Mein
lieber Ernst! Konstanz, 26.10.41
Heute,
am Sonntag, erhielt ich Deinen lieben Brief vom 22.10. Ich habe mich sehr
darüber gefreut, denn am Sonntag einen lieben Gruß von Dir zu erhalten, das ist
doch besonders schön.
Ich
hatte Dich heute in Paris vermutet, aber wie ich aus Deinem Brief ersehe, ist
es nichts damit. Ich weiß ja, daß es nicht Dein Geschmack ist, so herdenweise
durch eine Stadt geführt zu werden. Wenn Du heute als OVD eingeteilt bist, mußt
Du ja zu hause bleiben, oder auf der Dienststelle. Vielleicht hörst Du da auch
am Nachmittag Radio, wie wir, denn bei uns ist das Wetter so schlecht, daß man
nicht fortgehen kann.
Ich
bin sehr froh, daß Dein Rücken etwas besser geworden ist, bitte dich aber immer
wieder, laß es nicht hängen. Schone Dich nur, soweit es Dir möglich ist.
Gestern
Nachmittag habe ich im Garten noch die Dahlienstöcke heraus gemach, ebenso die
Roten Rüben im großen Garten, da es doch ziemlich kalt wurde. Heute Morgen fing
es nun an, halb zu schneien und zu regnen. Da habe ich gleich noch die Möhren,
die restlichen roten Rüben und das Rotkraut ins Haus geholt, damit es mir nicht
noch kaputt geht. Morgen will ich alles einlagern und das Kraut aufhängen.
Sobald es dann möglich ist, will ich mit dem umgraben anfangen.
Morgen
müssen ja nun die Kinder wieder in die Schule. Sie haben ja ziemlich lange
Ferien gehabt.
Wieso
muß eigentlich der Tommy auf den Truppenübungsplatz. Müssen das die anderen
auch, die bei der Verwaltung sind? Du hättest übrigens in Deinem gestrigen
Brief angefragt, ob Du an Dora Kaffee schicken sollst, auch wenn er etwas
teurer sei. Da wird es vielleicht am besten sein, Du fragst einmal bei ihr an
und schreibst ihr den ungefähren Preis.
Von
Leipzig lassen sie auch nichts mehr von sich hören. Es könnte höchstens sein,
es wäre ein Zeitungspaket unterwegs. Wahrscheinlich ist aber Dora noch eine
Weile in Leipzig und da kommen sie nicht zum schreiben. Mir ist ja die Hauptsache,
Du schreibst mir immer, das andere ist nicht so wichtig.
Dann
wollte ich Dich noch etwas fragen. Wir müssen doch an Vater noch 100,- zahlen.
Nächsten Monat hätte ich nun im ganzen 85,- übrig. Wäre es Dir da recht, wenn
ich Vater 45,- zahle und Dir 40,- schicke? Da denke ich gerade daran, daß ich
ja noch Filzschuhe beantragen will. Da würde ich mir noch 5,- nehmen, so daß
also Du und Vater je 40,- bekämen. Ich schreibe Dir deshalb schon heute davon,
da bis Deine Antwort da sein kann, doch schon 1 1/2 Woche vergangen sein wird.
Nun
schließe ich wieder. Sei recht herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Annie.
Viele
Grüße und Küsse von Deiner Helga und Jörg.
Mein
liebster Ernst! Konstanz, den
27.10.41
Die
Woche hat heute damit angefangen, daß ich die Päckchen 2, 3, 5 und Zeitungen
von Dir bekam. Ich danke Dir recht sehr dafür.
Heute
Morgen stand in der Zeitung, daß die Schule weiterhin bis einschl. 1.11.
ausfällt. Also noch eine Woche Ferien für die Banausen.
Schönes
Wetter haben wir heute wieder. Die meiste Zeit schneit es und draußen ist alles
Matsch. Dazwischen kommt ja wieder mal für ein paar Minuten die Sonne. Aber die
kann auch nicht viel bessern, höchstens daß sie alles ein bißchen abtrocknet.
Ich
habe am Vormittag das Kraut im Keller aufgehängt und die Möhren und einen Teil
der roten Rüben eingekellert. Einen Teil werde ich gleich zu Salat verarbeiten
und so aufheben.
