Mein
liebster Ernst! 2.2.42
Heute
war ein ziemlich ereignisreicher Tag, der teils schönes, teils weniger schönes
brachte.
Mit
dem schöneren will ich anfangen. Da kamen Deine lieben Briefe vom 22. und 28.1.
Der erstere hat sich ja ziemlich verspätet. Aus dem Brief vom 28. konnte ich
lesen, daß Du nun wahrscheinlich doch bald auf Urlaub kommen kannst. Das war
mir das Wichtigste und liebste. Hoffen wir, daß Du wirklich kommen kannst. Wir
würden uns ja so sehr freuen. Zur Vorsicht schreibe ich aber doch noch bis zum
Mittwoch, damit Du, wenn doch noch was dazwischen kommt, nicht so lange ohne
Post bist.
Das
Päckchen Nr. 11 ist ja nun eher angekommen als der Brief, in dem Du es
ankündigst.
Es
ist jetzt hier auch so, daß ich meist ein paar Briefe zusammen bekomme.
Vielleicht wird die Post von einigen Tagen immer zusammen versandt.
Der
Brief an Jörg kam heute auch an. Das war eine Freude. Er hat ihn mir gleich
vorgelesen. Es sieht so lieb aus, wenn er beim lesen die Zeilen mit dem kleinen
Zeigefinger verfolgt. Aber Jörg hat alles fließend lesen können.
Die
26,- von Siegfried kamen heute auch an. Er hat eigentlich 30,- geschickt. Die
4,- sollen für die Kinder sein.
Das
Paket von Papa kam auch an. Wir haben es uns heute Nachmittag von der Post
geholt. Ausgetragen werden sie jetzt nicht, weil die Briefträger nicht mit dem
Rad fahren können bei dem Schnee. Die Briefkästen werden auch nicht mehr
regelmäßig geleert, so daß ich den Brief an Dich am Morgen immer Helga mitgebe,
die ihn auf die Petershauser Post bringt.
Die
große Wäsche habe ich auch soweit fertig. Es hängt alles auf dem Speicher.
Helga hat mir beim Auswringen fest geholfen.
Nun
kommt das weniger Schöne. Es waren heute mehrere fremde Kinder hinterm Haus und
haben eine Schneehöhle gebaut. Ein Junge hat nun zur Margret gesagt, sie soll
Jörg eine Schaufel Schnee anwerfen. Die macht es auch, aber so dumm, daß sie
Jörg mit der scharfen Kante gerade auf die linke Augenbraue schlägt. Es hat
ziemlich geblutet und ist ganz dick. Kaum war das vorbei, sagt mir Helga, daß
die Jungen in unserem Garten in dem schrägen Stück stehen und mit der Schaufel
den Schnee wegschaufeln. Nun habe ich aber doch Erdbeeren frisch gesetzt. Die
hauen sie mir doch mit den scharfen Schaufeln weg. Da bin ich runter und habe es
verboten. Da haben sie bei den Blumen von Frau Nußbaumer weggeschaufelt. Da ist
sie runter gegangen und hat die fremden Jungen rausgejagt. Da ist der Erich
doch frech geworden. Am liebsten hätte man ihm eine gelangt. Auf einmal hat
Frau Büsing mit keifen angefangen. „Geht nicht mehr zu den verrückten Menschern
in den Garten, die haben ja keinen Verstand usw.usw.“ Dann sagt sie zu mir: „Frau
Schwehr hat mir schon gesagt, daß sie bei Herrn Ganahl waren, sie
scheinheiliges Luder, sie sind ein ganz scheinheiliges Mensch usw.“
Die ganze Litanei habe ich gar nicht gehört, nur daß sie noch gesagt hat: „Sie erreichen gar nichts.“
Die ganze Litanei habe ich gar nicht gehört, nur daß sie noch gesagt hat: „Sie erreichen gar nichts.“
Ich
habe mich gar nicht mehr drum gekümmert. Weil ich mich nicht mit ihr rumgeschlagen
habe, sondern zu Herrn Ganahl gegangen bin, bin ich also scheinheilig. Na,
lassen wir sie. Wenn es wieder schlimm wird, beschwere ich mich eben wieder.
Ich weiß nicht, hat es gemacht, daß Du Deinen Urlaub angekündigt hast, aber ich
habe mich gar nicht viel aufgeregt. Das ist mir schon bald zu dumm.
Das
wäre also das Schlechte gewesen. Das ist nun auch vorbei.
An
Papa werde ich in den nächsten Tagen auch wieder schreiben. Mich freut ja, daß
er endlich mit der Frau Junghanns Schluß gemacht hat. Hätte das doch meine
Mutter noch erleben können. Sie wär sicher sehr froh gewesen.
Nun
laß mich schließen. Sei recht herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Anni.
Heute
traf ich die Mutter von Fritz Bautz. Sie sagte mir, daß Fritz jetzt auch
eingezogen worden ist. Zur Ausbildung ist er in Heilbronn.
Die
Gisela und die Ingrid liegen schon seit dem Neujahr im Krankenhaus mit
Scharlach. Sie sind beide auf dem Weg der Besserung.
Mein
liebster Ernst! Konstanz, den
3.2.42
Heute
erhielt ich Deinen lieben Brief vom 29.1. Ich hoffe auch ganz fest mit Dir, daß
Du bestimmt auf Urlaub kommen kannst. Aber richtig freuen will ich mich doch
erst, wenn Du hier vor mir stehst.
Ich
habe heute mehrere Briefe beantwortet. Von Papa hatte ich ja 3 Stück erhalten.
Er schrieb mir auch, daß Siegfried ernstlich krank gewesen ist und daß er
schwere Sorgen um ihn gehabt hat. Gott sei dank war er nach dem letzten Brief
wieder auf dem Weg der Besserung. Die letzten WHW Abzeichen hat uns Papa auch
wieder geschickt. Wir haben uns recht darüber gefreut. In dem Zeitungspaket hat
mir Papa außer einigen Taschentüchern auch ein Nachthemd von Mama mitgeschickt.
Das ist noch aus Stromeyerstoff hergestellt. So hellgrün mit kleinen Blumen.
Das hat sich Mama mal bei ihrem Hiersein von der Frau Rist machen lassen, wenn
ich mich recht erinnere. Es ist aber noch ganz neu, denn sogar die Stoffreste
lagen noch bei. In diesem Hemd steckte nun die Kontrollmarke von der Sparkasse
des Bauvereins. Ich glaube, daß es die ist, nach der wir in Leipzig so eifrig
gesucht haben. Ich habe sie Papa heute wieder mitgeschickt. Hoffentlich kommt
sie richtig an.
Wie
Papa schrieb, bekommen wir jetzt sicher den Schlitten von Alice. Da hat dann
endlich mal der Zank um den Rodelschlitten ein Ende. Eine Weile wird es zwar
noch dauern, bis derselbe hier eintrudelt.
Gestern
habe ich den Dentisten Beck angerufen, wann es ihm am günstigsten ist, wenn wir
Drei zum nachsehen der Zähne kommen. Er meinte, am besten am Freitag um 4 Uhr.
Da werden wir also hingehen.
Sonst
ist heute nicht viel Neues zu berichten. Sei deshalb heute wieder recht
herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Anni.
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