Samstag, 7. Oktober 2017

Brief 434 vom 30.9.1942


Mein liebster Ernst!                                       Konstanz, 30.9.42

Der Tag ist wieder vorbei. Gar zu viel habe ich heute nicht getan. Aber müde bin ich doch genug. Am Morgen habe ich Geld geholt. 30.-Mk. habe ich eingezahlt, so dass wir jetzt 478.-Mk. gespart haben. 25.- stehen noch auf dem Gehaltskonto. Ich habe von 229.- zuerst immer nur 227.- und zuletzt nur 225.- abgehoben. So sind die 25.-Mk. zusammen gekommen. Die lasse ich stehen, wenn wir mal etwas Unvorhergesehenes zu bezahlen haben.
Am Nachmittag wollte ich eigentlich in den Garten gehen. Aber da kam Frau Nußbaumer und fragte, ob sie einmal den Wagen bekommen könnte, sie wollte Kartoffeln holen. Ich hatte es ihr gesagt, dass sie ihn bekommen könnte. Da sie aber ja nicht allein 4 Zentner den Schneckenbuckel rauf bringen kann, und da sie mir auch schon manchmal behilflich war, sagte ich, dass ich mit ginge und ihr helfen würde. Sie hat sie woanders bestellt, als wir und musste nur zum Petershause Güterbahnhof. Die Ausgeberei klappte aber nicht richtig, es ging so langsam. Wir haben dann gestanden von 2 bis ½ 6 Uhr. Zuletzt hat der Kartoffelhändler durch Soldaten Biere holen lassen, die er dann gratis verteilt hat zur Erfrischung. Da habe ich in diesem Jahr zum zweiten Mal Bier getrunken, zum ersten Mal in Bregenz. Frau Nußbaumer hat dann den Kindern zum Dank 6 Brötchen und mir 2 Zitronen gegeben, die ja Mangelware sind. Als wir heim kamen, habe ich doch angefangen, mit Äpfel runter machen. 50 Pfund habe ich gepflückt mit dem Pflücker. Sie sind reif, denn wenn ich einen abpflücke, fallen manchmal 2 runter. Und schön groß sind sie. Ich werde jetzt jeden Tag ein paar runter machen, damit nicht plötzlich einmal die Kälte überfällt und Äpfel kaputt gehen. Es wäre sehr schade. Alles Obst ist jetzt wichtig.
Vorige Woche konnte ich dir die grüne Post nicht schicken. Die Frau sagt, dass die Zeitungen zurück geschickt werden mussten und nicht verkauft werden durften.
Ich höre jetzt gerade die Führerrede, die wieder ganz hervorragend ist. Jetzt ist es 10 Uhr. Bald wird sie vorbei sein. Vielleicht sitzt du auch am Lausprecher.
Ich grüße und küsse dich nun wieder recht herzlich   Deine Annie.

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