und schicke es am Montag weg.  So habe ich wenigstens noch ein paar Stückchen dazu legen können, denn in die kleinen Päckchen ging sehr wenig rein. Laß Dir also bitte alles gut schmecken.  Nun gute Nacht, mein lieber Mann !

Brief 55 vom 28.8.1940


Mein lieber Ernst!                                                                      Konstanz, 28.8.40

 Heute ging kein Brief von Dir ein, was ich ja schließlich auch nicht verlangen kann, nachdem ich gestern gleich vier Stück erhalten habe. 
Geschafft habe ich heute wieder im Garten, wenn auch nicht ganz soviel, als ich eigentlich vor hatte. Immerhin habe ich das Stück, wo die Erdbeeren hinkommen sollen, umgegraben.  Morgen setze ich die Erdbeeren. Es regnet heute, d.h. eigentlich ist es Hochnebel und es rieselt so. Zur Not könnte ich also schon noch weiterschaffen, aber, nachdem es nicht so sehr eilt, habe ich für heute aufgehört. 
Es waren gestern ½ Ztr. Kartoffeln, die ich raus gemacht habe, schöne, ziemlich große. Ich habe sie in den Keller getan. Wir werden sie bald verdrückt haben. 2 Pfund Brombeeren habe ich gestern noch geerntet und 4 Pfund Falläpfel, früh 2 Pfund und nachmittags 2 Pfund. Heute hat es wieder 3 Pfund gegeben. Im Ganzen habe ich bis jetzt 70 Pfund Äpdel gehabt und dabei hängt der Baum noch dick voll. Ich esse fast jeden Tag eine ziemliche Schüssel Apfelmus, außer dem, was wir auf‘s Brot schmieren. Da brauche ich gar nicht so viel Obst zu kaufen, wenigstens für mich nicht. Helga ißt ja Apfelmus nicht so gern, sie ißt lieber Äpfel roh, was ja auch für ihre Zähne gut ist. Jörg ißt beides gern, da habe ich keine Sorge.
Heute Mittag haben wir die beliebten rohen Kartoffelpuffer gehabt. Jetzt wünschen die Kinder sich schon wieder Quarkkeulchen. Die muß ich also auch bald machen. Sultaninen gibt es ja jetzt auch wieder, da kann ich welche rein tun. 
Ich weiß nicht, ob‘s Dich interessiert. Der Verein Konstanzer Paddler ist aufgelöst, er tritt geschlossen in die Paddlerabteilung des Turnvereins über, der auch das Bootshaus übernimmt und herrichten läßt. Übrigens habe ich von den Paddlern in den letzten Tagen wieder jemand gesehen. Da war doch früher so ein langer Kerl dabei, er war, soviel ich weiß, aus München. Er war viel mit dem Geo und dem Haisch zusammen. Ich weiß nicht, ob Du Dich erinnern kannst. Sein Vater hatte eine Motorradfabrik oder sowas?  Jedenfalls grüßte er mich, als ich auf dem Rad vorbei fuhr. Er hatte seine Braut oder Frau bei sich. Er hat sich gar nicht viel verändert.  Ich habe gerade im Photoalbum nachgesehen. Der war ja mit auf unserer großen Fahrt nach Karlsruhe.  Jetzt weißt Du vielleicht schon, wen ich meine. Das war doch auch eine schöne Fahrt damals.
Überhaupt das ganze Paddelbootfahren war schön.
Den Butgereit habe ich jetzt auch mal gesehen. Das ist auch immer noch derselbe Lottel.  Das habe ich übrigens gestern noch vergessen. Vater werde ich ausrichten, daß er öfter mal schreiben soll. Er hat eben auch immer zu tun. Augenblicklich macht er Jagd auf Mottenmaden, von denen er bisher schon über zweihundert vernichtet hat, wie er mir sagte.  So, jetzt will ich mal wieder losfahren, damit ich zum Abendessen wieder da bin, wir essen immer zwischen 5 und ½ 6 Uhr.  Sei Du, lieber Ernst, für heute wieder recht herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Annie.


Lieber Ernst!                                                        Konstanz, 28.8.40. abends

Heute schreibe ich Dir nochmals, nachdem ich heute Nachmittag schon einen Brief weggeschafft habe. Es handelt sich nämlich um die Besorgung des Gesetzes über Wehrmachtsbeamte. Ich wollte erst nicht gern ins Geschäft, d.h. aufs Amt gehen und habe versucht, das Gesetz durch eine Buchhandlung zu bekommen. Das ging aber nicht, da diese auch das  Datum haben müssen, an dem das Gesetz herausgegeben wurde.  Ich bin da nun heute aufs Amt  gegangen. Herr Wolf hat Ferien, da bin ich zu Herrn Schilling gegangen. Ich habe ihm was von Kameraden erzählt, die das Gesetz brauchen, die aber keine Gelegenheit haben, es sich besorgen zu lassen und daß Du Dich dazu erboten hast. Er ist dann mit mir zu  Herrn Maier gegangen, da die Gesetze und die Nachweise dort liegen. Ich habe dann nachgesehen, habe aber nichts finden können. Dann kam Herr Schilling wieder runter und hat sich erkundigt, ob ich was gefunden habe. Er hat dann auf dem Wehramt angerufen und hat sich dort erkundigt. Die haben gesagt, daß es ein besonderes Gesetz für Wehrmachtsangehörige nicht gibt, sondern daß dafür das Deutsche Beamtengesetz vom 26.1.37 vom Verlag Ph. Reklam, Leipzig, maßgebend ist. Was soll ich nun machen? Ich weiß nicht, habe ich mich nun recht dumm angestellt?
Nachdem diese Angelegenheit erledigt war, haben mich Herr Maier und Schilling nach Dir gefragt. Dann hat Herr Maier angefangen vom Krieg zu erzählen.  Wie es im Weltkrieg war und wie es diesmal war. Demnach haben wir diesmal einen Spaziergang nach Frankreich gemacht. Von  Lille hat er auch erzählt. Daß dort ziemlich miese Bevölkerung wäre, weil es meist Grubenarbeiter seien, aber sonst die Franzosen wären sehr gastfreundlich, daß dort so viele Mädels krank wären. Schon im vorigen Krieg hätten sie die Mädels in den Städten zusammengezogen, damit recht viel Soldaten angesteckt würden. Sie hätten sie aber nur angesehen. Darauf habe ich gesagt, daß ich das nicht ganz glaube. Darauf sagte Herr Schilling: Tatsächlich, es ist so, in allem Ernst. Wir hatten zuviel Respekt davor, daß wir uns anstecken und krank machen. Das hätte sich nicht gelohnt. Dann sagte er noch zu Herrn Maier, er solle mir nicht solche Sachen erzählen, sonst bekäme ich Angst um Dich. Ich antwortete darauf, daß ich dazu zuviel Vertrauen zu Dir habe.  Ich habe mich dann aber gleich verabschiedet, denn Du weißt ja, für solche Gespräche bin ich nicht zu haben. Herr Maier hat  auch noch mal den Senf aufgewärmt von wegen, wie die Franzosen die badischen Regimenter gemocht haben und die preußischen nicht leiden konnten.
Also weißt Du, so Männer reden doch manchmal einen Stuß zusammen, wenn ich mir das jeden Tag anhören sollte, um Himmels willen.  Nun mal Schluß damit.
Da muß ich Dir auch noch was erzählen, über das ich hab lachen müssen. Vorhin sagt Jörg: Gell, wenn Helga wieder in die Schule muß, haben wir‘s wieder schön. Darauf fing Helga natürlich an zu heulen und ich habe sie trösten müssen. Dann fingen die Kinder an, sich verschiedenes zu erzählen, u.a.  auch davon, daß Helga mal länger in der Schule sein mußte und Jörg umsonst hingegangen war und allein heimgehen mußte. Eine Weile nachher fing Jörg auf einmal jämmerlich an zu heulen. Ich wußte gar nicht, was los war und fragte ihn darum. Was kam da raus. „Ich weine halt, weil ich soo alleine hab heimgehen müssen.“ Trotz der vielen Tränen, die geflossen waren, habe ich doch so lachen müssen. Jörg ist doch manchmal ein Kerl. Damals hat er nicht geheult, und jetzt, bald ½ Jahr später, gehts‘s los. So habe ich manchmal meine kleinen Erlebnisse mit den Kindern. 

Brief 54 vom 27.8.1940


Mein lieber, lieber Ernst!                                                     Konstanz, 27.8.40. 

