Freitag, 8. Dezember 2017

Brief 461 vom 6./7.12.1942


Mein liebsterMann!                                       Konstanz, 6.12.42

Ich beginne heute spät mit schreiben, es ist gleich ¼ 11 Uhr. Vielleicht werde ich nicht mehr ganz fertig, (ich bin nämlich schon sehr müde) da schreibe ich gleich morgen früh weiter.
Am Nachmittag waren wir im Theater. Es war wirklich sehr schön und Helga hat ihre Sache auch gut gemacht. Nur aufgeregt war sie heute Abend. Sie hat Dir noch einen Brief geschrieben, aber die Schrift ist dermaßen scheußlich, dass sie ihn nicht schicken kann und auch selbst nicht will. Sie schreibt ihn morgen, wenn sie wieder ruhiger ist, nochmals.
Vorhin ¼ 9 Uhr, gerade als die Kinder sich ausziehen wollten, war Fliegeralarm. Es hat bis ¼ 10 Uhr gedauert. Dann haben sich die Kinder fertig gemacht und lagen ¾ 10 im Bett. Ich musste mich erst noch ein bisschen ausruhen, denn ich hatte Kopfweh.
Am Nachmittag erhielt ich Deine beiden lieben Briefe vom 22. Und 23.11 Ich danke Dir sehr dafür.

7.12.
Bis hier her bin ich gestern mit dem Schreiben nur gekommen, dann fielen mir immer die Augen zu und es ging nicht mehr. Aber heute früh will ich Dir nun gleich Deine Briefe beantworten.
Wie ich lese, wartest Du so auf das Beamtengesetz. Es tut mir sehr leid, dass ich es Dir noch nicht schicken konnte, aber wie ich Dir schrieb, wird es neu verlegt und ist erst nach einiger Zeit zu haben. Da wirst Du in der ganzen Angelegenheit wohl vorläufig gar nichts unternehmen können.
Ich bin schon erstaunt, dass Ihr dort sogar Torte umsonst bekommt, und scheinbar sogar noch gute. Lass es Dir nur schmecken. Und wenn sonst die Verpflegung auch gut ist, wie Du schreibst, so ist das nur zu begrüßen.
Briefe hast Du auch von mir bekommen. Da brauche ich also nicht zu befürchten, dass sie zurückkommen, wie es mit dem ersten geschah. Das hatte mir einen tüchtigen Schreck eingejagt. Ich sah schon alles wieder hier landen. Weil nun auf Deinem Brief auch der Stempel 00220 war, meinte ich, sie hätten inzwischen die Nummer wieder geändert und Dir nur noch nichts davon gesagt. Jetzt ist ja alles gut, und ich bin froh.
Von Schnee haben wir bisher wenig gemerkt. Es war aber in den letzten Tagen auch nicht mehr so sehr kalt, wie einige Zeit. Erkältet habe ich mich trotzdem ein bisschen, ich weiß nicht, vom Bad oder von der Wäsche. Ich habe so eine Art ukrainische Krankheit. Das ist ziemlich unangenehm. Ich hoffe, dass es bald wieder vorbei geht.
Der Dr. Thomas ist doch eigentlich der Beste Deiner Kameraden gewesen. Und er schreibt Dir auch immer wieder. Ich glaube, dass Du Dich sicher darüber freust.
Mit Urlaub haben sie es ja im Westen doch noch besser gehabt, aber wir wollen froh sein, dass Du jetzt Urlaub haben konntest, denn andere haben es ja noch viel schlimmer.
Gerade erhielt ich Deinen lieben Brief vom 20.11, der von der Feldpostprüfstelle geöffnet worden ist, und den großen Brief mit Durchschlagpapier. Scheinbar gehen meine Briefe jetzt wieder laufend bei Dir ein, was mich sehr freut. Sie sind eigentlich nicht einmal so sehr lange unterwegs.
Du hast Recht, wenn Du schreibst, dass wir mit unseren Kindern bis jetzt zufrieden sein können. Sie sind eine fröhliche Gesellschaft. Dass sich beide öfter händeln müssen, das ist ja nicht nur bei ihnen so. Die Hauptsache ist, dass man hinterher ist und keine Unart durchgehen lässt und einen festen Willen ihnen gegenüber hat.
Den Brief an Papa hast Du schön geschrieben. Da wird er sicher zufrieden sein. Du hast ihm ja sogar alles Gute für seine Ehe gewünscht. Da legt er bestimmt besonderen Wert darauf.
Heute werde ich die Päckchen für Leipzig ganz fertig machen. Es ist drin:
Für Erna 1 Brettchen, 1 Glasuntersetzer, 1 Tuch, 1 Stopfpilz, 1 Tüte Gebäck und für Siegfried Zigaretten. Für Papa Zigaretten, 1 Tüte Gebäck, für seine Frau habe ich keine weiteren Taschentücher gekauft, sondern nur aus einem kleinen Rest eine runde Tasche fürs Taschentuch gehäkelt, wie ich sie mal von Frau Lämmel bekommen habe. Das kostet mir nichts, macht nicht viel Arbeit und sieht doch nicht so schäbig aus. Die Form habe ich Dir hier aufgezeichnet. Weißt Du, wenn ich gar nichts für die Frau schicke, ist Papa beleidigt, und ich habe genug von dem Zank.
Nun lass mich schließen. Ich grüße und küsse Dich, mein lieber Mann, recht herzlich, Deine Annie.

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