Ich
bin froh, daß ich die Brombeeren schon fertig habe, denn ich friere manchmal
schon wieder mordsmäßig. Da möchte ich mich nicht gern so ruhig hinstellen
müssen. Beim umgraben wird es einem ja eher ein bißchen warm, trotzdem hätte
ich auch nichts dagegen, wenn ich dazu ein paar schöne Tage erwischte. Aber
lange raus schieben will ich´s nicht mehr, sonst ist vielleicht schon alles
verschneit, wenn es so weiter geht, wie die letzten Tage.
Von
dem Rotwein habe ich schon ein paar Mal getrunken. Ich nehme mir aber immer
noch ein bißchen Zucker dazu. Das ist doch nicht schlimm, nicht wahr?
Unsere
Kinder sind froh, daß sie wieder richtig essen können. Jetzt tun sie sich
wieder eine Güte. Aber vor allen Dingen Helga hat schmale Backen bekommen und
soll nur richtig aufholen. Vor allen Dingen hatten Beide einen richtigen
Heißhunger auf Milch, die sie ja die ganze Woche entbehren mußten.
Ich
weiß heute nichts weiter zu berichten und möchte deshalb schließen. Sei nicht
böse, daß der Brief so kurz ausgefallen ist.
Sei
recht herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Annie.
Kaum
hatte ich meinen Namen unter den Brief gesetzt, da klingelte es und der
Briefträger brachte mir die Päckchen 1,4,6,7,8, so daß ich jetzt bis 8 alle
erhalten habe. Auch Deinen lieben Brief vom 23.10. brachte er mir noch. Ich
habe ihn eben gelesen und danke Dir vielmals dafür.
Bei
dem Brombeeren verschneiden war es diesmal mit den Stacheln nicht sehr schlimm.
Ich habe mir nur ziemlich zerkratzt, aber das ist inzwischen auch wieder weg.
Wie
ich Dir schon gestern schrieb, habe ich seit der Hochzeit, oder besser, seit
der Karte am Vorabend der Hochzeit, noch keine weitere Nachricht von Leipzig.
Vorige Woche hatten die Kinder ja nichts von den Ferien, da sie ja im Bett
liegen mußten, aber nun, da sie wieder raus können, nutzen sie jede Pause, wo
es nicht schneit, um schnell ins Freie zu laufen.
Jörg
war vorhin ganz stolz über den Lob, daß er mir im Garten geholfen hat. Du hast
recht, vor allen Dingen bei ihm ist es so, erst mault er und wenn man ihn dann
ausschimpft, sagt er, er wolle es ja gerne machen. Dann ist er meist mir Eifer
bei der Sache.
Das
Motiv zur Tat des Herrn Fleig hat sich
ja nun in soweit herausgestellt, als seine Handlungen nicht sauber waren. Vater
hat gestern den Ernst Hagenauer getroffen. Der sagte zu ihm, er sollte es Dir
nur mitteilen, das würde Dich sicher interessieren. Der Fleig hätte ihm auch
schwer mitgespielt. Er meinte aber, der Maier sei noch nicht verhaftet, sondern
nur einstweilen beurlaubt. Die ganze Angelegenheit würde untersucht. Ich weiß
nun nicht, was richtig ist. Jedenfalls sauber ist der auch nicht. Ich glaube,
daß da sicher noch manches ans Licht kommt.
Bei
dem Friseur dort wäre ich auch ganz gern dabei gewesen. Das hat Dir doch sicher
Spaß gemacht, wie die so bestürzt waren, daß Du das Schimpfen verstanden hast.
Schicke
ruhig so eine Tube Zahnpasta mal mit. Bürsten wir halt mal mit roter. Probieren
geht über studieren. Sonst haben wir uns ganz gut an das Zahnputzpulver
gewöhnt.
Bis
jetzt habe ich 2 mal Zeitungen bekommen. Sie interessieren mich sehr. Ich habe
schon ziemlich darin gelesen.
Nun
will ich wirklich schließen. Nochmals viele Grüße und Küsse von Deiner Annie.
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