Heute habe ich mal wieder fest im Garten geschafft. Ich glaube, das muß Du geahnt haben, oder eigentlich die Post, denn ich habe zur Belohnung von Dir vier, ja, Du liest schon richtig, 4 Briefe erhalten. Vom 19., 21., 22. und 23.  Den vom 20. habe ich ja gestern bekommen. War das eine Freude. Nun will ich sie Dir einmal nach und nach beantworten. 
Also, durch Deine Anforderung von 20, hast Du mich nicht überansprucht. Das wirst Du ja aus den vorhergehenden Briefen ersehen haben. Da brauchst du Dir also keine Gedanken zu machen. 
Daß Du Dich über die Postkarten gefreut hast, ist mir sehr recht. Habe ich Dir doch damit eine kleine Freude machen können. Wir sehen das hier doch als selbstverständlich an, daß alles sauber und ordentlich ist und können es uns gar nicht anders vorstellen. 
Wenn man den Engländern nichts Gutes wünscht, ist das wahrhaftig kein verblendeter Haß. Das haben die Engländer schon 100 mal verdient, daß sie mal richtig geduckt werden, denn durch sie ist ja eigentlich der Krieg nur gekommen und auch bei allen anderen Sachen haben sie ihre schmutzigen Finger dazwischen. 
Wie ich Dir gestern schon schrieb, ist die Bluse angekommen. Daß ein Knopf fehlt ist nicht schlimm. Ich werde mir einen passenden dazu besorgen. Das ist das wenigste. 
Na, Ihr macht ja schöne Sachen. Jetzt explodiert sogar der Badeofen. Nur gut, daß Dir nichts dabei passiert ist. Schön ist es ja, daß Du nun einen Radioapparat hast. Man hat doch dadurch immer Verbindung mit der Heimat.  Ja, morgen ist nun schon der 16. Mittwoch seit Du fort bist. Wie doch die Wochen und Monate vergehen.
Wenn ich hier immer die vielen Urlauber sehe, meine ich immer, Du müßtest auch einmal dabei sein. Na, wir wollen Geduld haben und es uns nicht unnötig schwer machen. Wir tun inzwischen beide unsere Pflicht. Wie groß wird die Freude sein, wenn wir uns wiedersehen. 
Nun zu dem Brief von meinen Eltern. Ja, es ist so, man könnte auch sagen „zwei Welten“. Ich bin meinen Eltern ganz entfremdet, so leid es mir tut, daß ich das sagen muß.  Gerade wegen dem Kaffee. Als Siegfried hier war, sagte ich mal so im Gespräch, daß es mir leid tue, daß ich nichts mehr schicken kann, aber ich brauchte meine Sachen jetzt selbst. Weißt Du, was er da sagte?
„Mach bloß keinen Blödsinn und schicke was. Die Eltern können sich wirklich nicht beklagen. Ich habe ihnen von meinen Fahrten Kaffee, Kakao, Lebensmittel, Seife, ja sogar Speck und Fleisch mitgebracht. Die Eltern haben mehr als manche anderen.“    Was sagst Du nun?
I c h  schicke keinen Kaffee. Ich habe Vater einen ganzen Teil gegeben, der verdient es, denn er ist immer sehr gut und wir kommen gut zusammen aus. Er hat auch die Kinder sehr gern. Und im Übrigen kann ich mir auch mal was zugute tun.
Lieber Ernst. es ist eben doch so, daß wir zwei uns nur verstehen. Wenn Du jetzt auch fort bist, das macht dabei gar nichts. Wie ich schon schrieb, ich bin so froh, daß ich Deine Frau bin und nicht zu hause sein muß. 
Helga schenke ich den Stoff von Dir zum Geburtstag. Sie wird sich sicher sehr freuen. Ich muß Dir leider gestehen, daß ich noch keinen Ständer für Dein Rad habe. Ich pumpe die Reifen aber immer wieder auf und drehe auch die Räder, damit sie nicht immer auf dem gleichen Stück stehen. Ich bitte Dich, lieber Ernst, sei mir nicht böse, daß ich noch keinen Ständer besorgt habe. Ich pflege Dein Rad aber bestimmt so, daß nichts daran kaputt geht.
Die Briefmarken, die Du gern willst, werde ich besorgen lassen.  Meinen Irrtum, Ihr wäret mit Euren Arbeitsräumen umgezogen, habe ich ja inzwischen berichtigt. Jetzt bin ich schon richtig im Bilde. Weiß Du, manchmal ist man ein bißchen schwer von Begriff. 
Von Herbst, wie es vorige Woche war, ist augenblicklich nichts mehr zu spüren, wenn man von den Morgennebeln absieht. Bei meiner Arbeit im Garten bin ich heute ganz rot verbrannt im Gesicht. Ich habe im kleinen Garten an der Seite bei den Stachelbeerbäumen die Erdbeeren raus gemacht, habe umgegraben. Im großen Garten habe ich umgegraben, wo die Zwiebeln standen. Dann habe ich die unteren Kartoffeln raus gemacht. Sie liegen noch drüben zum Abtrocknen.  Ich weiß also noch nicht, wie viele es sind.
Dann habe ich noch das ganze Kraut gehackt und die welken Blätter entfernt. Morgen werde ich das Kartoffelfeld umgraben und Erdbeeren setzen. Hoffentlich ist wieder schönes Wetter.
Heute Abend werde ich auch wieder Brombeeren abmachen.
Jetzt habe ich Dir wieder einen kleinen Einblick in die Gartenarbeit gegeben, damit Du nicht, wie Du im Brief vom 20.8. schreibst, „ganz und gar versimpelst“, was ich mir übrigens bei Dir gar nicht gut vorstellen kann. 
Es freut mich, daß Herr Gloger Dir wieder geschrieben hat. Ich dachte schon, der Briefwechsel wäre aus.  Es war schön, daß Du an Frau Diez geschrieben hast. Inzwischen ist ja Herr Diez nun gestorben. 8o Jahre ist ja immerhin ein schönes Alter. Nun lieber Ernst, will ich schließen, denn ich will den Brief noch wegschaffen und es ist bereits ¾ 5 Uhr. Ich schicke Dir heute die achten und damit letzten 5,-Mk.  Hoffentlich erhältst Du alles richtig.  Sei nun für heute herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Annie.


Brief 53 vom 24./25./26.8.1940


Mein lieber Mann!                                                                  Konstanz, 24.8.40

Heute früh habe ich keinen Brief von Dir bekommen. Na, ich kann mich ja diese Woche nicht beklagen. Ich bin ja mit Post nicht zu kurz gekommen. 
Es will bei uns einfach nicht mehr sommerlich werden. Die Sonne scheint ja ein wenig, aber daneben stehen drohende, schwarze Wolken.
Ein bißchen habe ich gestern im Garten geschafft, aber augenblicklich ist nicht so viel zu tun. Die Bohnen werden langsam welk, die Gurken wachsen noch, die Tomaten werden nach und nach rot. Der Platz, wo ich die Erdbeeren hinsetzen will, ist also noch nicht frei. Ganz unten hin, wo jetzt Kartoffeln sind, kann ich die Erdbeeren wohl nicht setzen? Die Kartoffeln könnte ich schon eher raus machen, da hätten die Erdbeeren noch Zeit zum anwachsen. Heute Abend kann ich auch wieder Brombeeren abnehmen. Am Montag, wenn ich Zucker habe, koch ich mal wieder Marmelade.
Ich habe jetzt ein paar Nächte so schön von Dir geträumt. Als früh der Wecker klingelte, habe ich gar nicht die Augen aufgemacht, sondern im Gegenteil, ich habe sie ganz fest zugemacht, damit ich weiter von Dir geträumt habe.  Es ist mir auch jedes Mal gelungen. Ich habe dadurch ja ein paar Stunden verschlafen, aber ich habe Dich dafür auch länger gesehen. 
Wenn ich nachher in die Stadt fahre, will ich noch etwas für Helga‘s Geburtstag besorgen. Sie hat sich eine Puppenbadewanne gewünscht. Die ist ja nicht teuer, vielleicht kaufe ich noch eine Kleinigkeit dazu.
Jetzt hat Helga ja nur noch eine Woche Ferien. Sie ist gar nicht so begeistert, daß sie wieder in die Schule muß, vor allen Dingen wäre es ihr recht gewesen, wenn sie an ihrem Geburtstag noch Ferien gehabt hätte. Helga ist ja sonst nicht faul, sie wird sich also bald wieder eingewöhnt haben. 
Ich habe heute wieder einen Quarkkuchen gebacken, aber nicht in der Springform, sondern auf dem großen Blech. Eigentlich wollte ich ja einen Pflaumenkuchen backen, aber da brauche ich Zucker zum Draufstreuen, den ich nicht habe. 
Nun will ich schließen. Hoffentlich hast Du meine Briefe mit dem Geld bisher richtig bekommen. Das sind heute die fünften 5,-Mk.  Denke immer an mich, lieber Ernst, und behalte mich lieb.
Sei recht herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Annie.


