Sonntag, 17. April 2016

Brief 145 vom 16./17.4.1941


Mein liebster Ernst!                                                                  Konstanz, 16.4.41   

Schon wieder ist ein Tag vergangen, seit Du fort bist. Während ich hier schreibe, bist Du nun schon bei einer Prüfungsarbeit. Meine Gedanken sind immer bei Dir und wünschen Dir gutes Gelingen. Ich werde auch die ganze Woche fest an Dich denken.
Als wir Dich gestern zur Bahn gebracht hatten , haben wir zuerst Resie gesehen, der es auch sehr schwer angekommen ist, daß Fritz wieder fort ist. Hinterher sind wir zur Sparkasse gegangen, mußten aber mit langer Nase wieder abziehen, da die Überweisung von der Stadt noch nicht vorgenommen worden war. Nicht nur für uns, sondern  für alle bei der Stadt Beschäftigten. Das ist durch die Osterfeiertage gekommen. Ich bin dann am Nachmittag nochmals hingefahren und habe dann das Geld bekommen. Der Gehaltszettel sieht so aus. 

Zuschuß für Dich      120,-
Gehalt                          281,58    = 401,58
Einkommenssteuer        1,20
Bürgersteuer                  2,--
Miete                             37,70
Angestellt.Vers.            6,-
Arbeitsfront                   3,80
Zusatzversicherung      6,85
                                       57,55  = 344.03         Arbeitgeberanteil                11,48   = 355,51 

Der Zuschuß für Dich ist bis Ende April bezahlt.
Ich habe mir ausgerechnet:
Vom 21. Februar bis 23. April sind es 62 Tage x 4 Mark = 248,-
Erhalten hast Du 1 x 160,- Mk   
                               1 x 120,- =  280,-
Abgezogen hatten sie voriges Mal              15,- waren es noch                            265,-.
Es sind also 17,- Mk zuviel.
Die werden sicherlich nächstes Mal abgezogen.  Diese Mal ist die Abrechnung eingetroffen, bevor ich das Geld hatte. Zur Krankenkasse konnte ich gestern nicht gehen, da ich ja kein Geld hatte am Morgen und Nachmittag war zu. Ich gehe nun heute vorbei und frage gleich wegen Deinem Zahn.
Eigentlich wollten wir heute in den Wald gehen, aber es regnet fest, so daß das nichts wird. Es war gut, daß wir am Montag so viel Tee gepflückt haben. Ich freue mich sehr.
Ich schaffe übrigens 80,- auf die Sparkasse dieses Mal und für die Kinder jeweils 2,-. Da haben wir schon wieder ein bißchen aufgeholt.
Ich habe mir gestern noch verschiedene Sachen für den Haushalt angeschafft. Auch ein Sieb habe ich dieses Mal bekommen.
Nachher schreibe ich noch die Geburtstagskarte für meine Mutter. Apfelsinen habe ich noch nicht bekommen können. Ich will es heute noch einmal versuchen. Gestern kam auch eine Osterkarte von Paul und Alice und von Elsa Legler. Ich muß mich wieder hinsetzen, um alles zu beantworten.
Wie wir schon ausgemacht haben, brauchst Du die Briefe nicht beantworten. Ich denke nur, daß es vielleicht eine kleine Entspannung für Dich ist, wenn wir Dir ein paar Mal schreiben.
Sei nun recht oft und herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Annie.


Mein lieber Ernst!                                                                                   Konstanz, 17.4.41

Zwei Tage  bist Du nun schon bei den Prüfungsarbeiten. Hoffentlich fällt es Dir nicht gar so schwer. Meine Gedanken sind immer bei Dir und ich wünschte mit Dir, daß schon alles vorbei wäre. 
Ich bin gestern auf der Krankenkasse gewesen. Du kannst Deinen Zahn erst hier machen lassen. Herr Uhink verrechnet es dann mit, als wenn Du noch versichert wärst. Den Beitrag habe ich noch nicht gezahlt, weil ich damit warten soll, bis das genaue Datum bekannt ist, an dem Du wieder zum Militär mußt. Ich habe wieder einen Zettel zu Fräulein Bucher bringen lassen. Dabei habe ich sie gleich gefragt, ob der Zuschuß bis Ente April gezahlt ist. Es ist also der Fall und die zuviel gezahlten ca. 32,- werden beim nächsten Gehalt mit abgezogen. Die voriges Mal abgezogenen 14,4o sind dieses Mal schon mit gezahlt worden und zwar dadurch, daß sie statt 15,60 Einkommenssteuer mit Kriegszuschlag, 1,20 berechnet haben.
Am Samstag kommt die Führer-Sondermarke heraus. Kaufst Du sie Dir selbst oder soll ich sie 4 x besorgen? 2x für Dich und für Kurt, gestempelt und ungestempelt.
Ich habe gestern ein Päckchen an meine Mutter weggeschickt. Obst konnte ich erst keines bekommen. Da habe ich ihr eine Schürze und 1 Paar Strümpfe gekauft. Ich hoffe, daß sie sich auch darüber freut. Heute hatte ich Apfelsinen und Äpfel bekommen, aber ich weiß nicht, ob ich noch welche wegschicken soll. Vielleicht schicke ich auch lieber wieder etwas zum Muttertag.
Gestern war Vater da wegen seinem Kopf. Der war noch nicht besser. Ich habe ihn nochmals ziemlich in die Kur genommen und hinterher haben wir wieder ein Zugpflaster draufgeklebt. Heute Abend kommt er wieder herauf, damit wir das Pflaster erneuern.
Vater ist ziemlich spät weggegangen und als ich gegen 12 Uhr im Bett lag, Dir gerade Gute Nacht gesagt hatte und schlafen wollte, heulten die Sirenen. Da mußte ich gleich wieder raus und in den Keller ging´s. Die hat nicht lange gedauert, nur eine halbe Stunde. Die war einem ganz ungewohnt. Wenn es halbwegs geht, möchte ich heute noch ein bißchen im Garten schaffen. Manche tun heute schon die Kartoffeln  rein. Dazu komme ich ja noch nicht, aber ich glaube, auf ein paar Tage kommt es auch nicht an.
Ich bringe nachher noch das Päckchen  weg, damit Du es wieder rechtzeitig erhältst. Vor allen Dingen, wo es voraussichtlich der letzte Kuchen nach Karlsruhe ist.
Ich wünsche Dir nochmals recht gutes Gelingen Deiner Arbeit. Sei recht herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner immer an Dich denkenden Annie.



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