Mein
liebster Ernst! Konstanz, 9.2.42
Heute
erhielt ich Deinen lieben Brief vom 3.2. Es geht Dir also wie mir. Ich weiß
auch gar nicht, was ich schreiben soll. Man muß erst die Enttäuschung
überwinden, daß es nun mit dem Urlaub wieder nichts ist.
Du
schreibst nun heute, daß ich Dir den üblichen Betrag zusenden soll. Das tue ich
gleich am Nachmittag. Meine Anfrage im gestrigen Brief hat sich ja dadurch
erledigt. Auch die Briefmarken besorge ich am Nachmittag.
Helga
ist jetzt gerade unterwegs, um den gestrigen Brief an Dich fortzubringen.
Vielleicht erhältst Du beide am gleichen Tag, den gestrigen und den heutigen.
Jörg
sitzt bei seinen Schulaufgaben. Die Lehrerin hat gesagt, die Kinder sollen
zuhause weiter lernen. Die Mutter soll ihnen die Buchstaben, die sie noch nicht
gelernt haben, das U, P, Q und das Y selber lernen und ihnen Aufgaben geben.
Sonst kommen sie mit den Aufgaben nicht durch im Schuljahr. Mit der Helga muß
ich die verschiedenen Rechenaufgaben durchgehen.
Bei
uns weht heute ein ziemlich kalter Wind. Das ist ziemlich unfreundlich. Sonst
macht einem etwas Kälte ja nichts aus, aber der Wind zieht so durch.
Es
hat uns schon ziemlich weh getan, daß Du uns wegen des Urlaubs abschreiben
mußtest. Aber er nützt ja alles nichts. Abwarten ist das einzige, was man tun
kann. Dir tut es ja nicht weniger weh, das lese ich ja auch aus Deinen Briefen.
Vielleicht dauert es doch nicht mehr gar so lange, bis Du kommen kannst. Darauf
hoffen wir ganz fest.
Ich
habe noch eine Bitte an dich. Wenn Du ja auf Urlaub kommen kannst, so bringe
doch bitte, wenn es Dir möglich ist, 1 oder 2 Pfund Salz mit. Wegen der
Schneefälle konnte nicht gearbeitet werden, wurde mir gesagt. Bei Webers gibt
es schon keins mehr und in nächster Zeit ist auch nicht damit zu rechnen. Ich
will sehen, ob ich bei Tengelmann noch welches bekomme. Aber vielleicht ist es
dir möglich, etwas mitzubringen.
Nun
laß mich schließen. Sei recht herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Anni.
Mein
liebster Ernst! Konstanz, 10.2.42
Nach längerer Zeit scheint heute zum ersten
Mal wieder die Sonne. Bisher war der Himmel immer verhängt. Da sieht die Welt
gleich freundlicher aus. Trotzdem es vielleicht Unsinn ist, warte ich doch
immer, ob Du nicht doch vielleicht plötzlich hier ankommst. Aber es vergeht ein
Tag nach dem anderen, ohne daß sich diese Hoffnung erfüllt.
Gestern
Nachmittag habe ich wieder das Geld an Dich abgeschickt.
Papa
hatte doch gefragt, ob die Kinder nicht auch einmal an ihn schreiben würden.
Heute haben sich nun Beide hingesetzt und haben einen schönen Brief
geschrieben. Helga hat vom Schusseln und Schlittenfahren erzählt, und daß sie
sich immer auf die Zeitungen freuen. Jörg hat geschrieben, daß er schon lesen
kann und daß er ihm was vorlesen will, wenn er uns mal besucht. Außerdem hat er
ihm von seinen Kanonen erzählt. Ich glaube, Papa wird sich schon freuen.
Bei
Tengelmann habe ich gestern doch noch 2 Pfund Salz bekommen. Wenn es Dir aber
nichts ausmacht, kannst Du ruhig noch 2 Pfund mitbringen. Mehr aber nicht, denn
der augenblickliche Mangel wird sicher bald wieder behoben sein.
Die
restlichen 5 Briefmarken schicke ich Dir heute noch mit. Solltest Du wieder
welche brauchen, so schreibst Du mir.
Laß
mich nun schließen. Sei recht herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Anni.
Mein
liebster Ernst ! Konstanz, den
11.2.42
Ein Brief ist auch heute nicht von Dir
gekommen. Ich hoffe aber bestimmt, daß wenigstens morgen wieder eine kommt.
Ganz
unverhofft kam heute Morgen der Schlitten von Alice und Paul an. Wir hatten
noch gar nicht damit gerechnet. Natürlich war die Freude besonders bei den
Kindern groß. Dem Schlitten war auch noch ein Paket mit mehreren älteren
Märchenbüchern beigefügt. über diese Bücher hat sich Helga zuerst hergemacht.
Von
Papa kam heute auch ein Brief, den ich gleich beantwortet habe. Ich schicke Dir
den Brief mit, denn da Papa meinte, Du seiest hier bei uns, hat er Dir keinen
Durchschlag geschickt. Auch einen Brief an Dich, den Papa an die verkehrte
Adresse geschickt hatte, schicke ich Dir mit.
Was
sagst Du dazu, daß Siegfried immer noch an die Magda schreibt? Das sollte er
doch sein lassen. Er kann sich doch denken, daß Erna da nicht damit
einverstanden ist. Aber mir geht das ja nichts an. Das müssen sie miteinander
ausmachen.
Ich
überlege mir jeden Tag, was Du wohl jetzt machst. Ob Du schon Aussicht hast,
bald heim zu kommen, oder ob wieder jemand krank geworden ist. Hoffentlich bist
Du wenigstens gesund und munter. Das ist mir das Wichtigste. Warten tue ich ja
trotzdem immer, ob Du nicht plötzlich einmal hier ankommst. Das wäre ja so
schön.
In
den nächsten Tagen werden Raucherkarten ausgegeben. Ich will sehen, daß ich mir
vielleicht eine ausstellen lasse, damit ich ab und zu für Vater ein paar
Zigarren mit besorgen kann. Ich habe deshalb mir ihm gesprochen und er wäre
einverstanden. Mal sehen, ob´s geht.
Vorgestern
war ich auch mit beim Kohlenmann. Ich habe noch meine restlichen 8 Ztr. Brikett
bestellt. Wenn sie innerhalb 2 Wochen nicht gebracht worden sind, müßte ich sie
mir selber holen, weil sie sich danach richten müssen, wie sie Benzin haben.
Lieber wäre mir das Bringen ja schon.
Nun
hätte ich eigentlich nichts weiter zu berichten. Laß mich deshalb für heute
schließen.
Sei
recht herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Anni und bleibe ganz gesund.
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