Lieber Ernst!                                                       Konstanz, 25. Aug.40.

Schon wieder ist ein Sonntag da und sogar ein ganz sonniger. Leider ist es aber nichts mit dem baden, denn die ganze Woche war es so kühl, das holt die Sonne heute nicht auf. Aber wir gehen wieder in die Stadt und bringen den Brief fort, der Weg ist auch sonnig, da können wir uns recht bescheinen lassen. Außerdem ist mir der Weg zum Brief wegschaffen ein lieber Weg, denn Du bekommst doch dadurch wieder einen Gruß von uns. 
Ich habe gestern wieder 15 Pfund Kartoffeln raus gemacht, ich weiß nicht, ob ich Dir‘s gestern schon geschrieben habe, auch wegen den 15 Gurken zu Senfgurken. 2 Pfund Brombeeren habe ich auch wieder holen können. Morgen sind wieder welche reif. 
Post habe ich heute und gestern keine von Dir erhalten. Aber damit hatte ich schon gerechnet, denn die letzten Wochen habe ich meist Samstag, Sonntag und Montag nichts erhalten und dann kam wieder alles zusammen. Ich weiß ja aber, daß Du geschrieben hast und an uns denkst, da bin ich schon froh. 
Ich habe jetzt mal in der Molkerei Engländer gesehen, die interniert sind. Es ist die Mannschaft eines Schiffes. Sie haben gerade mit einem Gendarm eine große Kann Milch geholt. Es sind alles junge Bürschchen. Einer kann davon Deutsch und die Frau von der Molkerei hat mir gesagt, sie hätten schon geäußert, daß sie so froh sind, hier zu sein, sonst wären sie vielleicht schon lange tot. Außerdem fehlte es ihnen ja an nichts, sie hätten ja alles. Das glaube ich gern, daß sie nichts zu klagen haben. Wenn es nur unsere Soldaten in Gefangenschaft auch so hätten. Aber, ich glaube, da fehlt‘s  viel. 
Nun, lieber Ernst, will ich schließen. Wir möchten den Sonnenschein noch ein bißchen ausnutzen.
Es ist bald 3 Uhr.  Das beiliegenden Geld sind die sechsten 5,-Mk.  Ich grüße Dich nun recht sehr.
Denke immer an uns und nimm auch noch viele Küsse von Deiner Annie.


 Mein lieber Ernst!                                                                    Konstanz, 26.8.40. 

Heute erhielt ich Deinen lieben Brief vom 20.8. und das Päckchen vom gleichen Tage. Jetzt hast Du mir also doch noch eine Bluse geschenkt, trotzdem Du nicht so viel Geld hast. Du lieber, lieber Kerl. Sie gefällt mir sehr gut und sie paßt auch ganz richtig. Die Strümpfe sind auch sehr schön. Ich danke Dir für alles recht sehr. Ich werde alles auf meinen Geburtstagstisch legen.
Für den Kakao möchte ich Dir auch noch danken. Den kann ich auch gut verwenden.  Ja, das Bild von mir ist ganz gut geworden. Das Bild von den Kindern kannst Du ruhig vernichten, denn darauf machen sie, wie wir so sagen, ein saudummes Gesicht hin. 
Im Garten habe ich heute die Zwiebeln raus gemacht. Ich denke, daß es die richtige Zeit ist.  Nächste Woche ist Zwiebelmarkt, da müssen diese Leute also die Zwiebeln auch raus machen. Die Zwiebeln sind schön groß geworden. Ich lege sie noch auf den Speicher zum Trocknen.  Das ist doch richtig?
Die Äpfel werden auch groß und die Zweige hängen so runter, daß man meint, sie brechen. Das bin ich bei unserem Baum gar nicht gewöhnt. 
Vorhin war ich bei dem Fräulein von der Gehaltsverrechnung und habe mich nach allem erkundigt. Also, Dein Gehalt beträgt, wenn Du da bist, etwas über M 253, also noch Pfennige dazu. Ich bekomme M 240,11 brutto, anstatt wie erst 234,45. Die Differenz ist Dein Zuschlag seit Juli, da Du doch Deinem Alter nach in eine höhere Klasse gekommen bist.
Die 5,46 Zusatzversorgung ist eine Zusatzversicherung zur Angestelltenversicherung von der Stadt aus. 2/3 zahlt die Stadt, 1/3 mußt Du zahlen. Solltest Du einmal von der Stadt fort gehen, würdest Du evtl. alles oder 75% herausgezahlt bekommen. Soviel ich weiß, war davon schon mal die Rede gewesen, als Du noch hier warst.  Wenn Ihr jetzt noch ein Radio bekommt, habt Ihr ja wirklich alles, was Ihr braucht. Ein Radio ist aber wirklich etwas, ohne das man gar nicht mehr auszukommen glaubt. Also nobel seid Ihr auf jeden Fall, jetzt habt Ihr sogar eine Aufwartung.
Gestern  Nachmittag haben wir uns noch in den Stadtgarten  gesetzt . Lange ging es nicht, dann wurde es einem ganz kühl. Am Abend bin ich schon ½ 10 ins Bett gegangen, weil ich einmal ausschlafen wollte. Die vorhergehenden Tage war Vater da, da bin ich vor 11 Uhr nicht ins Bett gekommen.
Heute scheint auch wieder die Sonne, da ist es schon wärmer als gestern. Wenn schönes Wetter ist, fühl man sich doch gleich wohler. 
Morgen will ich anfangen, drüben im Garten die unteren Kartoffeln raus zu machen. Ich will das Beet für die Erdbeeren herrichten. Hinterm Haus im Garten will ich Winterspinat und Wintersalat säen. Im Buch steht, Ende August, Anfang September Aussaatzeit.
Wann muß ich die Äpfel abnehmen? Braune Kerne haben sie schon. 
Heute habe ich gleich die wöchentliche Wäsche gewaschen, da habe ich die nächsten Tage für den Garten  Zeit.  Ein Kaktus vorm Küchenfenster blüht jetzt, kleine rosa Blüten. Es sieht sehr nett aus.  Nun will ich schließen. Beiliegend die siebenten 5,- MK.  Ich danke Dir auch noch vielmals für die schöne Bluse und die Strümpfe. 
Sei für heute recht herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Annie.

Brief 52 vom 21./23.8.1940


Mein lieber Mann!                                                   Konstanz, 21.Aug.40   abends

 Ich habe heute Abend nochmals meine Finanzen überrechnet und mit Freude gesehen, daß ich Dir statt 30,- 40.-Mk schicken kann. Du bist mir doch nicht böse darüber. Sieh mal, das Geld, das ich hier bekomme, ist doch eigentlich Dein Geld, welches ich als Deine Frau verwalte. Und weißt Du, so richtig froh bin ich doch nur, wenn ich weiß, daß Du auch keine Sorgen hast, während es uns hier auch gut geht. So hast Du doch Deinen Anzug gleich gezahlt und kannst über Dein Geld, das Du noch bekommst, frei verfügen. Ich wäre sehr froh, wenn du Dich über das Geld, welches ich Dir schicke, ein bißchen freuen würdest.
Nun will ich erst mal schlafen gehen.  morgen Vormittag schreibe ich weiter.
Gute Nacht, mein lieb er Ernst! 
22. August   
Mein lieber Ernst! Heute kam keine Post und ich habe auch keine erwartet, denn ich bin ja in den letzten Tagen so sehr verwöhnt worden. Vier Briefe und sieben Pakete, was sagst Du dazu? 
Heute ist wieder, wie die letzten Tage, Regenwetter und kühl ist es dabei, puh, da ist man schon ganz gern in der Wohnung. 
Mit den Bohnen geht es jetzt bald zu Ende. Ich habe noch einen halben Topf Salzbohnen einmachen können. Feuerbohnen hat es noch ein paar, aber die will ich so zum Mittagessen kochen. Bis jetzt habe ich im ganzen 34 Pfund Kartoffeln raus gemacht. Die sind so schön mehlig, daß ich jetzt schon Kartoffelbrei und Kartoffelpuffer davon machen kann. Das freut mich deshalb besonders, weil ich dadurch zum Abendbrot etwas Brot sparen kann, denn wenn wir nur Brot essen würden, dann reichte es ja nicht, denn vor allen Dingen Jörg haut fest rein.  Kaum habe ich geschrieben, daß heute kein Brief von Dir kam, traf heute Nachmittag doch noch einer ein, vom 16. 
Übrigens mußt Du entschuldigen, ich habe mich noch gar nicht für das Persil und Lux bedankt. Auch darüber habe ich mich sehr gefreut. Ich sehe immer wieder, daß Du jederzeit an uns denkst. Sehr leid tut es mir, daß Du so sehr unregelmäßig Post erhältst, denn ich schreibe ja eigentlich deshalb jeden Tag, damit Du jeden Tag einen Gruß erhältst. 
Ich habe auch gelesen, daß Ihr dort Fliegerbesuch hattet. Sei nur vorsichtig, daß Dir durch solche Sprengstücke, wie sie bei Dir durch die Bäume geflogen sind, nicht einmal etwas passiert. Heute erhielt ich von den Eltern eine Karte, daß sie auf einen Brief warten, und daß sie gern wüßten, was wir alles unternommen haben, als Siegfried hier war. Ich habe nun heute gleich geschrieben, ebenso an Siegfried. Die Durchschläge füge ich bei. 
Ebenso bekam ich eine Trauerkarte von Frau Diez, daß ihr Mann am 11.August gestorben ist, nach vollendetem 80. Lebensjahr. Ich besorge mir heute noch eine Beileidskarte.
Ich habe heute mal ein bißchen Feuer gemacht, nicht viel , aber es ist gleich sehr gemütlich. Der starke Wind macht es so kühl, denn es zieht überall durch. Außerdem wirft er natürlich auch Äpfel runter, der schlechte Kerl. Heute habe ich wieder 4 Pfund aufgelesen.  
Da Vater die ganze Woche noch nicht da war, fahre ich nachher, wenn ich den Brief fortgebracht habe, zu ihm hin und bringe ihm die Zigarren und den Kaffee. Er wird sich sicher freuen.  Nun mache ich für heute Schluß. Morgen schreibe ich Dir ja wieder, mein lieber Mann, denn ich vergesse Dich ja gar nie, im Gegenteil, ich denke ja immer an Dich. Sei nun recht herzlich gegrüßt  und geküßt von Deiner Annie.  Heute sind‘s die dritten 5,-Mk. 



