Mein
liebster Ernst! Konstanz, 11.11.41
Heute
Vormittag hatz mir der Briefträger keinen Brief von Dir gebracht, nur einen von
Papa. Darin war auch der Durchschlag des an Dich gerichteten Briefes. Ich
glaube, da wirst Du Dich teilweise wieder darüber geärgert haben. Ich habe nun
heute gleich wieder darauf geantwortet. Bitte Ernst, sei so lieb und schreibe
auf Papa`s Klagen nicht mehr viel. Wir wollen Ärger vermeiden, nicht wahr?
Vater
hat mir jetzt noch die Erdbeersetzlinge aus seinem Garten gebracht. Ich setze
sie mal noch ein, ob sie anwachsen weiß ich ja nicht. Es ist doch schon
ziemlich spät im Jahr. Vater muß jetzt noch den ganzen Garten abräumen, auch
den Zaun abnehmen und die Brombeeren raus machen. Das ist ja eine schöne
Arbeit. Vor allen Dingen, wenn es so kalt ist. Helga ist doch nun in der 3.
Klasse, wo sie lateinisch lernen. Sie haben es doch so Hals über Kopf gelernt,
als sie als „Normalschrift“ eingeführt wurde. Nun bin ich ganz unzufrieden
damit, wie Helga lateinisch schreibt. Sie gibt sich viel Mühe, das sehe ich,
aber es liegt ihr einfach nicht. Nun sagte mir Helga heute, daß sie bei einem
Aufsatz in der Schule beim Schönschreiben eine 4 bekommen hat. Das ist mir gar nicht
so recht, da sie doch bisher in der deutschen Schrift immer eine 2 bekommen
hat. Meinst Du, man könnte da in irgendeiner Weise etwas machen? Mir geht es ja
auch so, daß ich besser deutsch als lateinisch schreibe. Ich möchte nur nicht
gern, daß sich Helga dadurch ihre Zensuren verdirbt.
Eben
klingelte es und der Briefträger brachte mir die 86,17 Mk von der
Zusatzversorgung. Das ist ja schnell gegangen. Ich schicke Dir nun einstweilen
die restlichen 25.-, die ich Dir diesen Monat noch senden kann, denn 40,- hatte
ich ja schon geschickt. Nun schreibst Du mir bitte noch, ob ich Dir davon nun
nächsten Monat noch 40.- schicken soll, oder ob wir noch ein paar Mark sparen
sollen.
Gestern
habe ich für Jörg zu Weihnachten noch 2 Hosen gekauft. Es war ja nicht viel
Auswahl da, aber ich habe doch noch etwas Rechtes bekommen. Eine graue Hose.
Der Stoff wie die Trachtenhosen, also sehr fest. Und eine dunkelblaue
Küblerhose, also wie Bleyle, die man mit Gürten tragen kann. Ich habe sie zum
Sommer zu für Sonntag`s berechnet. Wenn ich Jörg nun noch eine Hose dazu nähe,
ist er für nächstes Jahr versorgt. Spielzeug brauchen wir ja nicht mehr viel
kaufen, für Jörg besorgst Du ja etwas. Ich will ja noch die kleinen Puppenmöbel
für Helga besorgen. Dann hätte ich alles beisammen. Nun kommt nur noch das
Backen an die Reihe.
Es
ist schön, wenn man ein paar Mark Geld auf der Hand hat, daß man notwendige
Sachen ohne Sorgen einkaufen kann. Das verdanke ich auch Dir, mein lieber Mann.
Sei
nun für heute wieder recht herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Anni.
Mein
liebster Ernst! Konstanz, 12.11.41
Es
ist jetzt 21,30 und ich bin gerade heim gekommen. Woher denn, wirst Du fragen.
Ich war bei Vater und habe ihm ein Paket gebracht. Doch warte, ich erzähle Dir
lieber den Tageslauf der Reihe nach. Viel ist es ja nicht. Am Vormittag habe ich
aufgeräumt, Strümpfe gestopft und Essen gekocht. Am Nachmittag bin ich in den
Garten gegangen und habe die Bäumchen
und Sträucher gekalkt. Ich habe den Kalk diesmal mit etwas Wasser angerührt und
mit einem Pinsel aufgetragen. Es ging sehr gut. Nun bin ich im Garten ganz
fertig. Am Vormittag erhielt ich ein Paket für Vater aus Blankenloch von den Fricks. Kurt hatte es abgeschickt. Gegen
Abend kam dann Kurt selber. Er war 2 Tage in Blankenloch gewesen. Die Frau hat
ihm für Vater 2 Brote und noch ein paar Sachen eingepackt. Die habe ich ihm nun
runter gebracht. Vater hat sich sehr gefreut. Kurt sieht ganz gesund aus. Er
ist ja nicht mehr bei den Nachrichten, sondern bei der Geschützbedienung einer
Pak. Wir haben uns heute nur wenig unterhalten können. Er ist bald wieder
gegangen, da er einmal ausschlafen wollte. Kurt hat für Jörg ein Motorboot mit
Schraube und Steuer mitgebracht. Es ist 28 cm lang. Für Helga hat er ein Etui
mit Schere, Häkelnadel, Nadelbüchse, Fingerhut usw. mitgebracht. Es sieht
wirklich fein aus. Ich habe ein seidenes Tuch bekommen, wie Du mir welche
mitgebracht hast. Diesmal in braun. Einen Karton Bonbons hat er für die Kinder
auch wieder mitgebracht. Die Frau Frick hatte noch einige Törtchen mitgegeben.
Morgen
Abend wollte Kurt Vater besuchen. Als ich nun vorhin unten war, sagte er, Kurt
sollte lieber zu uns gehen und er käme rauf. Bei uns sei es doch gemütlicher
und wärmer.
Etwas
zu trinken hat Kurt für Vater auch mitgebracht. Es freut mich, daß er so an ihn
gedacht hat.
Kurt
war ganz erstaunt, daß wir wußten, wo er ist. Er konnte gar nicht begreifen,
wie wir das herausbekommen haben. Derweil war es an Hand des Schieferkastens
doch so einfach.
Vater
arbeitet übrigens seit heute da, wo Kurt zuerst gelernt hat. Es ist dort eine
Abteilung der Firma untergebracht, bei der Vater schafft. Da hat er es ja jetzt
gar nicht mehr weit. Er kann sogar mittags einmal nach hause gehen.
Ich
habe gestern 2 Seegrasunterlagen für die Kinder gekauft, auf die sie sich
setzen können, wenn sie auf dem Boden spielen. Sie können sie aber auch als
Fußunterlagen verwenden. Ich möchte doch, daß unsere Kinder gesund bleiben und
der Boden ist jetzt doch ziemlich kalt.
Einen
Brief habe ich auch heute von Dir nicht bekommen. Ich hoffe, daß morgen wieder
einer kommt.
Sei
nun für heute wieder recht herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Anni.
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