Donnerstag, 16. Februar 2017

Brief 283 vom 13./14./15.2.1942


Mein lieber, lieber Ernst!                                                                   13.2.42           
                                   
Ich habe Dir gestern gar nicht geschrieben. Ich hatte Deinen Brief vom 7. bekommen und war doch sehr erschrocken. Ich war zum schreiben viel zu aufgeregt. Weißt Du, ich lebe schon die ganzen Tage in einer Spannung, da ich immer meinte, vielleicht kommst Du doch einmal unverhofft. Als ich nun gestern den Brief erhielt, da konnte ich überhaupt keinen klagen Gedanken mehr fassen. Ich habe mit Ungeduld auf Deinen nächsten Brief gewartet, der nun  heute eintraf und der mich sehr erleichtert hat. Du bist also wieder gesund. Wie froh bin ich darüber. Es muß doch für Dich eigentümlich gewesen sein, als Dir Deine Kameraden nur so mit Abstand begegneten. Das ist ja nun wieder vorbei und ich hoffe nur, daß Du auch weiterhin gesund bleibst.
Ein paar Tage wirst Du ja vergeblich auf einen Brief von mir gewartet haben. Aber da ich ja bestimmt mit Deinem Kommen rechnete, habe ich einige Tage nicht geschrieben.
Wenn Nanni Dir schreibt, Du sollst wegen des verlorenen Päckchens von dort aus was unternehmen, so ist das schon richtig. Ich hatte mich früher, als ein Päckchen so lange unterwegs war, auch bei der Post erkundigt, was ich tun müßte, wenn es verloren gegangen sei. Da sagte man mir, ich könnte gar nichts tun, das müßte der Absender veranlassen.
Siegfried hat mir von seiner Adressenänderung noch nichts geschrieben. Ich habe vor ein paar Tagen einen Brief noch an seine alte Adresse geschrieben.
Ich muß Dir ja direkt zum Rottenführer gratulieren. Die haben sich ja schwer angestrengt und abgesetzt haben sie sich, nicht zum sagen.
Ich würde mich ja sehr freuen, wenn die Sperre tatsächlich in den nächsten Tagen aufgehoben würde und Du bald heimkommen könntest. Aber damit rechnen tue ich mal vorläufig nicht. Es kann ja noch so viel dazwischen kommen.
Mit 11 Grad hast du es ja tatsächlich nicht sehr warm dort. Da verfriert man ja halb. So um die 20 Grad sollte es doch mindestens sein. Da ist es gerade gemütlich.
Ich will heute mit den Kindern in den Märchenfilm „Der Froschkönig“ gehen. Gestern hatte ich ja noch keine Lust dazu, aber nachdem es mir heute etwas leichter ums Herz geworden ist, will ich auch den Kindern gern den Gefallen tun.
Denk Dir, die Kinder haben doch solch schöne Schieferkästen. Die gefallen ihnen aber nicht mehr und sie haben gebettelt, bis ich ihnen unsere alten Schieferkästen die ich wieder aufgefrischt habe, gegeben habe. Jetzt sind sie zufrieden. Bei Deinem Kasten waren doch auf dem Deckel verschiedene Holzstücke raus. Da habe ich neue eingefügt. Es sieht gar nicht schlecht aus.
Ich danke Dir nun auch noch für das Schreibpapier und die Zeitungen, die Du mir geschickt hast. Mit Schreibpapier komme ich wenigstens nicht in Verlegenheit, was sonst leicht passieren könnte, wenn ich es kaufen müßte. Denn mein Verbrauch ist ja ziemlich groß.
Laß mich nun wieder schließen. Sei recht herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Anni.
Ich freue mich sehr, daß Du wieder gesund bist.

