Mein
liebster Ernst! Konstanz, 28.10.41
Heute
bekam ich gleich 2 Briefe vom 24. von Dir. Ich habe mich sehr darüber gefreut.
Du weißt ja, an Briefen von Dir kann ich nie zuviel bekommen. Je mehr, desto
schöner. Auch das Päckchen Nr. 5 kam an. Gestern wäre es mir übrigens bald
passiert, daß ich das eine Päckchen zum Zucker geschüttet hätte.
Daß
Du mir nicht immer erfreuliche Sachen mitteilen kannst, ist ja klar. Es passieren
eben auch nicht nur erfreuliche Sachen. Aber mir ist es sehr recht, wenn Du mir
davon schreibst. Ich bin ja schließlich Deine Frau und möchte auch diese Sachen
mit Dir teilen, nicht, daß Du alles in Dich verschließt. Braver ist Euer Hund
also auch während Deines Urlaubs nicht geworden. Man meint doch, er würde immer
älter und also auch braver. Das ist also nicht der Fall. Mit der Pfütze hat er
sich ja wieder ein schönes Stück geleistet.
Trauer
herrscht wegen der Vorgänge im Fürsorgeamt, glaub ich, nirgends. Eher
Schadenfreude. Wie ich hörte, sollen die Pflichtarbeiter verhört worden sein,
wohin sie überall Sachen bringen mußten. Man hört so manches, weiß aber
natürlich nicht, wie weit es zutrifft. Das eine ist nur sicher, daß die
Angelegenheit ziemlich Staub aufgewirbelt hat, und es könnte wirklich nichts
schaden, wenn ein bißchen aufgeräumt würde. Ein großes Maul hat ja der Meier
schon, denn sonst traue ich ihm nicht viel Fähigkeiten zu. Mal sehen, wie weit
es ihm diesmal hilft.
Es
hat mich etwas beruhigt, daß Dein Rücken nun scheinbar doch besser wird,
nachdem Du jetzt ziemlich lange damit zu tun gehabt hast. Ich wünsche Dir nun,
daß es recht bald ganz gut geht.
Die
Kinder sind ja nun ganz gesund. Dafür hat mich seit der Nacht vom Samstag das
Übel gepackt, bei dem man mehr rennen muß, als einem lieb ist. Am Sonntag hatte
ich dazu noch ziemlich Kopfschmerz und Schwindel, aber das ist Gott sei Dank
schnell vorbei gegangen. Eine lustige Schafferei ist es ja, wenn man von der
Arbeit immer davon springen muß. Aber die Hauptsache ist, ich kann noch
schaffen und das geht noch ganz gut, eben abgesehen von den nötigen
Unterbrechungen.
Das
Wetter ist heute wieder gar nichts wert. Regen, Regen, Regen. Von den Schweizer
Buckeln uns gegenüber leuchtet es weiß. Etwas höher ist also der Regen noch
Schnee. Das merkt man auch an der Kühle, die herrscht. Ich bin nur immer wieder
froh, daß ich im Garten soweit abgeerntet habe.
Heute
Morgen meinte der Briefträger, jetzt langt es bald mit den Päckchen. Ich sagte
ihm, daß er mir vorläufig schon noch 3 bringen müßte. Wie hätte er erst
gestöhnt, wenn er die noch hätte bringen müssen, die Du selber mitgebracht
hast.
Von
Kurt erhielt ich heute einen Brief in dem er schreibt, daß er sicher Mitte
November in Urlaub käme. Er hätte es bei ihnen immer einer Wichtiger und
eiliger als der andere, in Urlaub zu kommen. Er müßte ja lügen, wenn er sagte,
er hätte etwas Wichtiges vor und so würde er bald als Letzter seiner Kompanie
in Urlaub fahren. Kurt ist doch immer wieder ein gutmütiger Kerl.
Die
Maße für einen Mantel schicke ich Dir in den nächsten Tagen. Ich hatte schon
gar nicht mehr daran gedacht.
Sei
Du, mein lieber , lieber Mann, wieder recht herzlich gegrüßt und geküßt von
Deiner Annie.
Mein
liebster Ernst! Konstanz, 28.10.40
Ganz
kurz muß ich Dir heute Abend noch schreiben. Es ist ja eigentlich nichts
Wichtiges, aber ich freue mich doch so, daß ich`s Dir schreiben muß. Es hat mir
keine Ruhe gelassen, seit Du mir vom Belgrader Wachposten erzählt hast und so
habe ich immer versucht, ihn zu finden. Heute habe ich es nun erreicht und
vorhin habe ich das Lied zum Abschluß der Sendung noch gehört. Da Du mir bei
Deinem Urlaub davon erzählt hast, war es mir, als wenn ich Dir ganz nahe
gewesen sei. Es hat mir eine richtige Freude gemacht.
Nun
gehe ich aber schlafen. Gute Nacht, mein lieber, bester, lieber Kerl. Einen
ganz festen Kuß noch von mir.
29.10.
Mein
liebster Schatz! Heute habe ich nun die drei restlichen Päckchen 10 - 12
erhalten. Ich möchte Dir nochmals für alles danken. Ich habe jetzt doch Vorrat
da und werde sparsam damit umgehen. Es ist doch ganz schön, wenn man nicht so
auf dem Trockenen sitzt.
Bei
uns hat sich das Wetter noch nicht gebessert. An und für sich ist es nicht mehr
ganz so kalt, aber der starke Wind macht es kalt, denn der weht durch alle
Kleider. Da die Kinder bei diesem Wetter ja nicht lange draußen sein können,
habe ich ihnen auf ihren Wunsch hin die Puppenküche herunter geholt. Da haben
sie doch etwas zum spielen. Ich habe sie in den letzten Tagen zum üben etwas
schreiben lassen. Aber den ganzen Tag wollen sie das natürlich auch nicht tun,
das ist klar. Da war es ihnen nun doch etwas langweilig.
Heute
haben die Kinder ihre Sparbüchse geplündert. Morgen ist doch Spartag, da wollen
sie doch auch etwas auf die Sparkasse tragen. Es sind je 2,- herausgekommen.
Vielleicht lege ich noch je 1,- zu. Das würde sie ja freuen.
Ich
weiß heute auch wieder nicht viel zu berichten. Ich wünschte, es würde bald mal
besseres Wetter, damit ich im Garten weiterschaffen könnte. Größere Näharbeit
möchte ich mir noch nicht vornehmen, denn man kann dann so schlecht davon weg.
Man möchte aber doch jeden guten Tag für den Garten ausnutzen. Fange ich eben
einstweilen wieder mit stricken an, denn faulenzen kann man doch schließlich
nicht.
Ich
grüße Dich nur wieder recht herzlich, lieber Ernst, und küsse Dich viele, viele
Male Deine Annie.
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