Freitag, 8. Dezember 2017

Brief 454 vom 29.11.1942


Mein liebsterErnst!                                                    Konstanz, 29.11.42

Ich bin heute immer noch unruhig, ob Dich wohl meine Briefe erreichten. Es wäre ja schlimm, wenn Du die ganze Zeit keine Post erhalten haben solltest. Aber ich kann nicht glauben, dass die Nummer nicht richtig ist. Ich hoffe immer wieder, dass Du auch die Päckchen richtig erhältst.
Wir waren heute auf der Messe. Es war aber tatsächlich gar nichts los. Einige Buden, die meisten mit Kurzwaren und Lederschuhbänder. Dann noch einige Buden mit Schmuck und Wäsche. Das war alles. Keine einzige Spielzeugbude, und das ist doch für die Kinder die Hauptsache. Auf dem Döbele stehen ganze 2 Buden, eine mit Honigkuchen und eine, die Lose verkauft. Da man nun gar nichts zum Spielen kaufen konnte, habe ich wenigstens einen Honigkuchen geholt, den wir dann zuhause gegessen haben. Nochmals brauchen wir tatsächlich nicht auf die Messe zu gehen.
Wir sind dann langsam Heim gegangen, denn man bekam kalte Füße. Am schönsten ist es doch immer daheim. Da kann man sich´s gemütlich machen. Vorhin haben wir Abendbrot gegessen und nun sitzen Helga und ich beim Schreiben und Jörg spielt mit dem Kugelspiel. Dafür haben wir uns die Tischlampe geholt, die alles noch heimeliger macht und das Radio spielt. Vielleicht kannst Du Dir alles so ungefähr vorstellen.
Geschafft habe ich heute nicht viel und werde wahrscheinlich auch nachher nur noch ein wenig lesen. Ich hoffe nur, dass Du auch einen halbwegs guten Sonntag verlebt und vor allen Dingen auch schon Post von mir erhalten hast. Es wird mich sehr freuen, wenn ich die Bestätigung dafür von Dir erhalte. Dann werde ich auch wieder ruhiger sein.
Heute ist der erste Advent. Aber man merkt nicht viel davon, außer dass die Kinder schon die Adventskalender hervorgeholt haben. Einen Kranz haben wir dieses Jahr nicht gemacht, denn wir hatten tatsächlich noch nicht die Zeit, genügen Tannenreisig zu holen und ich muss offen sagen, ich habe auch gar nicht die richtige Lust zu einem Adventskranz. Es wird auch so gehen. Die Hauptsache, dass es ein erträgliches Weihnachtsfest gibt. Und da will ich ja sehen, dass ich den Kindern ein schönes Fest bereite, denn sie sollen daran schöne Erinnerungen haben. Richtig schön wird es ja erst sein, wenn Du wieder einmal hier bist. Das ist bestimmt. Jetzt müssen wir uns eben so durchbeißen.
Nun lass mich für heute schließen, mein lieber, lieber, guter Ernst. Ich habe Dich ja so lieb. Denk an uns und sei recht fest geküsst und gegrüßt von Deiner Annie.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen