Mein liebster Ernst! Konstanz,
18.2.41
Was soll man nun dazu sagen. Nun habe ich
den vierten Tag keinen Brief von Dir bekommen und ich habe doch solche
Sehnsucht nach Dir. Es bleibt mir ja nichts anderes übrig als mich zu gedulden,
aber schwer ist es doch.
An die Eltern und Kurt habe ich vorhin
geschrieben. Die Durchschläge sende ich Dir mit. An Siegfried habe ich noch
nicht geschrieben, weil ich auch gar nicht weiß, was ich schreiben soll.
Bei uns wird jetzt der Film
„Wunschkonzert“ gespielt. Da er mich interessiert, werde ich morgen mit den
Kindern mal hingehen. Du wirst sicher nichts dagegen haben.
Gestern habe ich die Bezugsscheine für die
Schuhe für die Kinder bekommen. Ich war ganz erstaunt, wie schnell es diesmal
gegangen ist. Wir werden die Schuhe sicher morgen mit besorgen. Hoffentlich
bekommen wir etwas Gutes.
Heute Vormittag hatten wir so schönes
Wetter. Dann hat sich innerhalb weniger Stunden der Himmel bezogen und jetzt regnet
es gar noch. Da werde ich Helga noch den Regenumhang in die Schule bringen
müssen, sie wird sonst zu naß. Jörg kann sich noch nicht zum rauf kommen entschließen,
er kann doch sooo schön im Vorraum spielen und nicht mal kalt ist es dort, das
ist wenigstens seine Auffassung.
Meine Gedanken sind immer bei Dir und ich
hoffe immer, daß ich recht bald wieder einen Brief von Dir bekomme. Ich möchte
doch wissen, ob Du ganz gesund bist,
wie sich die Angelegenheit wegen des Lehrgangs entwickelt hat und noch vieles
mehr. Die Briefe bedeuten doch für mich eine so große Freude. Ernst, mein
lieber, lieber Ernst, wenn Du doch bei uns wärst, und wenn es auch nur wieder
auf Urlaub wär.
Nimm viele herzliche Grüße und Küsse
entgegen von Deiner Annie.
Mein liebster Ernst! Konstanz, 19.2.41
Nun habe ich den fünften Tag keinen Brief
von Dir erhalten. Was ist da nur los? Hoffentlich bist Du gesund, das ist die
Hauptsache. Gestern Abend habe ich gemeint, Du kämst heim, ich habe es immer
klingeln hören und bin öfter an die Tür gelaufen. Es war natürlich nichts. Und
nun heute wieder keinen Brief. Ich mache mir Sorgen um Dich, Du lieber Ernst.
Der letzte Brief war vom 7., das ist doch schon lange her.
Wir wollen heute Schuhe kaufen und ins
Kino gehen. Ich habe eigentlich gar keine Lust mehr dazu, aber ich habe es den
Kindern versprochen und die freuen sich schon riesig drauf. Das eine Gute ist
dabei, daß der Tag schneller vorbei geht. Vielleicht bekomme ich doch morgen
wieder einen Brief von Dir.
Wir haben heute sehr schlechtes Wetter, es
regnet die ganze Zeit. Aber wenn wir fort gehen, haben wir ja alle unsere Regenmäntel,
da macht es uns ja nichts aus.
Wir haben gerade Mittag gegessen und
machen uns bald fertig, damit wir noch die Schuhe holen können, ehe wir ins
Kino gehen.
Vorhin habe ich Jörg noch die Haare
geschnitten. Er wollte ja eigentlich nicht, aber ich habe ihm ein Ultimatum,
gestellt „Entweder läßt Du Dir die Haare schneiden, oder Du gehst nicht mit ins
Kino.“ Jedes Mal fürchtet er sich erst davor, um hinterher zu sagen, daß es gar
nicht weh getan habe und daß er sich jetzt viel besser gefällt.
Ich schließe nun heute in der festen
Hoffnung, doch recht bald wieder Nachricht von dir zu bekommen. . Sei recht oft
und fest gegrüßt und geküßt von Deiner Annie.
Viele
Grüße und Küsse von Deiner Helga und Jörg.
Mein lieber Ernst! Konstanz, 24.Febr. 41 abends
Nun bin ich wieder den ersten Abend
allein. Daß doch die schönen Tage immer
so schnell vergehen müssen. Meine Gedanken sind immer bei Dir. Ob Du wohl schon
ein Unterkommen gefunden hast? Es ist mir sehr einsam. Ich glaube, Dir wird es
genau so gehen. Du mußt Dich doch auch erst eingewöhnen, hoffentlich war der Tag
nicht gar zu schwer für Dich. Ich werde ja sicher bald Nachricht von Dir
bekommen. Du hast hier verschiedenes vergessen. Vor allen Dingen die Lebensmittelkarte.
Du wirst sie sicher vermißt haben, dann die Kleiderbürste und die Sockenhalter.
Als wir am Nachmittag nach hause kamen,
war das Päckchen Nr. 4 mit Seife von Dir da. Am Nachmittag kam das Päckchen Nr.
12 mit dem Briefmarkenkatalog und den Umschlägen. Außerdem erhielt ich Deinen
lieben Brief vom 15.2., in dem Du mir mitteilst, daß Du uns 2 Tage besuchen
willst, bevor Du nach Karlsruhe fährst. Das ist nun auch schon wieder vorbei.
Es ist alle recht leer ohne Dich.
Am Nachmittag habe ich mir die Rede des
Führers angehört. Du wirst ja keine Gelegenheit dazu gehabt haben. Höchstens
daß Du sie am Abend gehört hast als sie wiederholt wurde.
Helga kam am Nachmittag mit großem Stolz
aus der Schule und brachte den Waschlappen mit, den sie gehäkelt hat. Er sieht
sehr nett aus. Ich muß ihn waschen und bügeln. Dann muß sie ihn wieder
mitnehmen. Am Ende des Schuljahres erhält sie ihn dann endgültig. Ich gehe nun
schlafen, denn es ist nicht schön heute Abend so allein hier zu sitzen, nachdem
die letzten Abende durch Dein Hiersein so verschönt worden sind.
Gute Nacht, mein lieber Schatz, schlaf
recht gut. Wache gesund wieder auf.
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