Mein liebster Ernst!                                                            Konstanz, 14.2.42

Da die Kinder jetzt gerade in die Stadt gehen, um sich ein Abzeichen zu kaufen und gleichzeitig für mich etwas einzukaufen, gebe ich ihnen diesen kurzen Gruß an dich mit. Zum Brief schreiben bin ich heute beim besten Willen nicht gekommen. Am Morgen kamen die 2 Pakete von Papa mit verschiedner Wäsche, die ich teilweise auch nur versorgen mußte. Vieles kann ich so verwenden, einen Teil muß ich für Helga umarbeiten.
Von Dir kam heute Dein lieber Brief vom 9.2., für den ich Dir herzlich danke und den ich Dir morgen mit beantworten werde.
Vorhin habe ich gerade gebacken und die Treppe geputzt. Nun liegt mir noch ziemlich viel Arbeit da, so daß ich Dich bitte, mit diesen kurzen Zeilen vorlieb zu nehmen.
Sei für heute recht herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Anni.

Mein liebster Ernst!                                                          Konstanz, 15.2.42

Heute möchte ich Dir Deinen lieben Brief vom 9., den ich gestern erhielt, und den vom 11., der heute ankam, beantworten.
Die Vorfreude auf den Urlaub ist mir ja sonst immer recht lieb, aber nachdem es jetzt schon öfter nichts geworden ist, ist es vielleicht am besten so, wie Du schreibst, daß Du ohne Ankündigung einfach hier ankommst.
Die Marke vom Bauverein hat mein Vater nur erhalten und eingereicht. Es ist komisch, aber ich hatte von Anfang an immer die Meinung, daß ich sie finden würde. Darum habe ich auch jedes einzelne Wäschestück genau untersucht.
Ja, die Zähne haben wir wieder in Ordnung bringen lassen. Aber an dem plombierten Zahn habe ich doch ab und zu noch Schmerzen, vor allen Dingen, wenn ich mal Kopfweh habe. Kaltes oder warmes Wasser kann ich aber an den Zahn bringen, das macht gar nichts. Kaputt kann also nichts mehr sein, das hätte der Zahnarzt ja auch gesehen. Ich weiß nicht, von was es kommt.
Mit dem neuen Rodelschlitten sind die Kinder, besonders Jörg, schon öfter gefahren. Er hat ihn sich ja gleich angeeignet.
Auf den Brief vom 7. hast Du ja nicht so lange warten müssen, wie ich erst meinte. Das freut mich.
Ich weiß genau, daß Du mir den Urlaub nicht gern abgeschrieben hast. Da brauchst Du Dir keine Gedanken zu machen. Du kannst ja schließlich auch nichts dafür und Dir wär´s sicher auch lieber gewesen, Du hättest fahren können.
Ja, ich glaube schon daß es für Kurt nicht leicht ist, jetzt nach dem Osten zu kommen. Kurt schrieb doch vorher, daß er wohl eine Schreibpause eintreten lassen wird. Hoffentlich dehnt er sie nicht zu lange aus, denn Vater wartet ja jeden Tag auf ein Lebenszeichen von ihm. Er macht sich eben auch Sorge.
Wir sind heute zu hause geblieben. Ich habe noch verschiedenes zu stopfen und auszubessern. Die Kinder haben sich auch die Zeit vertrieben. Sie haben Hochzeit gespielt. Helga mit einem langen Leinenrock von Mama  und ein Stück Gardine als Schleier, war eine nette Braut. Das Bärle hat (Stoff)Blumen streuen müssen. Zur Hochzeitsfeier gab es heute Nachmittag Kuchen und Kaffee.
Am Vormittag haben Beide etwas Schulaufgaben gemacht, damit sie morgen auf alle Fälle alles fertig haben, wenn ja die Schule anfangen sollte. Ich glaube es zwar nicht.
Helga und Jörg sind doch gestern Nachmittag noch in die Stadt gegangen. 1/2 8 Uhr waren sie endlich wieder da. Sie sind so lange umher gelaufen, bis sie endlich noch ein Abzeichen bekommen haben. Auf der Marktstätte hat der S.A.-Musikzug gespielt. Da haben sie auch noch ein Weilchen zugehört. Es ist jetzt tatsächlich bald so, daß man nach den Abzeichen laufen muß.
Nun laß mich wieder schließen. Ich hoffe doch, daß Du bald einmal auf Urlaub kommen kannst. Die Hoffnung gebe ich jedenfalls noch nicht auf.
Sei recht herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Anni.

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