Mein lieber Ernst!                                                                      Konstanz, 23.8.40.

Heute kam Dein lieber Brief vom 18.8 an. Das ist jedes Mal eine große Freude. Ich muß feststellen, daß Du wirklich immer sehr stiefmütterlich mit Post versorgt wirst, trotzdem ich ja wirklich nicht dafür kann. 
Bei dem Kameradschaftsabend habt Ihr ja gut gelebt. Aber, es muß bei allen ein Aber dabei sein, da hast Du nun so einen Schnupfen und Katarrh. Ich weiß ja, wie Dir das immer anhängt. Ist es inzwischen wieder besser geworden?
Mit dem Bad habt Ihr‘s ja jetzt dort nobel. Verstehst Du dich mit dem Dr. Thoma gut? Wie meine, so war es auch Vaters erste Frage, wer hält Euch denn die Wohnungen sauber? Wenn Ihr Euch jemand anstellt, kostet das nicht zuviel? Aber das werde Ihr ja dort besser wissen. 
Es freut mich sehr, daß ich Dir in dem neuen Kostüm gefalle, das ist mir nämlich die Hauptsache, denn jetzt ziehe ich es doch noch nicht an. Ich habe ja auch keine Gelegenheit dazu, denn ich gehe doch nie fort. Ich lebe mit allem in der Hoffnung auf Dein Wiederkommen, mit den Sachen die Du mit geschenkt hast und die ich mir selber gekauft habe. 
Heute früh hat einmal ein bißchen die Sonnen geschienen, aber jetzt ist es schon wieder bewölkt und windig. In der Küche ist, trotz dem Kochen, nur 15 Grad Wärme.
Vorhin habe ich Himbeerruten raus gerissen, da wir so viel nicht brauchen. Die Blätter verwende ich zu Tee. Das ergibt wieder einen ganz schönen Teil. Unseren beiden Stromern habe ich wieder Küsse von Dir gegeben. Sie haben sich‘s gern gefallen lassen. 
Gestern Nachmittag bin ich zum Vater runter gegangen und habe ihm die Zigarren und Kaffee gebracht. Ich habe gemerkt, wie er sich gefreut hat, wenn er mir erst auch unbedingt den Kaffee bezahlen wollte. Als ich wieder fort ging, hat er mir verschiedene Holzstücke gegeben, zum Anfeuerholz machen. Kaum hatte die zuhause Jörg gesehen, als er sich schon darauf stürzte und sagte, er könnte sie gebrauchen. Er baute gleich ein Haus davon und hat sie mir vorläufig wirklich abgebettelt. Ich möchte wissen, was er mal nicht brauchen könnte.  Heute wird der Brief ein bißchen kürzer.  Ich will heute nämlich mal mit den Kindern in die Stadt gehen.  Sei für heute recht herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Annie. Anbei die vierten 5,- Mk.

Brief 51 vom 20./21.8.1940


Mein lieber Mann!                                                   Konstanz, 20.8.40.

 Heute, nach 9 Tagen, kam Dein lieber Brief vom 11. und 12.Augugst, sowie 3 Päckchen an. Das ist wieder ein schöner Tag. Ich habe mich riesig gefreut.  Hab recht, recht vielen Dank für all die schönen Sachen. Es ist also alles angekommen, bis auf das Päckchen, in dem Kaffee ist. Das kommt sicher auch noch. 
Da ich Dir etwas Geld senden soll, tut es mir leid, daß der Brief so lange unterwegs war, denn nun wirst Du so lange vergeblich gewartet haben. Ich sende das Geld in ein paar Briefen verteilt, damit nicht alles verloren geht, wenn ein Brief mal verloren gehen sollte. Bist Du mir eigentlich böse, wenn ich Dir 25,- statt 20,- schicke? Wenn ich noch 5,-RM entbehren kann, schicke ich sie später noch, denn Du sollst Dich nun nicht ganz und gar einschränken müssen, um alles bezahlen zu können.
Deinen Bericht über Eure Autofahrt habe ich wieder mit großem Interesse gelesen. Es ist für Dich später auch eine Erinnerung, wenn Du so überall gewesen bist. Die eine Karte mit dem Christus ist auch typisch. Da gehen sie doch auch mit Greueln hausieren. Ich will mal sehen, ob ich die Karten Herrn Wolf selber gebe. Evtl. kannst Du dies später tun. 
Lieber Ernst, wenn Du eine Bluse für mich nicht kaufen kannst, da Du nicht mehr so viel Geld bekommst, so macht das nichts, denn Du hast mir schon so viel gekauft und hast mich so verwöhnt.
Du schreibst bei den Erdbeeren, daß man sie im Winter mit Mist abdeckt. Da soll ich also ein paar Schubkarren Mist holen? 
Mit den Kohlen komme ich schon aus. Es wird ja nicht gleich wieder so kalt werden, wie vorigen Winter. 
Soll ich Herrn Kuster die Marken verkaufen, die Du geschickt hast, oder soll er welche bestellen? Ich bin mir nicht ganz klar darüber. 
Ich glaube, in Deinem Brief vom 13. habe ich auch etwas falsch verstanden. Ich hatte gemeint, Du kämst vom Amt in ein anderes Arbeitszimmer, aber ich glaube nun, nach nochmaligem Durchlesen, daß Du das Zimmer meinst, wo Du wohnst. Wer bringt dann aber das Haus in Ordnung, wenn Ihr allein darin wohnt?  
Lieber Ernst! Nun nochmals zu Deinen lieben Päckchen. Die Stoffe und der Schal haben mir gut gefallen. Du hast wirklich einen guten Geschmack, das muß ich Dir nochmals ausdrücklich bestätigen. Zu dem Stoff für mich passen die Kragen gut, die Du mir geschickt hast. Verarbeiten tue ich den Stoff noch nicht, denn jetzt habe ich noch Kleider, die Mode ändert sich auch, da mache ich mir später wieder ein modernes Kleid.
Für den Kakao und den Kaffee danke ich Dir auch recht sehr. Da können wir jetzt öfter mal Kakao trinken. Ich hatte in letzter Zeit keinen, da ich für die Marken Milchschokolade zum Geburtstag genommen hatte.
Auch über die Seife freue ich mich. Ich brauche mich jetzt wirklich nicht einsparen. Zwei Stück Toilettenseife habe ich noch von den Eltern da, ein Stück von Siegfried (eins habe ich Vater gegeben) und nun zwei Stück von Dir. Es ist ja gut, wenn Seife etwas liegt und so bin ich über diesen kleinen Vorrat froh.
Die Zigarren gebe ich heute Vater, wenn er rauf kommt. Daß Vater nicht oft was dazu schreibt kommt daher, weil er meist nicht da ist, wenn ich schreibe. 
Gestern Abend hat es noch ein Gewitter gegeben mit ausgiebigem Regen. Das tut dem Kraut gut. 
Übrigens habe ich heute Deinen zweiten Fahrradschlüssel gefunden. Weißt Du wo? In Deiner blauen Jacke. Da hatte ich beim Suchen nicht dran gedacht, weil Du die Jacke nur einmal angehabt hast. Als ich nun nochmals den ganzen Schrank in Ordnung gebracht habe und dabei auch Deine Jacke rausgenommen habe, fiel mir´s ein. Tatsächlich steckte er in einer Tasche. Man muß nur lange genug suchen, dann findet man auch. 
Jetzt fängt es gerade wieder an zu regnen, nachdem es schon den ganzen Vormittag trüb war.  Die Kinder haben wieder ein neues Spiel: „Verwundete“. Helga und Margret sind die Krankenschwestern, sie haben weiße Hauben auf, da habe ich ein rotes Kreuz drauf gestickt, Jörg und Richard sind die Verwundeten. Da unterhalten sie sich den ganzen Tag. 
Nun will ich schließen, lieber Ernst. Sei recht herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Annie.

