Liebster
Ernst! Konstanz, den 15.10.41
Heute,
da es regnet und ich nichts im Garten schaffen kann, habe ich mich gleich
einmal ans schreiben gesetzt und habe einstweilen an Papa, Kurt und Alice
geschrieben. Die Durchschläge füge ich bei. Nachher schreibe ich vielleicht
noch an Dora. Aber erst sollst Du an die Reihe kommen, denn ich möchte, daß der
Brief noch 1/2 5 mit fort kommt, damit Du nicht zu lange warten mußt.
Heute
erhielt ich wieder eine Karte von Papa, in der er mir mitteilt, daß er unser
Päckchen erhalten hat und sich noch persönlich bei Dir bedanken wird. Er will
mir in der nächsten Woche auch wieder Zeitungen schicken. Siegfried und Erna
waren am Sonntag immer noch nicht zurück gekommen und hatten auch nichts weiter
geschrieben als eine Karte, daß sie gut in Rehau angekommen sind. Das finde ich
aber nicht schön von Siegfried. Er müßte doch wissen, daß es Papa jetzt schwer
zu Mute ist. Ich kann gar nicht begreifen, daß er dafür gar kein Gefühl hat.
Aber ich werde mich deshalb nicht aufregen. Ich werde an Papa öfter schreiben,
das wird ihm auch eine Erleichterung sein.
Denke,
wer noch geschrieben hat, Elsa. Sie entschuldigt sich, daß sie so lange nichts
hat von sich hören lassen. Ich solle es nicht übel nehmen, sie sei in der Zwischenzeit
schon öfter wieder so krank gewesen, daß sie im Bett liegen mußte, so daß nicht
zum Schreiben gekommen ist. Ich werde ihr nun auch wieder antworten.
Wir
haben heute wunderbares Wetter. Du hast mit Deiner Voraussage wahrscheinlich
doch recht gehabt, daß die schönste Zeit vorbei ist. Sogar Hagel hat es vorhin
gegeben. Wir sind froh, daß wir gestern den Tag gleich für den Garten ausgenutzt
haben. Übrigens, das Kellerfenster haben wir gestern auch mit aufgeräumt, die
Blumentöpfe und die Flasche weggeräumt. Das ist also jetzt auch in Ordnung.
Du
bist mir doch sicher nicht böse, wenn ich heute einmal nicht so viel schreibe.
Sicher wird es morgen wieder mehr. Ich bin vom vielen Briefschreiben ganz
ausgepumpt. An Tante Agnes und an Dora werde ich ja sicher dasselbe schreiben,
wie in den anderen Briefen, aber das läßt sich nicht ändern. Was gegrüßt und
ganz fest geküßt von Deiner Annie.
Mein
liebster Ernst! Konstanz,
16.10.41
Heute
fange ich gleich mittags zu schreiben an. Später will ich zur Post fahren und
alle Briefe, die ich gestern geschrieben habe, wegschicken, ebenso das Päckchen
an Dora. Durchschläge von den Briefen, die ich gestern noch geschrieben habe,
lege ich bei. Mit schreiben habe ich mich doch gestern ziemlich angestrengt,
nicht wahr? Weißt Du, was ich auch bis jetzt verbummelt habe? An die Frau
Graser das Geld zu schicken. Ich will es heute gleich mit erledigen, sonst
meint sie, wir wollten es ihr gar nicht wiedergeben.
Ich
schicke Dir heute einen Zeitungsausschnitt mit, der Dich vielleicht
interessiert.
Frau
Steinmehl ist also doch gestorben. Sie haben sie nicht mal mehr bis ins
Krankenhaus gebracht. Ich habe vorhin einen Kranz besorgt. Weil alle hier herum
einen gekauft haben, will ich nicht zurückstehen. Ich habe ihn vorhin auf den
Friedhof gebracht. Herrn Steinmehl habe ich auch gesehen. Da hat man auch
gemeint, die lebten gut miteinander. Wie ich nun hörte, hat sich Frau Steinmehl
öfter beklagt, daß ihr Mann schon seit Jahren kein gutes Wort mehr für sie
hätte. Bezeichnend ist ja, daß er vorgestern, ehe sie ins Krankenhaus gebracht
werden sollte, nicht einmal nach ihr gesehen hat und dem Vorwand, er könnte so
etwas nicht sehen. Na, uns geht es ja nichts an.
Heute
Morgen hatten wir ganz dicken Nebel. Jetzt hat es sich etwas aufgeheitert.
Trotzdem, richtig warm ist es deshalb doch nicht.
Eigentlich
hatte ich Dir heute einen längeren Brief versprochen, aber ich weiß wirklich
nichts weiter zu schreiben. Ein Tag geht ja wieder wie der andere dahin.
Eigentlich wollte ich heute noch im Garten arbeiten, aber ich habe noch
ziemlich in der Wohnung zu tun, daß ich erst einmal da fertig werden will.
Nachher will ich bei Kornbeck wegen Dünger nachfragen. Mal sehen, was ich
bekomme.
Ich
will mich nun zum fortgehen fertig machen und grüße und küsse Dich deshalb für
heute herzlich Deine Annie.
Mein
liebster Ernst! Konstanz,
17.10.41
Ich
komme erst heute Abend zum schreiben, denn ich war heute den ganzen Tag im
Garten und habe die Brombeeren verschnitten und frisch festgebunden. Ich habe
ziemlich aufgeräumt und die abgeschnittenen Ranken türmen sich zu einem
richtigen Haufen. Man kann jetzt sogar wieder durch die Hecke hindurch sehen.
Es sieht jetzt ganz ordentlich aus. Diese Arbeit wäre also getan. Nun kann ich
das Weitere in Angriff nehmen. Aber das umgraben usw. kann man auch machen,
wenn es etwas kühl ist, aber das Verschneiden, bei dem man ziemlich ruhig
steht, möchte man doch gern bei etwas wärmeren Wetter erledigen. Und das war
heute der Fall.
Gestern
habe ich wegen Dünger nachgefragt. Ich konnte aber nur Kali bekommen und davon
nur 5 kg. Es kann sein, daß vielleicht noch Thomasmehl hereinkommt, aber sehr
sicher ist es nicht. Ich muß also einstweilen nut Kali verwenden.
Das
Geld an Frau Graser habe ich gestern abgeschickt. Von daheim erhielt ich
gestern einen Brief, in dem sie mir mitteilen, daß Siegfried und Erna sicher
morgen, also Samstag heiraten werden.
Siegfried hat die Heiratserlaubnis von seiner Truppe bekommen. Ich werde ihnen
schreiben und fragen, was sie sich als Hochzeitsgeschenk wünschen. Etwas
Unnützes möchte ich ihnen nicht schenken. Sollte sie keinen bestimmten Wunsch
haben, können wir ihnen ja etwas Geld schicken, oder Du kannst vielleicht dort
etwas besorgen.
In
der Zeitung stand heute, daß der Schulunterricht bis einschließlich 25.10.
ausfällt. Da brauchen die Kinder also nächste Woche noch nicht zur Schule.
Jetzt
wird es ja sicher nicht mehr so lange dauern, bis ich wieder einen Brief von
Dir erhalte. Ich warte schon sehnsüchtig darauf. Es ist doch sehr einsam ohne
Dich. Ich mache mir auch immer Gedanken, ob wohl Deine Rückenschmerzen
verschwunden sind. Ich hoffe, daß Du mir davon schon schreiben wirst.
Sei
Du, mein liebster, bester Mann, recht herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner
Annie.
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