Montag, 31. Oktober 2016

Brief 230 vom 28.10.1941


Mein liebster Ernst!    Konstanz, 28.10.41                                                                             

Heute bekam ich gleich 2 Briefe vom 24. von Dir. Ich habe mich sehr darüber gefreut. Du weißt ja, an Briefen von Dir kann ich nie zuviel bekommen. Je mehr, desto schöner. Auch das Päckchen Nr. 5 kam an. Gestern wäre es mir übrigens bald passiert, daß ich das eine Päckchen zum Zucker geschüttet hätte.
Daß Du mir nicht immer erfreuliche Sachen mitteilen kannst, ist ja klar. Es passieren eben auch nicht nur erfreuliche Sachen. Aber mir ist es sehr recht, wenn Du mir davon schreibst. Ich bin ja schließlich Deine Frau und möchte auch diese Sachen mit Dir teilen, nicht, daß Du alles in Dich verschließt. Braver ist Euer Hund also auch während Deines Urlaubs nicht geworden. Man meint doch, er würde immer älter und also auch braver. Das ist also nicht der Fall. Mit der Pfütze hat er sich ja wieder ein schönes Stück geleistet.
Trauer herrscht wegen der Vorgänge im Fürsorgeamt, glaub ich, nirgends. Eher Schadenfreude. Wie ich hörte, sollen die Pflichtarbeiter verhört worden sein, wohin sie überall Sachen bringen mußten. Man hört so manches, weiß aber natürlich nicht, wie weit es zutrifft. Das eine ist nur sicher, daß die Angelegenheit ziemlich Staub aufgewirbelt hat, und es könnte wirklich nichts schaden, wenn ein bißchen aufgeräumt würde. Ein großes Maul hat ja der Meier schon, denn sonst traue ich ihm nicht viel Fähigkeiten zu. Mal sehen, wie weit es ihm diesmal hilft.
Es hat mich etwas beruhigt, daß Dein Rücken nun scheinbar doch besser wird, nachdem Du jetzt ziemlich lange damit zu tun gehabt hast. Ich wünsche Dir nun, daß es recht bald ganz gut geht.
Die Kinder sind ja nun ganz gesund. Dafür hat mich seit der Nacht vom Samstag das Übel gepackt, bei dem man mehr rennen muß, als einem lieb ist. Am Sonntag hatte ich dazu noch ziemlich Kopfschmerz und Schwindel, aber das ist Gott sei Dank schnell vorbei gegangen. Eine lustige Schafferei ist es ja, wenn man von der Arbeit immer davon springen muß. Aber die Hauptsache ist, ich kann noch schaffen und das geht noch ganz gut, eben abgesehen von den nötigen Unterbrechungen.
Das Wetter ist heute wieder gar nichts wert. Regen, Regen, Regen. Von den Schweizer Buckeln uns gegenüber leuchtet es weiß. Etwas höher ist also der Regen noch Schnee. Das merkt man auch an der Kühle, die herrscht. Ich bin nur immer wieder froh, daß ich im Garten soweit abgeerntet habe.
Heute Morgen meinte der Briefträger, jetzt langt es bald mit den Päckchen. Ich sagte ihm, daß er mir vorläufig schon noch 3 bringen müßte. Wie hätte er erst gestöhnt, wenn er die noch hätte bringen müssen, die Du selber mitgebracht hast.
Von Kurt erhielt ich heute einen Brief in dem er schreibt, daß er sicher Mitte November in Urlaub käme. Er hätte es bei ihnen immer einer Wichtiger und eiliger als der andere, in Urlaub zu kommen. Er müßte ja lügen, wenn er sagte, er hätte etwas Wichtiges vor und so würde er bald als Letzter seiner Kompanie in Urlaub fahren. Kurt ist doch immer wieder ein gutmütiger Kerl.
Die Maße für einen Mantel schicke ich Dir in den nächsten Tagen. Ich hatte schon gar nicht mehr daran gedacht.
Sei Du, mein lieber , lieber Mann, wieder recht herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Annie.

Mein liebster Ernst!     Konstanz, 28.10.40

Ganz kurz muß ich Dir heute Abend noch schreiben. Es ist ja eigentlich nichts Wichtiges, aber ich freue mich doch so, daß ich`s Dir schreiben muß. Es hat mir keine Ruhe gelassen, seit Du mir vom Belgrader Wachposten erzählt hast und so habe ich immer versucht, ihn zu finden. Heute habe ich es nun erreicht und vorhin habe ich das Lied zum Abschluß der Sendung noch gehört. Da Du mir bei Deinem Urlaub davon erzählt hast, war es mir, als wenn ich Dir ganz nahe gewesen sei. Es hat mir eine richtige Freude gemacht.
Nun gehe ich aber schlafen. Gute Nacht, mein lieber, bester, lieber Kerl. Einen ganz festen Kuß noch von mir.
29.10.
Mein liebster Schatz! Heute habe ich nun die drei restlichen Päckchen 10 - 12 erhalten. Ich möchte Dir nochmals für alles danken. Ich habe jetzt doch Vorrat da und werde sparsam damit umgehen. Es ist doch ganz schön, wenn man nicht so auf dem Trockenen sitzt.
Bei uns hat sich das Wetter noch nicht gebessert. An und für sich ist es nicht mehr ganz so kalt, aber der starke Wind macht es kalt, denn der weht durch alle Kleider. Da die Kinder bei diesem Wetter ja nicht lange draußen sein können, habe ich ihnen auf ihren Wunsch hin die Puppenküche herunter geholt. Da haben sie doch etwas zum spielen. Ich habe sie in den letzten Tagen zum üben etwas schreiben lassen. Aber den ganzen Tag wollen sie das natürlich auch nicht tun, das ist klar. Da war es ihnen nun doch etwas langweilig.
Heute haben die Kinder ihre Sparbüchse geplündert. Morgen ist doch Spartag, da wollen sie doch auch etwas auf die Sparkasse tragen. Es sind je 2,- herausgekommen. Vielleicht lege ich noch je 1,- zu. Das würde sie ja freuen.
Ich weiß heute auch wieder nicht viel zu berichten. Ich wünschte, es würde bald mal besseres Wetter, damit ich im Garten weiterschaffen könnte. Größere Näharbeit möchte ich mir noch nicht vornehmen, denn man kann dann so schlecht davon weg. Man möchte aber doch jeden guten Tag für den Garten ausnutzen. Fange ich eben einstweilen wieder mit stricken an, denn faulenzen kann man doch schließlich nicht.
Ich grüße Dich nur wieder recht herzlich, lieber Ernst, und küsse Dich viele, viele Male Deine Annie.

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