Freitag, 29. Mai 2015

Brief 8 vom 30.05.1940


Mein lieber Mann!                                                         30.5.                                                                                                                                             
 Heute hat es wieder in einer Tour geregnet, ohne Unterbrechung. Das ist nun der 2.Tag und es wird langsam langweilig. Schönes Wetter kann man viel länger aushalten.
Viel ist von dem heutigen Tag nicht zu berichten.
Ich habe meine aufgesparten Arbeiten erledigt und die Kindern haben gespielt.
Bei Helga muß ich jetzt aufpassen, sie will in ihren Schulaufgaben wieder nachlässig werden. Heute habe ich sie die Aufgabe nochmals schreiben lassen. Da hat sie sich aber dann Mühe gegeben und sehr gut geschrieben. Ich halte sie schon in Zucht. 
Heute Abend habe ich Besuch von Vater und Kurt. Sie sitzen beide da und lesen. Also ist es sehr unterhaltend. So habe ich aber wenigstens Gelegenheit, in Ruhe an Dich zu schreiben. 
Als ich heute im Garten Spinat geholt habe, habe ich gerade gesehen, daß jetzt alle Stangenbohnen herauskommen, also an sämtlichen Stangen. Der Regen tut ja gut, aber jetzt könnte es dann bald wieder aufhören. Mit dem Spinat ist es dann fertig. Er blüht überall.
Ich habe heute soweit alles geholt. Morgen gibt es wieder Salat, worauf wir uns alle schon freuen. Gestern habe ich 2 ½ Pfund Rhabarber zu Marmelade gekocht. Wir haben noch einen Topf Brombeermarmelade, aber den hebe ich noch ein Weilchen auf.
Die Rhabarbermarmelade schmeckt auch gut. Dazu habe ich schon von dem gesparten Zucker verwenden können.  Heute habe ich bei Weber‘s eine Milchschokolade erwischen können, die haben wir ganz allein gefuttert, denn es hat ja keinen Zweck, Dir welche zu schicken, wenn Du Dir dort welche kaufen kannst. 
Ich schicke Dir wieder einen Zeitungsausschnitt mit, der Dich auch interessieren wird.
Vater hat noch einen Gruß beigefügt. Ich soll Dir schreiben, er hätte schon öfter einen Gruß geschrieben, aber es hätte immer nicht geklappt.
Nun will ich schlafen gehen, Gute Nacht, lieber Ernst.

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