Donnerstag, 9. Februar 2017

Brief 282 vom 9./10./11.2.1942


Mein liebster Ernst!                                                                Konstanz, 9.2.42                                        

Heute erhielt ich Deinen lieben Brief vom 3.2. Es geht Dir also wie mir. Ich weiß auch gar nicht, was ich schreiben soll. Man muß erst die Enttäuschung überwinden, daß es nun mit dem Urlaub wieder nichts ist.
Du schreibst nun heute, daß ich Dir den üblichen Betrag zusenden soll. Das tue ich gleich am Nachmittag. Meine Anfrage im gestrigen Brief hat sich ja dadurch erledigt. Auch die Briefmarken besorge ich am Nachmittag.
Helga ist jetzt gerade unterwegs, um den gestrigen Brief an Dich fortzubringen. Vielleicht erhältst Du beide am gleichen Tag, den gestrigen und den heutigen.
Jörg sitzt bei seinen Schulaufgaben. Die Lehrerin hat gesagt, die Kinder sollen zuhause weiter lernen. Die Mutter soll ihnen die Buchstaben, die sie noch nicht gelernt haben, das U, P, Q und das Y selber lernen und ihnen Aufgaben geben. Sonst kommen sie mit den Aufgaben nicht durch im Schuljahr. Mit der Helga muß ich die verschiedenen Rechenaufgaben durchgehen.
Bei uns weht heute ein ziemlich kalter Wind. Das ist ziemlich unfreundlich. Sonst macht einem etwas Kälte ja nichts aus, aber der Wind zieht so durch.
Es hat uns schon ziemlich weh getan, daß Du uns wegen des Urlaubs abschreiben mußtest. Aber er nützt ja alles nichts. Abwarten ist das einzige, was man tun kann. Dir tut es ja nicht weniger weh, das lese ich ja auch aus Deinen Briefen. Vielleicht dauert es doch nicht mehr gar so lange, bis Du kommen kannst. Darauf hoffen wir ganz fest.
Ich habe noch eine Bitte an dich. Wenn Du ja auf Urlaub kommen kannst, so bringe doch bitte, wenn es Dir möglich ist, 1 oder 2 Pfund Salz mit. Wegen der Schneefälle konnte nicht gearbeitet werden, wurde mir gesagt. Bei Webers gibt es schon keins mehr und in nächster Zeit ist auch nicht damit zu rechnen. Ich will sehen, ob ich bei Tengelmann noch welches bekomme. Aber vielleicht ist es dir möglich, etwas mitzubringen.
Nun laß mich schließen. Sei recht herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Anni.

Mein liebster Ernst!                                                      Konstanz, 10.2.42

 Nach längerer Zeit scheint heute zum ersten Mal wieder die Sonne. Bisher war der Himmel immer verhängt. Da sieht die Welt gleich freundlicher aus. Trotzdem es vielleicht Unsinn ist, warte ich doch immer, ob Du nicht doch vielleicht plötzlich hier ankommst. Aber es vergeht ein Tag nach dem anderen, ohne daß sich diese Hoffnung erfüllt.
Gestern Nachmittag habe ich wieder das Geld an Dich abgeschickt.
Papa hatte doch gefragt, ob die Kinder nicht auch einmal an ihn schreiben würden. Heute haben sich nun Beide hingesetzt und haben einen schönen Brief geschrieben. Helga hat vom Schusseln und Schlittenfahren erzählt, und daß sie sich immer auf die Zeitungen freuen. Jörg hat geschrieben, daß er schon lesen kann und daß er ihm was vorlesen will, wenn er uns mal besucht. Außerdem hat er ihm von seinen Kanonen erzählt. Ich glaube, Papa wird sich schon freuen.
Bei Tengelmann habe ich gestern doch noch 2 Pfund Salz bekommen. Wenn es Dir aber nichts ausmacht, kannst Du ruhig noch 2 Pfund mitbringen. Mehr aber nicht, denn der augenblickliche Mangel wird sicher bald wieder behoben sein.
Die restlichen 5 Briefmarken schicke ich Dir heute noch mit. Solltest Du wieder welche brauchen, so schreibst Du mir.
Laß mich nun schließen. Sei recht herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Anni.

Mein liebster Ernst !                                                  Konstanz, den 11.2.42

  Ein Brief ist auch heute nicht von Dir gekommen. Ich hoffe aber bestimmt, daß wenigstens morgen wieder eine kommt.
Ganz unverhofft kam heute Morgen der Schlitten von Alice und Paul an. Wir hatten noch gar nicht damit gerechnet. Natürlich war die Freude besonders bei den Kindern groß. Dem Schlitten war auch noch ein Paket mit mehreren älteren Märchenbüchern beigefügt. über diese Bücher hat sich Helga zuerst hergemacht.
Von Papa kam heute auch ein Brief, den ich gleich beantwortet habe. Ich schicke Dir den Brief mit, denn da Papa meinte, Du seiest hier bei uns, hat er Dir keinen Durchschlag geschickt. Auch einen Brief an Dich, den Papa an die verkehrte Adresse geschickt hatte, schicke ich Dir mit.
Was sagst Du dazu, daß Siegfried immer noch an die Magda schreibt? Das sollte er doch sein lassen. Er kann sich doch denken, daß Erna da nicht damit einverstanden ist. Aber mir geht das ja nichts an. Das müssen sie miteinander ausmachen.
Ich überlege mir jeden Tag, was Du wohl jetzt machst. Ob Du schon Aussicht hast, bald heim zu kommen, oder ob wieder jemand krank geworden ist. Hoffentlich bist Du wenigstens gesund und munter. Das ist mir das Wichtigste. Warten tue ich ja trotzdem immer, ob Du nicht plötzlich einmal hier ankommst. Das wäre ja so schön.
In den nächsten Tagen werden Raucherkarten ausgegeben. Ich will sehen, daß ich mir vielleicht eine ausstellen lasse, damit ich ab und zu für Vater ein paar Zigarren mit besorgen kann. Ich habe deshalb mir ihm gesprochen und er wäre einverstanden. Mal sehen, ob´s geht.
Vorgestern war ich auch mit beim Kohlenmann. Ich habe noch meine restlichen 8 Ztr. Brikett bestellt. Wenn sie innerhalb 2 Wochen nicht gebracht worden sind, müßte ich sie mir selber holen, weil sie sich danach richten müssen, wie sie Benzin haben. Lieber wäre mir das Bringen ja schon.
Nun hätte ich eigentlich nichts weiter zu berichten. Laß mich deshalb für heute schließen.
Sei recht herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Anni und bleibe ganz gesund.

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