ZEITUNGSAUSSCHNITT: Von feindlichen Flugzeugen wurde am 19.8.  auf der Gemarkung Konstanz ein Blindgänger auf freies Gelände geworfen. Es entstand keinerlei Sach- oder Personenschaden. Im Ried am Gottlieberweg liegt er.  Wie Vater sagte, ist dort abgesperrt, wenn die Bombe ja noch explodiert.


Mein liebster Ernst!                                                     Konstanz, 21. August 40.

Du verwöhnst mich aber tatsächlich.  Heute früh kamen Deine beiden lieben Briefe vom 14. und 15.8. an und drei Päckchen mit Kaffee und Schokolade. Gestern Nachmittag kam auch das vierte Päckchen mit dem Kaffee an. Jetzt habe ich also 7 Päckchen erhalten. Über die drei schönen Taschentücher habe ich mich auch sehr gefreut. Ich danke Dir für alles recht sehr. Du hast mir wieder eine große Freude gemacht. 
Über Deine Beschreibung Deiner neuen Wohnung habe ich mich gefreut. Da wohnst Du ja nobel. Du schreibst, ich soll nun nicht gleich denken, Du wolltest dort bleiben. Nein, das denke ich nicht, denn Du hast mir doch einmal geschrieben, daß Du später gern wieder nach Hause kommst. Wenn Du es schreibst, ist es doch auch wahr. 
Jörg hat ganz begeistert gejubelt, als ich ihm vorlas, daß Du sein Päckchen bekommen hast und daß Du Dich gefreut hast.  Du schreibst, daß ich die Sachen, die Du mir geschenkt hast, erst einmal waschen soll, ehe ich sie in Gebrauch nehme.  Das tue ich schon, denn Du weißt ja, ich bin da eigen, ich ziehe nichts an, ehe es nicht gewaschen ist. Ich habe auch schon alles gewaschen, aber in Gebrauch nehme ich es nicht, da warte ich, bis Du heimkommst, jetzt tun es auch meine anderen Sachen noch. 
Von dem Kaffee gebe ich gern etwas an Vater ab, denn er ist doch sonst auch gut und aus Deinem Brief ersehe ich ja, daß Du nichts dagegen hast. 
Gestern haben wir zum ersten Mal Kakao von Dir gekocht. Er hat gut geschmeckt. Von der Schokolade haben wir ein Stück gegessen, welche davon reibe ich den Kindern auf den Gries oder Reisbrei. Das essen sie gern.  Heute sind wir ans Haus gefesselt, denn es regnet wieder den ganzen Tag. Und kalt ist es gleich, man merkt gleich, daß es Herbst wird, wenn die Sonne nicht scheint.
Lieber Ernst, ich schicke Dir nun doch 30,- statt 25,-. Du wirst mir doch nicht böse sein? Da hast Du Deine Sachen schneller bezahlt. Heute schicke ich die zweiten 5,-. Ich habe sie gleich in Wehrgeld umgewechselt, damit Du dort keine Schwierigkeiten hast. War es recht?
Ich schreibe jetzt immer am Schluß des Briefes die wievielten 5,-MK, es sind, damit Du weißt, ob Du alle Briefe erhalten hast.  Die Kinder haben heute Vormittag lauter Bilder für Dich vom Lottospiel abgemalt und wollen Dir damit eine Freude machen.  Am Montag bekomme ich den Zucker für Marmelade bis Januar voraus, das macht ca. 11 Pfund. Da kann ich noch die Brombeeren zu Marmelade kochen, die es noch gibt. Ich brauche in der Woche meist nur ½ Pfund Zucker, das andere habe ich immer für Marmelade verwendet. Man freut sich doch, wenn man im Winter ein bißchen Vorrat hat. 
Helga hat gerade vorhin Deinem Bild 76 Küsse gegeben. Sie hat sie gezählt. Hat sie sich nicht angestrengt? Abends beim schlafen gehen, holen sie sich öfter Dein Bild und geben Dir, wenn auch nur auf dem Bild, Küsse. Sie haben Dich eben auch sehr lieb. Wir reden auch oft von Dir.  Nachher muß ich noch Lebensmittelkarten holen, da nehme ich den Brief gleich mit und schaffe ihn auf die Post. 
Nun schließe ich für heute. Sei recht herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Annie.

Brief 50 vom 18./19.8.1940


Mein lieber Ernst!                                                                      Konstanz, 18.8.40.

 Nun vergeht auch der Sonntag, ohne daß ein Gruß von Dir eingetroffen ist. Nachdem Du mir nun befohlen hast, daß ich nicht ungeduldig werden und mir auch keine Sorgen machen soll, muß ich ja wohl gehorchen? Meinst Du nicht auch?  Heute früh habe ich die Briefmarken von Herrn Kuster geholt, die ich doch bestellt hatte. In ein paar Tagen kommt noch die von Helgoland mit Sonderstempel. Jetzt soll ich Dich fragen, ob Du die Marke mit dem Stempel „Begegnung Hitler-Mussolini“ willst und die Rote-Kreuz-Marke Böhmen-Mähren. Herr Kuster hat mir die Umschläge in einen Umschlag getan, auf dem ein Zusammendruck einer 8 + 12 Pfennig Marke ist und er hat mich beschworen, den Umschlag ja nicht wegzuwerfen, denn die Marken würdest Du sicher sammeln.
Heute früh erhielten wir ganz überraschend Besuch von Kurt. Er hat bis morgen Nachmittag Sonderurlaub. Er ist jetzt nur ein paar Stunden von hier. Also nicht in seinem früheren Ort. Er war nur ein paar Minuten bei uns und ist dann runter zu Vater.  Gestern habe ich noch an die Eltern und an Elsa Legler geschrieben. Die Durchschläge schicke ich Dir heute mit. 
Du wirst Dich sicher wundern, daß heute der Umschlag mit der Maschine geschrieben ist. Eigentlich sollte der Umschlag für meine Eltern sein, aber ehe ich mich‘s versah, stand Deine Adresse auf dem Umschlag. Das kommt davon, weil ich immer an Dich denke. 
Es ist jetzt 12 Uhr. Eben war Kurt wieder einen Moment da. Die Kinder geben ihm eben das Geleit bis zur Paula runter, wo er zum essen geht. Helga hat ihn schon gefragt, ob er nicht mit baden gehen würde. Wenn er keine Badehose hätte, sollte er halt Unterhosen anziehen, das ginge auch. Ich weiß noch gar nicht, ob wir zum baden gehen, denn ich kann leider nicht baden. 
Das muß ich Dir auch noch erzählen. Heute früh beim Frühstück sagt Helga auf einmal: Weißt Du Mutterle, ich möchte jetzt nicht sterben, weiß Du warum? Dann schreibt Vaterle ganz umsonst einen Brief an uns und das tut mir leid.“ Ist sie nicht sehr besorgt um Dich? Auf das sterben ist sie deswegen gekommen, weil durch Bomben mehrere Zivilpersonen getötet worden sind, wie es im Heeresbericht heißt. 
Ich freue mich schon auf den nächsten Brief von Dir.  Die Tage sind einfach noch mal so schön, wenn ein Gruß von Dir kommt. 
Die Hauptsache habe ich doch noch vergessen, jedenfalls würde Herr Kuster entsetzt sein, daß man sowas vergessen kann. Es kommen jetzt Marken heraus (oder sind es Stempel) „Deutsche Post Belgien“, auch von Holland und Lothringen. Wenn Du nun wenigstens von Belgien die Marken bekommen könntest, wäre Dir Herr Kuster sehr dankbar. Als ich heute früh 5 Minuten drüben war, hat er mir alle seine Marken erklären wollen. Mir schwirrt jetzt noch der Kopf. Das war auch noch lustig. Ich bin ziemlich leise ins Haus bei Kusters gegangen, damit die alte Frau Kuster nicht weiß, wer kommt. Und siehe da, ich war kaum ein paar Minuten oben, schon kam sie rauf und guckte, wer da war. Aber so was von Neugierde. Ich hätte bald losgelacht. 
Nun will ich schließen, lieber Ernst, denn es ist Essenszeit. Sei nun recht  herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Annie.


