Mein lieber, lieber Ernst! Konstanz, 30.Januar 41
Heute kam Dein lieber Brief vom 24.1. an.
Hab recht vielen Dank dafür.
Wie ich aus Deinen Briefen immer wieder
ersehe, hast Du jetzt sehr viel Arbeit. Ich bin Dir da gar nicht böse, wenn Du
einmal einen Tag nicht schreibst. Wir hatten es ja so ausgemacht, als Du hier
warst.
Von dem Lachs haben wir gestern gegessen.
Das ist wirklich etwas besonders feines.
Bei uns ist es wieder ziemlich kalt. Es
hat ein bißchen angefangen mit schneien, aber es ist fast zu kalt dazu. Ob es
wohl bei Euch so warm geblieben ist wie Du schreibst?
Ich war heute in der Stadt und habe die
Briefmarke Hitler-Mussolini 2 Mal geholt, ein Randstück. Das ist doch recht?
Gestern Nachmittag war doch Jörg mit Siegfried
in der Stadt. Sie sind da ins Cafe Bohe gegangen und Jörg hat sich 2 Stück
Kuchen raussuchen dürfen. Den Zucker vom Kaffee hat Jörg für Helga mitgebracht.
Das ist doch ganz lieb. Für uns alle haben sie dann noch je 2 Stück Kuchen
mitgebracht.
Wie Siegfried heute mitgeteilt bekam, ist
der Lazarettzug nach Leipzig gekommen. Der wird dort abgeschlossen und
versiegelt und die Mannschaft kommt in ein Leipziger Lazarett.
Jörg ist schon den ganzen Morgen wieder
mit seiner Plastellina beschäftigt. Ganze Landschaften baut er auf. Ab und zu
wird er mal grätig, wenn nicht alles klappt wie er will. Da muß ich öfter mal
dazwischen fahren.
Am Nachmittag höre ich mir die Rede des
Führers an. Den Brief nehme ich am Abend mit, wenn wir ins Kino gehen.
Ich bin jetzt beim Anstricken von Socken
für Vater, nachdem ich die Söckchen für die Kinder fertig habe. Später möchte
ich gar zu gern den Pullover für mich anfangen. Hoffentlich komme ich dazu.
Wir haben doch früher bei
Fußballübertragungen immer gern Dr. Paul Laven gehört. Da steht nun heute ein
Artikel in der Zeitung, der Dich vielleicht auch interessiert. Ich schicke ihn
mit.
Eben ist die Rede des Führers vorbei. Er hat wieder wunderbar
gesprochen. England und auch Amerika sollen sich`s nur gut merken. Wir werden
schon mit ihnen fertig. Wie er sie wieder runtergeputzt hat.
Die Kinder gehen nun bald ins Bett, damit
ich mich zum fortgehen anziehen kann. Es ist gerade 1/2 7 Uhr.
Sei Du, mein lieber Ernst, wieder recht
herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Annie.
Viele
Grüße und Küsse von Deiner Helga und Jörg.
Heute
Abend geht es nu noch mal ins Kino, denn am Sonntag ist die schöne Zeit nun
wieder vorbei. Dir alles wünschend verbleibe ich mit den herzlichsten Grüßen
Dein Schwager Siegfried.
Mein lieber Ernst! Konstanz, 31.1.41
Mein gestriger Brief an dich ist ziemlich
spät fortgekommen. Ich wollte ihn in den Kasten stecken, bevor wir ins Kino
gingen. Nun sind wir aber mit dem Omnibus gefahren und hatten keinen Anschluß
zur Post. Wir sind dann bis Lutherplatz gefahren. Da war es aber schon zu spät,
um noch auf die Post zu gehen. So haben wir den Brief erst nach dem Kino
fortgebracht. Der Film hat mir gut gefallen. Von Konstanz war da öfter die Rede
und auch einige Bilder hat man gesehen. „Falschmünzer“ heißt der Film,
vielleicht kommt er auch mal zu Euch. Heute wir nun „Der Postmeister“ gespielt.
Siegfried sagte, ich solle da unbedingt noch heute Nachmittag hingehen, der
Film sei wunderbar. Er will bei den Kindern bleiben. Ich gehe also auch heute
Nachmittag noch einmal fort, in die Vorstellung um 3.30. Ba bin ich zum
Abendbrot wieder da.
Bei uns ist es wieder ziemlich kalt
geworden. Man muß sich warm anziehen. Mit dem
Frühlingswetter ist es bei uns also noch nichts. Es ist ja auch erst
Anfang Februar. Da muß man schon noch mit Kälte rechnen.
Einen Brief habe ich heute von Dir nicht
bekommen. Ich will aber nicht gleich undankbar sein, denn die vergangenen Tage
bin ich ja nicht zu kurz gekommen. Ich schicke Dir anbei das Programm des
gestrigen Films mit. Vielleicht hast du dafür Interesse.
Wir hören uns gerade nochmals die Rede des
Führers an. Die kann man ruhig ein paar Mal hören. Die Ankündigung des
U-Bootkrieges im Frühjahr wird den Engländern auch nicht angenehm in den Ohren
geklungen haben. Auch Amerika ist ja gewarnt worden. Für uns gibt es da keine Überraschungen.
Es ist so schön zu wissen, daß der Führer das menschenmögliche tut und daß man
sich auf ihn unbedingt verlassen kann.
Nun muß ich mich schon wieder zum
Fortgehen fertig machen. Sei mir nicht bös daß der Brief ziemlich kurz ist. Sei
für heute recht herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Annie. Viele Grüße ud
Küsse von Deiner Helga und Jörg.
Anni
geht heute allein ins Kino, mich nimmt sie nicht mit, weil sie nicht unter
meiner Aufsicht sein will, aber um 6 Uhr wird sie ja wieder da sein und es kann
ja nichts vorfallen. Sonst geht es noch alles in bester Ordnung. Herzliche
Grüße und alles Gute und nicht viel Arbeit wünscht Dir Dein Schwager Siegfried.
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