Dienstag, 22. November 2016

Brief 242 vom 22./23.11.1941


Mein liebster Ernst!                                                                                          Konstanz, 22.11.41             

Vielen Dank für Deinen lieben Brief vom 17.11. mit den Zeitungen. Da habe ich wieder etwas zu lesen.
Es freut mich, daß Ihr jetzt wieder besseres Essen bekommt. Es bekommt ja auch viel besser, wenn man es mit Appetit essen kann. Wir hatten jetzt auch einmal Gräupchen. Vater hatte sie uns gebracht. Sie waren ganz gut. Nur mein Lieblingsessen ist es nicht.
Ich weiß nicht, ob wir ein Fernglas gebrauchen können. Ich selber brauche ja keins. Das muß ich Dir schon überlassen zu entscheiden, ob wir eins kaufen wollen. Bei einem Radioapparat ist ja die Frage des Transportes. So ein Apparat ist ja ziemlich empfindlich und wichtig ist ja, ob man hier Ersatzteile dazu bekommen kann.
Die Frick`s schicken ja Kurt öfter was. Er steht ja mit der Frau auf Du und Du. Im letzten Brief schrieb sie, daß sie wieder ein Päckchen nach Frankreich richtet, da er ja nur noch kurze Zeit in Konstanz ist. Bei den Leuten geht es scheinbar nicht so knapp zu. Ich habe Kurt gebeten, einen Gruß von Dir auszurichten.
Die mit gesandten Briefmarken hebe ich auf. Ich gehe wahrscheinlich in nächster Zeit einmal zum Kuster und frage, was es für neue Marken gibt. Ich muß nur erst wieder Geld haben. Diesen Monat habe ich zu viele Ausgaben gehabt.
Da Du von den 30 Pfg. Marken, die ich Dir geschickt hatte, wieder welche abgeben mußtest, wirst Du wohl nicht mehr viel haben. Ich schicke Dir deshalb wieder 5 Stück mit. Ich habe Dir auch heute ein Päckchen mit Verpackungsmaterial geschickt, da Du ja dort schwer welches bekommst.
Ich komme erst heute Abend zum schreiben. Helga ist nämlich wieder ein bißchen krank. Sie hat Fieber, ist sehr heiser und muß Essen wieder brechen. Dabei ist ihr schwindlig. Vor ein paar Tagen sagte mir Helga, daß die Ingrid krank war. Wahrscheinlich hat sie sich angesteckt. 2 -3 Tage wird Helga wahrscheinlich zuhause bleiben müssen. Sorgen brauchst Du Dir keine zu machen.
Heute Nachmittag habe ich ihr wieder ein bißchen Märchen vorlesen müssen. Das mag sie zu gern.
Heute ist Kurt und Vater da. Damit wir nochmals einen Abend alle zusammen sind. Du fehlst aber sehr. Kurt hat schon manchmal während seines Urlaubs gesagt, daß er Dich sehr vermißt. Es sei ihm immer so, als fehle hier bei uns etwas.
Nun schließe ich wieder für heute. Vater und Kurt werden noch einen Gruß beifügen.
Sei wieder herzlich gegrüßt und geküßt con Deiner Anni.

Lieber Ernst! Wir sitzen alle Drei beisammen, Anni, Kurt und meine Wenigkeit. Kurt muß ja am Montag wieder weg. Bei mir geht es so weit gut. Arbeit hat man genügend. Seit 1 1/2 Woche bin ich in der HIAG, da hat die Firma noch was eingerichtet, weil es dort zu klein war und habe jetzt nicht mehr so weit. Hoffentlich bist Du gesund, was bei mir auch der Fall ist. Herzliche Grüße Dein Vater.

Bevor ich nun wieder in den „Schoß“ meiner Kompanie zurück kehre, will ich Dir noch einen Gruß aus unserem Konstanz senden. In meinem nächsten Brief werde ich Dir von meinem Urlaub berichten. Für heute grüßt Dich herzlich Dein Bruder Kurt.

Mein lieber Ernst!                                                                              Konstanz, den 23.11.41

Heute bekam ich keinen Brief von Dir. Ich kann Dir heute auch nur ein paar kurze Zeilen schreiben. Ich habe heute nämlich noch so viel zu tun. Helga liegt noch auf dem Liegestuhl. Es ist noch nicht sehr viel besser geworden, aber das Fieber hat etwas nachgelassen.
Sie freut sich schon so, daß ich ihr nachher etwas vorlese, es ist ihr sonst doch zu langweilig. Außerdem muß ich heute noch die Strümpfe für Kurt stopfen. Ich habe sie erst gewaschen und da es jetzt so schwer trocknet, sind sie erst jetzt trocken geworden. Morgen fährt Kurt ja nun wieder weg, da möchten sie fertig sein.
Jörg hat sich heute seine Eisenbahn in der Stube aufgebaut und spielt schon die ganze Zeit. Vorhin hat auch Kurt mitspielen müssen.
Helga wollte Dir eigentlich schon gestern einen Brief schreiben. Da wollten Beide ihre Wunschzettel beilegen. Da sie ja nun nicht schreiben kann, soll ich die Wunschzettel Dir heute mitschicken. Schreiben will sie, sobald sie wieder ganz gesund ist.
Gestern Abend war Vater und Kurt da, wie Du ja auch aus dem vorhergehenden Brief ersehen hast. Vater hatte eine Flasche Wehrmutwein mitgebracht, die wir zusammen getrunken haben. Dann hat Vater, wie Dir damals, auch Kurt etwas Geld zugesteckt. Heute setzt er sich noch hin, um für ihn einen Kuchen zu backen und morgen Mittag kommt er schnell noch einmal zu uns, um sich von Kurt zu verabschieden.
Vater hat von 12 - 1 Mittagspause. In den nächsten Tagen will er mir noch etwas Mehl mitbringen, da ihm Kurt von den Fricks welches mitgebracht hat.
Nun will ich für heute schließen. Nimm mit den kurzen Zeilen vorlieb.
Sei recht herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Anni.
Die Testamentabschrift, die ich vorgestern erhielt, schicke ich Dir anbei mit zu. Bei Jörg`s Wunschzettel heißt es: Ein Auto, Soldaten, einen feinen Tannenbaum. Das „einen feinen“ hat er mit viel Stolz geschrieben, da er es schon in der Schule gelernt hat.

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