Mein lieber Ernst! Konstanz, 29.11.40
Dein lieber Brief vom 23. traf heute bei
mir ein. Ich habe mich sehr darüber gefreut.
Du mußt Dich wirklich mit vielen Dingen
befassen, aber es kann ja nicht schaden, wenn Du überall Bescheid weißt. Sogar
eine Schweinemästerei habt Ihr dort. Da hätte ich durch Deine Vermittlung dort
sicher den Mist billiger bekommen Es ist leider nur ein bißchen weit. Sogar in
der Zeitung werdet Ihr also lobend erwähnt. Die Leute, denen die Nachbarhäuser
gehören, werden ja froh sein, daß ihre Häuser verschont geblieben sind.
Wenn der Pullover für Vater schön ist, so
kommt es auf die 2,- mehr auch nicht an. Das ist dann wenigstens ein schönes
und nützliches Weihnachtsgeschenkt. Für meine Eltern habe ich ein kleines Päckchen
mit ein wenig Gebäck und 1/2 Pfund Kaffee sowie eine kleine Schachtel
Zigaretten fertig gemacht. An Siegfried und Kurt schicke ich auch 1 kleines
Päckchen mit Gebäck. An Kurt etwas mehr als an Siegfried, da Siegfried ja von
den Eltern, Erna, Alice und wahrscheinlich auch von Neustadt etwas bekommt.
Aber mehr als ein 1kg-Päckchen schicke ich an niemand. Schreibe mir bitte, ob
ich es recht gemacht habe.
Ich schicke heute an Dich fünf Stück 1
kg-Päckchen und ein kleines Päckchen fort. Am Mittwoch folgt noch ein kleines
Päckchen. Ich schreibe Dir das heute schon, damit Du mir schreiben kannst, ob
Du alles erhalten hast. Alle Päckchen sind für Weihnachen bestimmt. Ich habe
sie jetzt schon geschickt, damit Du sie rechtzeitig erhältst. Solltest Du ja zu
Weihnachten Urlaub bekommen, was ja wunderschön wäre, aber wohl kaum
wahrscheinlich ist, so wäre es auch nicht schlimm, wenn ich die Päckchen weggeschickt
habe.
Als ich gestern 3/4 10 Uhr beim Einpacken
war, gab es auf einmal Fliegeralarm. Ca. 1/2 Stunde waren wir unten. Es war
ganz gemütlich mit unserer neuen Einrichtung. Nur Frau Büsing hat sich wieder
schadmäßig betragen. Das Geschrei hat man bis auf die Straße gehört und Herr
Schwehr ist angesaust gekommen. Ich war ja nicht an der ganzen Sache beteiligt.
Gott sei dank.
Heute hat es wieder ein kleines bißchen
geschneit. Auf der Straße hat es ja getaut. Aber durch die weißen Dächer ist es
doch ein winterliches Bild. Dazu strahlender Sonnenschein. eigentlich ein
Anblick, der einen froh machen muß und der mich auch froh machen würde,
wenn ich nicht so Heimweh nach Dir hätte,
mein lieber, lieber Ernst. Das wollte ich auch noch schreiben. Soweit es
erlaubt ist, kannst Du mir ruhig öfter von Deinem Dienst erzählen. Du weißt ja,
mich interessiert alles, was Dich angeht.
Gestern war ich beim Schuster die Schuhe
von Helga gehen nicht mehr zu machen. Sie kann sie jetzt nur noch bei trockenem
Wetter abtragen. Es ist gut, daß Helga jetzt
die neuen festen Schuhe hat. Ich hätte für sie gern nun noch ein paar
Schuhe gekauft, damit sie zwei Paar zum wechseln hat. Ich habe mich gestern
erkundigt. Jetzt und wahrscheinlich auch nächsten Monat bekomme ich keinen
weiteren Bezugsschein. Hoffentlich gibt es nicht gar so schlechtes Wetter,
damit die hohen Schuhe reichen. Helga zieht sie ja sehr gern an. Nun muß ich
mich wieder auf den Weg mache. Sei Du, mein lieber Schatz, recht herzlich
gegrüßt und geküßt und behalte lieb Deine Annie.
Lieber
Vater! Jetzt ist bald Weihnachten ich freue mich schon. Viele Grüße und Küsse
von Deiner Helga . Jörg.
Mein lieber Ernst! Konstanz, 30.11.40
Morgen ist nun schon der 1.Advent und Du
bist bereits wieder 6 1/2 Wochen von uns fort. Wie lange wird es dauern, da ist
schon Weihnachten. Die Kinder freuen sich ja schon drauf. Ich kann mir ein
Weihnachten ohne Dich gar nicht denken und würde es am liebsten überspringen.
Bei uns ist es jetzt ziemlich kalt
geworden. Nachts schneit es immer ein bißchen, früh ist es auf den Straßen
wieder getaut und hinterher gleich gefroren, so daß die Straßen immer glatt
sind. Bei Tag ist es heute wieder sonnig und sehr windig. Jörg ist draußen und
fährt auf dem restlichen Schnee und Dreck Schlitten. Er hat heute auch seine
hohen Schuhe an, da friert er nicht so schnell. Ob Du wohl morgen auf das 50.
Wunschkonzert hörst? Nach den Ankündigungen muß es ja ganz besonders schön
werden. Ich werde wahrscheinlich morgen Stollen backen, dabei kann man gut
Wunschkonzert hören.
Ich habe heute sehr viel zu schaffen und
bitte Dich deshalb, mir nicht bös zu sein, wenn der Brief etwas kurz wird. Ich
will sehen, daß ich noch ein paar Sultaninen und Mandeln bekomme. Da muß ich
schon beizeiten in die Stadt fahren.
Ich habe nun die Handschuhe für unsere
Beiden fertig. Ich habe sie ein bißchen bunt bestickt. Das sieht sehr freundlich
aus. Ich brauche ja für mich keine zu machen, denn Du hast mir ja so schöne
Handschuhe gekauft.
Nicht wahr, lieber Ernst, Du nimmst es mir
nicht übel, wenn ich jetzt schon schließe. Du weißt ja, der Samstag ist ein
ganz besonderer Arbeitstag.
Sei nun für heute recht herzlich gegrüßt
und geküßt von Deiner immer an Dich denkenden Annie.
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