Samstag, 13. Juli 2019

Brief 757 vom 1 und 2.7.1944


Mein liebster Ernst !         Konstanz, 1.7.44       

Die Woche geht ihrem Ende entgeggn. Wenn es morgen schön ist, fahren wir nach dem Mindelsee. Wir nehmen Ingrid mit. Resi fährt, wie sie sagt, zum heuen.  Heute Morgen hat es mit keine Ruhe gelassen, ich dachte, ich frage doch überall nochmals nach einem Vorschaltwiderstand. Natürlich war es vergeblich. Der Installateur in der SA Straße sagte mir noch, ich sollte doch zu einem RAdiofachmann gehen, vielleicht in der Paradiesstraße. Da war ich noch nicht und ich dachte mir, hin gehen tue ich doch mal. Als ich hin kam, sasgte der Mann „Da habe ich keinen Widerstand, aber wir könnten einen anfertigen. Ist es Apparat mit Holzgehäuse? Da könnten wir den Widerstand am besten einbauen, da haben sie nicht immer die Schalterei damit. Bringen sie den Apparat mal her.“ Das habe ich nun getan und am Donnerstag soll ich nachfragen. Hoffentlich ist nichts am Apparat selbst kaputt gegangen, als der Widerstand entzwei ging. Wir würden uns ja sehr freuen, wenn der Apparat wieder gemacht würde. Zuviel wollen wir uns vorher nicht freuen. Aber es hat mich schon gefreut, daß der Mann freundlich war und nicht gleich anfing „Gibt es nicht, geht nicht, kann ich nicht machen“ usw. Schon ein freundliches Wort macht in dieser Zeit froh.  Da wir morgen gleich früh wegfahren, werden wir den Brief wahrscheinlich garnicht auf die Post bringen können. Ich schreibe dann gleich am Abend noch mehr dazu und schicke alles zusdammen ab.   
2.7.  
Eigentlich hatten wir um 8 Uhr fortgehen wollen, aber ganz so zeitig sindwir doch nicht fortgekommen. Ich wqr am Morgen so müd, daß ich trotz aller guten Vorsätze erst ½ 7 Uhr aufgestanden bin. Dann hatte ich noch allerhand zu tun. Um 9 Uhr sind wir dann abefahren. Es war nicht so heiß, da Wolken am Himmel standen und die Fahrt war dadurch angenehm. Wir sind wieder bei den schönen Birken, kurz vor Deinem Aussichtsplatz, vorbeigefahren. Sie gefallen mir immer so gut. Dann hatten wir wieder die wunderschöne Aussicht auf den Hegau. Ich kann an diesem Punkt nie vorbeifahren, ohne besonders fest an Dich zu denken. Die Fahrt am Mindelsee entlang bis zu den Seewiesen ganz am Ende war auch wieder herrlich. Gleich als wir aus dem Wald herauskamen, war ein schönes Fleckchen, wo wir unser Zelt aufschlagen konnte. Das hatten wir nämlich zur großen Freude der Kinder mitgenommen.  Zwischen 2 Bäumen hatten wir die Hängematte gehängt und den Fußball hatten wir auch mit. Also alles, was sich Kinder nur wünschen können. Sie waren auch ganz glücklich. Wir haben im Zelt gesessen, wir haben Ball gespielt. Einmal sind wir auch ans Wasser runter gegangen. Aber es war sehr schlammig dort. Ingrid hat schmutzige Füße bekommen und wollte sie in dem kleinen Bach, der dort gerade fließt, waschen. Auf einmal schreit sie, ein Krebs, ein Krebs. Tatsächlich kam einer angelaufen. Wie ein Blitz war Jörg und Ingrid aus dem Wasser. Beim Ballspiel wollte Jörg nie verlieren oder Punkte kriegen. Da meuterte er immer  und schrie rum, bis es mirzu dumm wurde. Da habe ich ihm ein paar tüchtig runtergehauen. Er hat schwer geschrieen und nicht mehr mitgespielt. Aber als wir dann alles zusammenpackten hat er sich wieder beruhigt und war dann brav. Am Morgen hatte ich mich schon einmal so geärgert. Aber wenn man endlich mal zuhaut, bessert sich manches.  Während des Tages sah es aus, als wollte ein Gewitter kommen. Da haben sich die Kinder mächtig gefreut, denn sie wollten gern bei Regen im Zelt sitzen. Aber der Himmel tat ihnen den Gefallen nicht und es blieb schön. Auf dem Heimweg war es heißer als am Morgen. In Allensbach haben wir uns noch mit frischem Wasser erquickt und nach Allensbach wieder einen bunten STrauß gepflückt. Dann sind wir ohne Pause heimgefahren. ½ 8 Uhrwaren wir wieder da. Vom vielen fahren bin ich jetzt ganz lahm. Die Kinder machen schon wieder Pläne fürs nächste Mal. Das Klausenhorn steht auf dem Programm. Dort gibt es doch aber die vielen Bremsen. Heute haben uns dafür die Schnaken zerstochen.  Doch nun laß mich schließen. Du kannst Dir denken, daß ich sehr müd bin. Und morgen habe ich Wäsche. Bleib immer ganz gesund und laß Dich grüßen und herzlich küssen von Deiner Annie.

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