Freitag, 19. Februar 2016

Brief 132 vom 18./19./24.2.1941


Mein liebster Ernst!                                                                          Konstanz, 18.2.41                         

Was soll man nun dazu sagen. Nun habe ich den vierten Tag keinen Brief von Dir bekommen und ich habe doch solche Sehnsucht nach Dir. Es bleibt mir ja nichts anderes übrig als mich zu gedulden, aber schwer ist es doch.
An die Eltern und Kurt habe ich vorhin geschrieben. Die Durchschläge sende ich Dir mit. An Siegfried habe ich noch nicht geschrieben, weil ich auch gar nicht weiß, was ich schreiben soll.
Bei uns wird jetzt der Film „Wunschkonzert“ gespielt. Da er mich interessiert, werde ich morgen mit den Kindern mal hingehen. Du wirst sicher nichts dagegen haben.
Gestern habe ich die Bezugsscheine für die Schuhe für die Kinder bekommen. Ich war ganz erstaunt, wie schnell es diesmal gegangen ist. Wir werden die Schuhe sicher morgen mit besorgen. Hoffentlich bekommen wir etwas Gutes.
Heute Vormittag hatten wir so schönes Wetter. Dann hat sich innerhalb weniger Stunden der Himmel bezogen und jetzt regnet es gar noch. Da werde ich Helga noch den Regenumhang in die Schule bringen müssen, sie wird sonst zu naß. Jörg kann sich noch nicht zum rauf kommen entschließen, er kann doch sooo schön im Vorraum spielen und nicht mal kalt ist es dort, das ist wenigstens seine Auffassung.
Meine Gedanken sind immer bei Dir und ich hoffe immer, daß ich recht bald wieder einen Brief von Dir bekomme. Ich möchte doch wissen,  ob Du ganz gesund bist, wie sich die Angelegenheit wegen des Lehrgangs entwickelt hat und noch vieles mehr. Die Briefe bedeuten doch für mich eine so große Freude. Ernst, mein lieber, lieber Ernst, wenn Du doch bei uns wärst, und wenn es auch nur wieder auf Urlaub wär.
Nimm viele herzliche Grüße und Küsse entgegen von Deiner Annie.

Mein liebster Ernst!                                                                     Konstanz, 19.2.41

Nun habe ich den fünften Tag keinen Brief von Dir erhalten. Was ist da nur los? Hoffentlich bist Du gesund, das ist die Hauptsache. Gestern Abend habe ich gemeint, Du kämst heim, ich habe es immer klingeln hören und bin öfter an die Tür gelaufen. Es war natürlich nichts. Und nun heute wieder keinen Brief. Ich mache mir Sorgen um Dich, Du lieber Ernst. Der letzte Brief war vom 7., das ist doch schon lange her.
Wir wollen heute Schuhe kaufen und ins Kino gehen. Ich habe eigentlich gar keine Lust mehr dazu, aber ich habe es den Kindern versprochen und die freuen sich schon riesig drauf. Das eine Gute ist dabei, daß der Tag schneller vorbei geht. Vielleicht bekomme ich doch morgen wieder einen Brief von Dir.
Wir haben heute sehr schlechtes Wetter, es regnet die ganze Zeit. Aber wenn wir fort gehen, haben wir ja alle unsere Regenmäntel, da macht es uns ja nichts aus.
Wir haben gerade Mittag gegessen und machen uns bald fertig, damit wir noch die Schuhe holen können, ehe wir ins Kino gehen.
Vorhin habe ich Jörg noch die Haare geschnitten. Er wollte ja eigentlich nicht, aber ich habe ihm ein Ultimatum, gestellt „Entweder läßt Du Dir die Haare schneiden, oder Du gehst nicht mit ins Kino.“ Jedes Mal fürchtet er sich erst davor, um hinterher zu sagen, daß es gar nicht weh getan habe und daß er sich jetzt viel besser gefällt.
Ich schließe nun heute in der festen Hoffnung, doch recht bald wieder Nachricht von dir zu bekommen. . Sei recht oft und fest gegrüßt und geküßt von Deiner Annie.

Viele Grüße und Küsse von Deiner Helga und Jörg.


Mein lieber Ernst!                                                                    Konstanz, 24.Febr. 41 abends

Nun bin ich wieder den ersten Abend allein. Daß doch die schönen Tage  immer so schnell vergehen müssen. Meine Gedanken sind immer bei Dir. Ob Du wohl schon ein Unterkommen gefunden hast? Es ist mir sehr einsam. Ich glaube, Dir wird es genau so gehen. Du mußt Dich doch auch erst eingewöhnen, hoffentlich war der Tag nicht gar zu schwer für Dich. Ich werde ja sicher bald Nachricht von Dir bekommen. Du hast hier verschiedenes vergessen. Vor allen Dingen die Lebensmittelkarte. Du wirst sie sicher vermißt haben, dann die Kleiderbürste und die Sockenhalter.
Als wir am Nachmittag nach hause kamen, war das Päckchen Nr. 4 mit Seife von Dir da. Am Nachmittag kam das Päckchen Nr. 12 mit dem Briefmarkenkatalog und den Umschlägen. Außerdem erhielt ich Deinen lieben Brief vom 15.2., in dem Du mir mitteilst, daß Du uns 2 Tage besuchen willst, bevor Du nach Karlsruhe fährst. Das ist nun auch schon wieder vorbei. Es ist alle recht leer ohne Dich.
Am Nachmittag habe ich mir die Rede des Führers angehört. Du wirst ja keine Gelegenheit dazu gehabt haben. Höchstens daß Du sie am Abend gehört hast als sie wiederholt wurde.
Helga kam am Nachmittag mit großem Stolz aus der Schule und brachte den Waschlappen mit, den sie gehäkelt hat. Er sieht sehr nett aus. Ich muß ihn waschen und bügeln. Dann muß sie ihn wieder mitnehmen. Am Ende des Schuljahres erhält sie ihn dann endgültig. Ich gehe nun schlafen, denn es ist nicht schön heute Abend so allein hier zu sitzen, nachdem die letzten Abende durch Dein Hiersein so verschönt worden sind.
Gute Nacht, mein lieber Schatz, schlaf recht gut. Wache  gesund wieder auf.  

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