Mein lieber Mann!                                                                  Konstanz, 19.8.40.

Hab ich Dir‘s nicht gestern geschrieben, wenn man 3 Tage so brav, ohne ungeduldig zu werden, auf Post wartet, muß man doch belohnt werden. Und siehe da, heute kam ein Brief von Dir, und zwar vom 13.8., nachdem der letzte, den ich erhielt, vom 9.8. war. Also fehlen sicher inzwischen noch welche. Das geht auch daraus hervor, daß Du schreibst „....trotz der wesentlichen Herabsetzung unserer Einkünfte ...“ usw. Davon weiß ich noch gar nichts. Das wird sicher in den anderen Briefen stehen.
Gefreut habe ich mich, daß ich wieder einen Gruß von Dir erhalten habe. Du fragst, wo wir den französischen Rotwein her hatten. Ja, da staunst Du, den hat Siegfried aus Frankreich mitgebracht, eine 1 Ltr.-Flasche. Wir wollten Dir natürlich nicht den Verbrauch damit  schmälern, aber was hilft das jetzt, getrunken ist er nun schon.  Du ziehst ja in Deinen Arbeitsräumen vielmals umher. Wenn Ihr nun ein Haus für Euch mit Beschlag belegt, werdet Ihr ja ganz vornehm. 
Vorhin 13.20 haben wir Kurt an den Petershauser Bahnhof gebracht. Er mußte mit dem Personenzug fahren, wenigstens eine Teilstrecke und dann Schnellzug bis Karlsruhe, wo er jetzt ist. Er hat nun heute Vater gleich noch gratulieren können. Wir drei gehen gegen ½ 6 Uhr runter. Deine Päckchen sind leider noch nicht angekommen, so daß ich die Zigarren ihm nicht geben kann. Ich habe ihm eine Flasche Weinbrand gekauft. Dann nehmen wir noch Blumen mit. 
Ich habe heute im Garten 7 Pfund Kartoffeln, 2 ½ Pfund Tomaten und Falläpfel geholt. Jetzt merkt man aber, daß Herbst wird. Überall wird es schon gelb, die Bohnenblätter, Gurkenblätter und auch die Kartoffeln werden welk. Heute ist es noch dazu windig und trüb. Es sieht schon richtig herbstlich aus. 
Gestern Nacht hatte es Alarm. Wir runter in den Keller.  Dann hat sich‘s rausgestellt, daß bei uns gar kein Alarm war, sondern daß man die Schweizer Sirenen so deutlich gehört hat. So im Halbschlaf hat man das gar nicht unterscheiden können, beim Entwarnen haben wir´s dann gehört. Da sind wir wegen den Schweizern aus den Betten geholt worden. Die Flugzeuge hat man aber ganz deutlich gehört.  Von Siegfried habe ich von einer Dienstreise eine Karte aus Berlin erhalten. 
Es ist jetzt ¼ 5 Uhr. Ich hatte noch gewartet, ob die Päckchen vielleicht doch noch kommen.  Es war aber nichts. Eben habe ich wieder 3 Pfund Brombeeren geholt. 
Lieber Ernst!  Wenn wir immer wieder Besuch bekommen, wie jetzt von Kurt, bekomme ich immer größere Sehnsucht nach Dir. Ich stelle mir dann immer vor, wie wunderschön es wäre, wenn Du da wärst. Ich habe Dich ja so lieb, mein lieber, lieber Ernst.  Für heute will ich schließen, denn, nachdem ich den Brief weggeschafft habe, wollen wir zum Vater runter gehen. Sei recht herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Annie.

Brief 49 vom 16./17.8.1940


Mein lieber, lieber Ernst!                                                     Konstanz, 16.8.40.

Ich habe es ja gestern gleich geschrieben, man soll nichts beschreien. Gestern schrieb ich, daß mich die Post pünktlich mit Deinen Briefen versorgt und heute ist es schon aus. Na, das ist ja nicht weiter schlimm, denn Du hast ja auch schon öfter warten müssen. Ich weiß ja, daß Du an mich denkst, bzw. an uns denkst. Denn unsere zwei Burzels gehören ja schließlich dazu.  Wenn es Dich nicht langweilt, will ich Dir heute wieder schreiben, wie der Tag bisher verlaufen ist.
Erst einmal von gestern. Wir sind in die Stadt gegangen und haben für die Kinder je 1 Paar Schuhe gekauft. Erst wollte ich Holzschuhe kaufen, wie ich sie ungefähr habe, aber dann haben wir die anderen gesehen , die es auch ohne Bezugschein gibt und haben die genommen. Ich lege eine Abbildung bei. Das Oberteil ist Leder, die Sohle Gummi. Die Holzklepperle, die ich ihnen schon früher gekauft hatte, waren nicht so gut. Sie sind aller zwei Minuten auseinander gegangen. Holzschuhe sind da schon bedeutend besser.  Aber die wir jetzt haben, die halten, glaub ich, auch sehr gut. Der Preis ist Mk.  3,90 pro Paar. Dann haben wir für den Winter für beide Trainingsanzüge gekauft. Da habe ich wieder einmal die Kinder ein bißchen versorgt, bei mir besorgst Du das ja, indem Du mir so schöne Sachen schenkst. 
Heute Vormittag habe ich Pflaumen und 2 Gläser Brombeeren sterilisiert. Den Garten habe ich nun eben ein paar Tagen hängen lassen müssen, aber sterilisieren ist für den Winter auch wichtig. Morgen will ich wieder nach den Bohnen sehen und werde wahrscheinlich noch einen Topf Salzbohnen einmachen. Es hat doch noch ziemlich Bohnen dieses Jahr gegeben. Bis jetzt habe ich von Stangen, Busch  und halbhohen Bohnen zusammen 41 Pfund geerntet  Tomaten hat es bisher 18 Pfund gehabt und 39 Pfund Falläpfel. Gestern habe ich noch das Bohnenkraut geerntet und Pfefferminzblätter habe ich zu Tee abgemacht. Himbeerblätter will ich auch noch abmachen.  Jörg fragt schon immer, ob Du schon sein Päckchen hast und ob Du Dich gefreut haben wirst.
Nun will ich Dir noch was erzählen, zum Beweis, daß Helga nicht gerade schüchtern ist. Wir wollten in die Stadt gehen, sie fragt mich, ob sie schön aussieht. Ich sage, nein. Drauf Helga, „da hast Du mich nicht schön angezogen“. Ich sage, das liegt nicht am anziehen, wenn Du nicht schön bist, kannst Du nicht schön aussehen. Da sagt Helga: „Ha wohl, ich habe halt ein bißchen ein freches Gesicht, aber schön bin ich deswegen doch“. Dabei hat sie mich so von der Seite angesehen, daß ich direkt habe loslachen müssen.
Was sagst Du nun? So eine Einbildung. Jörg gibt ja weniger auf Schönheit, der sieht immer lieblich verschmiert und dreckig aus, wenn Feierabend ist. Das ist aber auch ein richtiger Raudi geworden. das eine schöne ist nur, daß er mir‘s sagt, wenn er was angestellt hat. Helga sagt auch immer, weißt, da kann ich Dich gar nicht mehr angucken, wenn ich Dir nicht gesagt habe, daß ich bös war. Das  freut mich immer wieder.  Nun will ich für heute schließen. Es interessiert Dich doch sicher, wenn ich Dir von unseren Kindern erzähle?  Sei nun recht herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Annie. 
Lieber Ernst! Ich schicke Dir heute noch 3 Bilder mit, ich habe sie gerade geholt. Die übrigen Bilder sind meist von Siegfried und da ist etwas Licht reingekommen, da habe ich gar keine Abzüge machen lassen.


 Mein lieber Ernst!                                                                    Konstanz. 17.8.40. 

