Mein
liebster Ernst! Konstanz, 20.11.41
Ein
Brief ist heute zwar nicht gekommen. Dafür aber die Päckchen 19 und 20. Nun
weiß ich ja, was in dem Päckchen 19 war. Ich hatte gar nicht gedacht, daß Du
mir die Seife zuschicken wolltest. Ich meinte, Du hättest sie für Dich dort
besorgt. Die Zahnpasta werden wir auch einmal probieren. Der Käse ist auch noch
gut angekommen. Er wird bald gegessen. Ich danke Dir für alles recht sehr.
Von
Tante Agnes bekam ich heute einen Brief. Sie schreibt ganz nett. Ich werde ihr
bald antworten. und schicke Dir den Brief mal mit.
Am
Vormittag habe ich mir den Lodenmantel von Mama hergerichtet. Er sieht noch
ganz ordentlich aus und wird mir im Winter auf dem Rad sicher gute Dienste
leisten.
Auf
dem Tisch geht es bei uns heute ziemlich eng zu. Kurt schreibt mit der
Schreibmaschine, Helga macht Schulaufgaben und ich schreibe an Dich. Ich habe
mich ein bißchen an die Seite gequetscht. In die Stube mag ich mich nicht
setzen, da ist es zu kühl.
Nanni
hatte mir doch mal geschrieben. Ich sollte ihr ja nun wohl wieder schreiben.
Soll ich sie mit Tante Nanni oder Frau Taupitz anreden? Oder würdest Du vielleicht
antworten, wenn ich Dir den Brief zuschicke.
Heute
stand in der Zeitung wieder was vom Eisernen Sparen. Ich schicke Dir den
Artikel wieder mit. Ich glaube, da steht nun das Wichtigste drin.
Da
Du bei den Kindern nach dem Wunschzettel gefragt hast, haben Beide nun einen
geschrieben. Du wirst ihn in den nächsten Tagen bekommen. Jörg sagte heute: „Weißt
Du ich schreibe einen Wunschzettel. Wenn Vaterle nicht weiß, was er uns
schenken soll und er sieht den Zettel, da kommt er gleich auf Verschiedenes,
was er schenken kann.“
Lieber
Ernst, ich habe heute gar keine richtige Ruhe zum Schreiben. Helga fragt mich
öfter wegen ihren Schulaufgaben und Jörg, der vorhin gerade nach hause kam will
jetzt auch schreiben. Da will ich Platz machen.
Sei
für heute wieder recht herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Anni.
Mein
liebster Ernst! Konstanz, 21.11.41
Heute
Abend komme ich erst zum Schreiben, um Dir auf Deinen lieben Brief vom 15.11.
zu antworten. Ich habe heute wieder viel zu tun gehabt und bin ganz müde. Ich
bin froh, daß übermorgen Sonntag ist, da werde ich mich wieder einmal richtig
ausruhen.
Kurt
wohnt bei Paula. Er kann schon nicht gut anders, da er ja voriges Mal auch dort
war. Am Montag 16,57 Uhr fährt er wieder ab. Er fährt über Stuttgart und Metz.
Viel Erholung hat er ja nicht gehabt, er rennt die ganze Zeit herum. Er möchte
es jedem recht machen und kommt dabei selber zu kurz.
Ich
bin wirklich froh, daß der Garten jetzt fertig ist, trotzdem ich gern im Garten
schaffe. Aber bei diesem Wetter ist es kein Vergnügen mehr. Im Sommer ist man
ja gern draußen und man ist auch froh, wenn man ernten kann. Ich habe fast nie
Gemüse kaufen müssen, nur im zeitigen Frühjahr, wo es im Garten noch nichts
gab.
Trotzdem
ich im Garten jetzt nichts mehr zu tun habe, ist die Arbeit doch nicht weniger
geworden. Im Gegenteil, mir reicht die Zeit gar nicht aus. Da habe ich zu
nähen, auszubessern und zu stopfen. Das sind Sachen, die viel Zeit beanspruchen
und zum Schluß hat man doch das Gefühl, nichts Wesentliches geschafft zu haben.
Müde wird man dabei aber doch.
Mit
seidenen Tüchern bin ich jetzt wirklich versorgt. Aber das macht nichts. Die
kann man immer gebrauchen. Es sieht doch immer schön aus. Es sind ja auch 4
verschiedene Farben.
Vater
ist ganz froh, daß er nicht mehr so zur Arbeit hat. So ein ruhiges Arbeiten wie
in der Stadt hat er da ja nicht mehr. Aber trotzdem gefällt es ihm gut. Zum
essen kommt er scheinbar mittags aber nicht, denn er sagte, es lange ihm gerade
zu ein paar Bissen. Die Pause ist wahrscheinlich nicht so lange, ich habe ihn
wirklich noch gar nicht gefragt.
Du,
Ernst, wenn es Dir recht ist und wenn es möglich ist, so schicke mir doch für
meinen Vater zu Weihnachten ein paar Zigarren. Ich würde ihm dann diese mit
etwas Gebäck, oder einem Buch, je nachdem, zuschicken. An Siegfried und auch an
Kurt kann ich ja kein Gebäck zu Weihnachten schicken, da ich nicht so viel Mehl
habe. Soll ich ihnen sonst irgendetwas schicken und was? Und an Erna?
Vielleicht schreibe ich auch nur, oder was meinst du?
Da
die Kinder auch schon ziemlich weihnachtlich gestimmt sind, schickt Dir Jörg
heute ein Bild mit. Das obere Wort hat ihm Helga vorschreiben müssen, das
untere hat er schon selber in der Schule gelernt. Helga und Jörg haben auch
schon in der Stube zusammen beraten, was sie mir schenken wollen. Als sie
herauskamen sagten sie, sie hätten viele Sachen, aber ich könnte mir auch etwas
noch wünschen. Ob ich nicht etwas notwendig zum backen brauchte. Das dürfte ich
mir wünschen. Es handelt sich da um einen Backpinsel, den ich schon noch
gebrauchen kann.
Ich
schicke Dir heute einmal eine Karte mit, die mir so gut gefallen hat, daß ich sie
gekauft habe. Ich dachte, sie würde Dich sicher auch freuen.
Nun
will ich wieder schließen. Sei wieder recht herzlich und recht oft gegrüßt und
geküßt von Deiner Anni.
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