Sonntag, 24. Mai 2015

Brief 4 vom 24.05.1940


Mein lieber Mann!                                                        24.5.40                             ¾ 4 Uhr                                                                                                      
 Eben komme ich heim. Ich wollte den Brief an Dich wegschaffen, konnte aber die Bilder noch nicht erhalten. Sie werden erst ½ 7 Uhr fertig. Da fahre ich nachher nochmals hin.
Wie ich jetzt heim komme, liegt Dein lieber Brief im Kasten. Da habe ich mich aber gefreut.
Auch von Elsa ist ein Brief da, ich habe ihn aber noch gar nicht aufgemacht, sondern will Dir erst antworten.
Ich danke Dir vielmals, daß Du mir so ausführlich geschrieben hast.
Wenn Du aber keine Zeit haben solltest, bin ich auch mit einem kurzen Gruß zufrieden. Euer Tagesablauf ist ja ziemlich streng.
Um 5 Uhr früh schlafe ich noch. Ich stehe so auf wie früher. Ich nehme abends Dein Bild immer mit ans Bett, damit ich Dich nochmals ansehen kann, ehe ich das Licht ausmache. Dabei muß ich dann immer an das: „Mach die Funzel aus“ denken und muß in der Erinnerung immer wieder lachen. 
Es wird Dir sicher auch gut tun, das Füße abbürsten, denn es erfrischt doch.  Die Dextropur-Energen Tabletten besorge ich heute noch. Ich schaue auch nach Wollappen nach und sende Dir beides morgen oder übermorgen.   Wegen den Kindern brauchst Du Dir wirklich keine Sorgen zu machen.
Augenblicklich folgt Jörg ziemlich gut und auch sonst ist mir deswegen nicht angst, ich werde schon mit ihm fertig.  Hoffentlich macht Dir das Impfen keine großen Beschwerden. Meine Gedanken sind immer bei Dir.  Heute, als ich gerade mit dem oberen Stück Kartoffelfeld fertig war mit Hacken, kam, wie ich ja schon schrieb, Kurt. Er hat sich in Th. die ganzen Füße aufgeschunden, daß sie geeitert haben.
Im Lazarett beim Schneiden und Verbinden haben sie seine Füße nochmals untersucht und gesagt, daß er unmöglich bei der Infanterie  bleiben kann. Das andere habe ich Dir ja schon geschrieben. 
Meine Eltern haben sich über Siegfrieds Brief auch noch mal mit Kurt unterhalten und der hat ihnen nochmals dasselbe gesagt, was wir geschrieben hatten.
Ich habe ja heute an Siegfried geschrieben und zwar im versöhnlichen Sinne, denn es hat ja keinen Zweck, sich deshalb gegenseitig zu ärgern. 
Kurt war nur kurze Zeit bei uns. Er ist dann zu Paula, Deinem Vater und ins Geschäft.
Er will wahrscheinlich die Tage, wo er hier ist, schaffen, damit er ein bißchen Geld auf die Hand bekommt. Er ist ziemlich abgebrannt. 
Lieber Ernst! Laß mich jetzt schließen. Ich bin ganz glücklich, daß ich wieder Nachricht von Dir habe. Viele herzliche Grüße und Küsse von Deiner Annie. 

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