Mein liebster Ernst
! Konstanz, 1.7.44
Die Woche geht ihrem
Ende entgeggn. Wenn es morgen schön ist, fahren wir nach dem Mindelsee. Wir
nehmen Ingrid mit. Resi fährt, wie sie sagt, zum heuen. Heute Morgen hat es mit keine Ruhe gelassen,
ich dachte, ich frage doch überall nochmals nach einem Vorschaltwiderstand.
Natürlich war es vergeblich. Der Installateur in der SA Straße sagte mir noch,
ich sollte doch zu einem RAdiofachmann gehen, vielleicht in der Paradiesstraße.
Da war ich noch nicht und ich dachte mir, hin gehen tue ich doch mal. Als ich
hin kam, sasgte der Mann „Da habe ich keinen Widerstand, aber wir könnten einen
anfertigen. Ist es Apparat mit Holzgehäuse? Da könnten wir den Widerstand am
besten einbauen, da haben sie nicht immer die Schalterei damit. Bringen sie den
Apparat mal her.“ Das habe ich nun getan und am Donnerstag soll ich nachfragen.
Hoffentlich ist nichts am Apparat selbst kaputt gegangen, als der Widerstand
entzwei ging. Wir würden uns ja sehr freuen, wenn der Apparat wieder gemacht
würde. Zuviel wollen wir uns vorher nicht freuen. Aber es hat mich schon
gefreut, daß der Mann freundlich war und nicht gleich anfing „Gibt es nicht,
geht nicht, kann ich nicht machen“ usw. Schon ein freundliches Wort macht in
dieser Zeit froh. Da wir morgen gleich
früh wegfahren, werden wir den Brief wahrscheinlich garnicht auf die Post
bringen können. Ich schreibe dann gleich am Abend noch mehr dazu und schicke
alles zusdammen ab.
2.7.
Eigentlich hatten wir um 8 Uhr fortgehen
wollen, aber ganz so zeitig sindwir doch nicht fortgekommen. Ich wqr am Morgen
so müd, daß ich trotz aller guten Vorsätze erst ½ 7 Uhr aufgestanden bin. Dann
hatte ich noch allerhand zu tun. Um 9 Uhr sind wir dann abefahren. Es war nicht
so heiß, da Wolken am Himmel standen und die Fahrt war dadurch angenehm. Wir
sind wieder bei den schönen Birken, kurz vor Deinem Aussichtsplatz, vorbeigefahren.
Sie gefallen mir immer so gut. Dann hatten wir wieder die wunderschöne Aussicht
auf den Hegau. Ich kann an diesem Punkt nie vorbeifahren, ohne besonders fest
an Dich zu denken. Die Fahrt am Mindelsee entlang bis zu den Seewiesen ganz am
Ende war auch wieder herrlich. Gleich als wir aus dem Wald herauskamen, war ein
schönes Fleckchen, wo wir unser Zelt aufschlagen konnte. Das hatten wir nämlich
zur großen Freude der Kinder mitgenommen.
Zwischen 2 Bäumen hatten wir die Hängematte gehängt und den Fußball
hatten wir auch mit. Also alles, was sich Kinder nur wünschen können. Sie waren
auch ganz glücklich. Wir haben im Zelt gesessen, wir haben Ball gespielt.
Einmal sind wir auch ans Wasser runter gegangen. Aber es war sehr schlammig
dort. Ingrid hat schmutzige Füße bekommen und wollte sie in dem kleinen Bach,
der dort gerade fließt, waschen. Auf einmal schreit sie, ein Krebs, ein Krebs. Tatsächlich
kam einer angelaufen. Wie ein Blitz war Jörg und Ingrid aus dem Wasser. Beim
Ballspiel wollte Jörg nie verlieren oder Punkte kriegen. Da meuterte er
immer und schrie rum, bis es mirzu dumm
wurde. Da habe ich ihm ein paar tüchtig runtergehauen. Er hat schwer geschrieen
und nicht mehr mitgespielt. Aber als wir dann alles zusammenpackten hat er sich
wieder beruhigt und war dann brav. Am Morgen hatte ich mich schon einmal so
geärgert. Aber wenn man endlich mal zuhaut, bessert sich manches. Während des Tages sah es aus, als wollte ein
Gewitter kommen. Da haben sich die Kinder mächtig gefreut, denn sie wollten
gern bei Regen im Zelt sitzen. Aber der Himmel tat ihnen den Gefallen nicht und
es blieb schön. Auf dem Heimweg war es heißer als am Morgen. In Allensbach
haben wir uns noch mit frischem Wasser erquickt und nach Allensbach wieder
einen bunten STrauß gepflückt. Dann sind wir ohne Pause heimgefahren. ½ 8
Uhrwaren wir wieder da. Vom vielen fahren bin ich jetzt ganz lahm. Die Kinder
machen schon wieder Pläne fürs nächste Mal. Das Klausenhorn steht auf dem
Programm. Dort gibt es doch aber die vielen Bremsen. Heute haben uns dafür die
Schnaken zerstochen. Doch nun laß mich
schließen. Du kannst Dir denken, daß ich sehr müd bin. Und morgen habe ich
Wäsche. Bleib immer ganz gesund und laß Dich grüßen und herzlich küssen von
Deiner Annie.
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