Nun habe ich den zweiten Tag keinen Brief von Dir. Ich will aber den Tag nicht vorüber gehen lassen, ohne Dir wieder einen Gruß zu senden. Viel weiß ich ja heute nicht zu schreiben, denn Du weißt ja, der Samstag ist so ein Schafftag, der geht immer rum mit putzen, backen, kochen und einkaufen. So ist es auch heute wieder. Vorgestern habe ich wieder einmal unsere Räder vorgenommen und habe sie geputzt und geölt. Das gehört auch wieder mal dazu. Deinen Fahrradschlüssel habe ich übrigens wiedergefunden. Er war in der Tischlade verkramt. Wo allerdings der zweite Schlüssel ist, das weiß ich nicht.  Heute ist wieder sonniges Wetter. Wenn es morgen noch so ist, gehen wir wieder baden.
Heute Abend werde ich noch Bohnen zu Salzbohnen abnehmen. Langweilig wird es mir nicht, ich habe immer zu tun und das ist mir gerade recht. Du wirst ja jetzt um diese Zeit, es ist ½ 4 Uhr, auch noch schaffen.  Was sagst Du zu den großen Erfolgen unserer Luftwaffe? Es ist gut, daß die Engländer auch mal den Krieg zu spüren bekommen, nur tut einem jedes eigene Flugzeug, das abgeschossen wird, leid.
Lieber Ernst! Dieses Jahr ist es eigentlich seit längerer Zeit das erste Mal, daß wir den Sommer nicht mit den Rädern fortgefahren sind.  Wir haben doch immer schöne Fahrten gemacht. Nach dem Mindelsee, um den Überlinger See, oder mit dem Zelt nach Wangen. Davon reden die Kinder noch oft. Und wo wir nach Bregenz gefahren sind. Abends die Eiltour nach Meersburg. Weißt Du noch?  Die Erinnerung bleibt uns doch. Wann werden wir alle zusammen nach dem Haldenhof fahren können?
Wir wollen fest glauben, daß es wieder einmal so schön wird, wie die vergangenen Jahre.  Wir merken hier fast nichts vom Krieg. Es ist ein Sommer wie im Frieden und hungern haben wir noch nie müssen. Nur die Trennung von Dir ist das Schwere, aber wir hoffen ja alle, daß wir uns gesund wieder sehen. 
Als ich mich übrigens mit Siegfried unterhalten habe, habe ich davon gesprochen, daß wir uns nach Polen gemeldet hätten, da war Siegfried ganz entsetzt und hat gesagt, um Himmelswillen, nicht nach der Dreckpolakei, da wird man verrückt, so was trostloses und dreckiges. Der hat so genug von Polen.
Ich sagte ihm, daß wir ja nun nicht mitten nach Polen wollten, aber es war nicht mit ihm zu reden, er sagte dauernd: Hör mir auf mit Polen, wenn ich schon Polen höre.
Jetzt denken wir ja auch nicht an Polen, sondern denken erst einmal an unser späteres Wiedersehen, nicht wahr, mein lieber, lieber Mann?  Nun schließe ich für heute und hoffe, daß morgen ein lieber Gruß von Dir eintrifft. Sei nun recht herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Annie.

Brief 48 vom 14./15.8.1940


Mein lieber Ernst!                                                                         Konstanz, 14.8.40.

Heute kamen gleich 2 Briefe von Dir an, vom 7. und 8. August und ich habe mit Erleichterung und großer Freude festgestellt, daß Du mir gar nicht mehr böse bist. Ich bin so froh darüber. 
Das einzelne Päckchen von Dir ist ja angekommen, ich habe es Dir schon bestätigt. Das war auch eine große Freude.  Siegfried ist ja nun schon über eine Woche fort, bzw. ist es heute gerade eine Woche. Ich muß nun sagen, daß ich den Abschied überhaupt nicht schlimm empfunden habe. Ich habe mich über seinen Besuch gefreut, aber wir haben tatsächlich so wenig gemeinsames. Wir haben uns über vieles unterhalten und ich habe feststellen müssen, daß ich nach hause zu den Eltern überhaupt nicht mehr passe. Ich weiß nicht, habe ich mich so geändert? Vielleicht kannst Du mit Siegfried einmal selber über alles reden, schreiben möchte ich nichts davon, nur kann ich sagen, ich bin froh, daß ich bei Dir sein kann.
Wenn Deine weiteren Päckchen eintreffen, werde ich sie Dir sofort wieder bestätigen. Die Postkarten besorge ich Dir und schicke sie Dir mit, ebenso erhältst Du in den nächsten Tagen die Rasierklingen. Ich werde auch sehen, daß ich Dir das Gesetz über die Wehrmachtsbeamten besorgen kann.  Über den Kragen, den Du mir mitgeschickt hast, habe ich mich sehr gefreut. Den kann man zu verschiedenen Sachen verwenden. Ich danke Dir recht sehr dafür. 
Warst Du bei dem Schweizer? Was sind es für Leute? Den Artikel in der Zeitung von Dir über die Thurgauer Zeitung habe ich gelesen. Er hat mich sehr interessiert. Aber die Schweizer werden doch nicht gescheit, die sind große Maulhelden und dahinter steckt nichts. Vater hat die Zeitung gestern mitgenommen, er liest sie immer noch genau durch.
Jetzt wirst Du ja öfter unsere angreifenden Flugzeuge sehen, denn in den letzten Tagen haben sie doch ungeheuere Leistungen vollbracht. Jetzt wird es den Engländern  schon ein bißchen anders zu Mut werden. 
Jetzt komme ich nun auf das unumgängliche Gartenthema. Ich habe nun einen Topf Senfgurken gemacht, wenn Du später mal auf Urlaub kommst, kannst Du sicher welche essen. Wenn wieder Gurken groß sind, werde ich einen weiteren Topf Senfgurken fertig machen. Bei den oberen Kartoffeln habe ich die eine Reihe, die gleich hinter dem Kraut stand, rausgemacht. Da kann sich jetzt das Kraut noch entwickeln. Es hat 20 Pfund Kartoffeln gegeben, schöne mehlige. Das macht Freude. Auch drei Pfund Falläpfel habe ich wieder verarbeitet.  Gestern habe ich von der Frau in der Molkerei wieder 3000g Brotmarken bekommen. Die habe ich sehr gut gebrauchen können. 
Jetzt ist wieder meist ganz schönes Wetter, nur ist es früh ziemlich kühl, aber es regnet wenigstens nicht.  An Frau Diez habe ich übrigens auch geschrieben. Ich schicke Dir den Durchschlag mit. Ist es recht, wie ich geschrieben habe?  Seid Ihr nun am Samstag mit dem Auto fortgewesen? Es ist ja richtig, wenn Ihr Euch die wichtigen Kampfstätten anseht, denn später habt Ihr vielleicht doch nie Gelegenheit, so weit nach Frankreich hinein zu kommen. 
Wegen Resi hast Du recht. Sie hat es ja genau so weit zu mir. Außerdem habe ich jetzt anderes zu tun und wenn ich einmal Zeit habe, da gehe ich auch nicht gerade zu ihr, da ruhe ich mich lieber aus. 
Lieber Ernst! Ich danke Dir immer wieder, daß Du mir so regelmäßig schreibst. Das ist mir immer eine große Freude und Erholung.  Nun will ich schließen.  Sei recht herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Annie.  Ich habe Dir gerade noch einige Postkarten besorgt. Ich weiß ja nicht, ob es das Richtige ist, aber vielleicht gefallen Dir doch ein paar davon.  Nochmals viele Grüße und Küsse von Deiner Annie.


 Lieber Ernst!                                                                       Konstanz,15.8.40

Heute kam Dein lieber Brief vom 9.Aug. Du siehst, ich werde jetzt ziemlich regelmäßig von der Post mit Deinen Briefen versorgt. Ich will es aber nicht beschreien, sonst überlegt sie sich‘s gleich anders. Ich danke Dir wieder vielmals für Deinen lieben Brief. Leider habe ich lesen müssen, daß Du wieder zwei Tage umsonst auf einen Brief von mit gewartet hast. Ich kann aber wirklich nichts dafür. 
Da hast Du also auch ein Bild von Kurt erhalten. Nicht wahr, da guckt er das erste Mal nicht so miesepetrig in die Welt. Heute erhielt ich auch  von Siegfried einen Brief mit den Photografien, die er hier gemacht hat. Er hatte mir versprochen, Dir auch welche zu schicken. Schreib mir bitte, ob Du welche erhalten hast.  Heute bekam ich auch wieder einen Gehaltszettel, nachdem ich vorigen Monat keinen erhalten hatte. Ich schreibe Dir einmal auf, wie das Gehalt und die Abzüge diesmal sind und wie sie erst waren.
Jetzt, erst Gehalt, 240,11; 234,45 Kriegszuschlag zur Eink. Steuer 3,90; 3,51 Eink.Steuer 7,80; 7,o2 Bürgerst. 2; 2, Miete 37,70; 37,70 Angestelltenvers. 6, 6; 177,25; 172,76.
Ich habe Helga zum Geburtstag zwei Bücher gekauft, da sie sich so sehr Bücher gewünscht hat. Sie wollte gern noch einen großen Ball, aber jetzt gibt es ja keine Gummibälle, da muß sie sich etwas anderes dafür wünschen.  Da hast Du ja wieder eine schöne Aufgabe bekommen, die Autos zu kontrollieren. Das glaube ich, daß Du Dir dabei keine Freunde erwirbst. Aber weißt Du, ich finde, den Franzosen geht es doch unter unserer Herrschaft noch ziemlich gut. Die sollten einmal so behandelt werden, wie sie uns nach dem Weltkrieg behandelt haben. Das sieht man auch hier bei den Gefangenen. Denen geht es doch so gut, dabei sind sie meist so faul, wenn sie mitschaffen müssen.
Heute habe ich einmal einen Ruhetag eingelegt. Wir gehen heute Nachmittag in die Stadt und kaufen verschiedenes ein. Morgen werde ich wahrscheinlich Pflaumen und auch Brombeeren sterilisieren. Es ist heute auch wieder schön sonnig, nur sind eben die Nächte und die Morgenstunden so kalt.  Ich habe mir bei meinen Holzschuhen Gummistücke drunter genagelt. Das machen die Schuster jetzt auch, denn sonst läuft sich das Holz so schnell ab. Ich laufe gerne in den Schuhen, sie sind so bequem und luftig und sehen so freundlich aus. 
Mein lieber Ernst! Ich denke immer an Dich. Auch abends gehen meine letzten Gedanken zu Dir und früh, wenn ich aufwache, habe ich auch gleich Dein Bild vor mir. Du bist doch mein lieber, lieber Mann. Ich schließe nun für heute. Sei recht herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Annie und denke immer an mich.
Sei ganz ganz vielmals gegrüßt und geküßt von Deiner Helga. Weißt Du, Du bist doch der liebste von der Welt.         Jörg. 15.8.40

Brief 47 vom 12./13.8.1940


Lieber Ernst!                                                                            12.Aug,40.

Heute früh erhielt ich Deinen lieben Brief vom 6.8. und die Zeitung. Es tut mir sehr leid, daß ich Dich mit meinem Schreiben vom 31.7. so verärgert habe, daß Du mir den Standpunkt so klar machen mußtest. Ich glaube zwar, daß Du das, was ich geschrieben habe, falsch aufgefaßt hast, denn Du mußt nicht glauben, daß ich mich über die Päckchen nicht gefreut habe. Im Gegenteil, meine Freude ist darüber immer sehr groß. Mein Fehler ist nur, daß ich immer gleich so Sorge um Dich habe und dadurch war meine Freude etwas gedämpft. Vielleicht habe ich mich nun wieder falsch ausgedrückt, aber ich weiß nicht, wie ich es sonst schreiben soll. Ich werde nun versuchen, mir meine übergroße Sorge um Dich etwas abzugewöhnen. Den Kopf hast Du mir wirklich gründlich gewaschen und ich fühle mich ziemlich zusammengestaucht. Ich werde mir Mühe geben, daß ich Dir in Zukunft nicht mehr mit Klagen das Leben schwer mache.  Ich schicke Dir heute wieder einige Zeitungen zu.  Laß mich nun für heute schließen und sei bitte nicht mehr über mich verärgert. Es war wirklich nicht meine Absicht, Dich zu ärgern und Du kannst mir wirklich glauben, daß ich mich über Deine Päckchen immer sehr freue. Beweisen kann ich es Dir ja jetzt nicht, Du mußt es mir eben so glauben.  Sei recht herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Annie.

 Mein lieber, lieber Ernst!                                                         Konstanz, 13.8.40. 

Heute traf Dein lieber Brief vom 5.8. ein. Dieser Brief ist so lieb geschrieben. Ich kann nun erst richtig ermessen, wie Du Dich über meinen Brief vom 31.7. geärgert haben mußt, daß Du mir am nächsten Tag so den Kopf gewaschen hast. Du hast mir in Deinem Brief vom 5.8. so viel Lob ausgesprochen. Hättest Du das am nächsten Tag nicht gern rückgängig gemacht, nachdem ich Dich so geärgert habe? Ich schicke Dir heute noch einen Brief mit, der mein Verhalten vielleicht etwas erklärt. Als ich den Brief vom 5.8. vorhin gelesen habe, war ich schon ganz glücklich, daß Du mir nicht mehr böse bist, bis ich dann gesehen habe, daß der andere Brief ja vom 6.8.  ist, also von einem Tag später. Ich hoffe aber, daß Du mir, bis Du diesen Brief erhältst, nicht mehr böse bist, denn das macht mich ganz unglücklich. 
Nun will ich Deinen Brief noch beantworten.  Die Kakteen haben mich nicht so zerstochen. Ich sehe immer viel zerkratzter aus, wenn ich mit den Brombeeren zu tun habe. Ich bin froh, daß Du Dich über meine Arbeit an den Kakteen gefreut hast. In der Wohnung haben wir noch nicht viele Schnaken. Nur, wenn ich Äpfel suche, kommen sie aus den Kartoffelstauden scharweise herausgestürzt. 
Es hat mich gefreut, daß Du mir schreibst, daß Dich die Bilder in der Wochenschau so weich gestimmt haben. Sehe ich doch auch hieraus wieder, daß Du an uns hängst.  Es ist schön von Dir, daß Du die Pralinen so ohne Widerrede gegessen hast. Du sollst doch auch Deinen Anteil haben, denn wenn Du auch nicht hier bist, so gehörst Du doch noch genau so zu uns. 
Im Garten habe ich gestern auch wieder geschafft. Unkraut habe ich von den Erdbeeren entfernt und einen Teil der Ausläufer abgeschnitten. Dann habe ich das Erbsenreisig neben den Gurken entfernt. Da haben jetzt die Gurken mehr Platz. Raupen habe ich auch wieder ein paar abgelesen. Das Kraut macht sich fein heraus. 7 Pfund Rhabarber habe ich nochmals geerntet, den mache ich in Flaschen ein. Auch 15 große Gurken habe ich rübergeholt, da mache ich Senfgurken. Gestern hat es auch wieder 3 Pfund Falläpfel und 3 ½ Pfund Tomaten gehabt. Bei Tag essen die Kinder jetzt öfter Tomaten ohne Brot. Bohnen will ich auch noch einmachen. Ich würde mich ganz gern einmal ausruhen, aber ich habe es vorige Woche gesehen, als Siegfried da war. Wenn man ein paar Tage alles liegen läßt, muß man hinterher doppelt so viel schaffen. Die Gurken werden gelb und die Bohnen hart, wenn man sie nicht rechtzeitig erntet und verwertet. Im Winter ist man wieder um alles froh.
Das Strickzeug habe ich, solange jetzt Hochdruck ist, weggelegt. Mit Mutwillen will ich mich nicht kaputt machen. Am Sonntag hätte ich mich ausruhen sollen, da hat aber das baden so gelockt. 
Inzwischen wirst Du ja den Brief von Helga erhalten haben. Ich habe ihr ja nicht mit geholfen. Als ich den Brief durchgelesen habe, habe ich mich freuen müssen. Er ist doch lieb geschrieben. Die Ferien bekommen Helga gut. Sie fürchtet sich vor der Schule wegen ihrer Handarbeitslehrerin. Die ist scheinbar ziemlich grob. Helga und Jörg sind den ganzen Tag im Freien, nur zum essen sehe ich sie obern. Das ist ja auch richtig so, in der Stube können sie den ganzen Winter sitzen. 
Wolle gibt es ja hier auch noch. Ob es reine Wolle ist, kann ich ja nicht sagen. Wenn Du aber welche kaufen kannst, bin ich natürlich nicht böse. Vielleicht ein schönes blau, nicht zu dunkel. Ich würde sie evtl.  zu einer Strickjacke oder Pullover verwenden. 
Gestern erhielt ich von Erna einen Brief. Ich hatte bei einem Brief, den Siegfried geschrieben hat, etwas mit drunter geschrieben, darauf antwortet sie mir. Ich schicke Dir den Brief später mit.  Ich muß Dir leider mitteilen, daß meine Ersparnisse an Wirtschaftsgeld durch den Garten nicht sehr groß sind. Nicht, daß ich an und für sich keine Ersparnisse dadurch hätte, aber ich gebe das Geld für andere Sachen wieder aus und zwar für Obst. Ich trinke ja nun keinen Wein, dafür bin ich aber ganz wild auf Obst, jetzt vor allen Dingen Pflaumen.  Wahrscheinlich werde ich auch noch ein paar sterilisieren. Du siehst also, von Einsparen ist da bei mir keine Rede. Nun lieber Ernst, will ich schließen.
Sei recht herzlich gegrüßt und geküßt und denke in Liebe und ohne Ärger an Deine Annie.