Mittwoch, 6. April 2016

Brief 144 vom 5./7.4.1941


Mein lieber, armer Kerl!                                                                   Konstanz, 5.4.41           

Jetzt hast Du also doch wieder mit den Zähnen zu tun. Du wirst wahrscheinlich ziemlich Zahnschmerzen haben. Das tut mir so leid. Ich wünschte nur, es würde bald ganz gut, denn lernen und noch Schmerzen haben, ist wirklich ziemlich viel. Deinen Zahnschein habe ich Dir besorgt.
Wie Du schon gemerkt hast, habe ich Deinen Brief vom 4. erhalten. Das geht ja im Kurs ziemlich schnell, aber vielleicht machen sie auch so schnell, weil die Meisten bald wieder bei ihren Truppen sein müssen wegen der evtl. zu erwartenden  Kämpfe. Alle wollen sie in Deutschland einmarschieren.
Heute habe ich auch von Kurt einen Brief vom 31.3. erhalten. Er schreibt, daß er am 29.3. zum Gefreiten befördert worden ist. Das ist doch schön, nicht wahr? Sie sind jetzt auf einem Truppenübungsplatz. Er schreibt noch, die Vermutung wegen seines Aufenthalts in Reims trifft ungefähr wenn auch nicht ganz zu. So wird er in der Nähe sein.
Heute steht in der Zeitung, daß es zu Ostern auch keine Familienheimfahrten in verstärktem Umfang geben soll. Sieh nur zu, daß Du kommen kannst. Vielleicht kannst Du Deinen Beurlaubungsschein mitnehmen und sagen, daß Du nach dem Kurs gleich wieder zum Militär mußt, wenn sie Dir etwas in den Weg legen wollten. Wir freuen uns doch alle schon so darauf, daß Du zu Ostern kommst.
Am Nachmittag will ich noch einmal in die Stadt fahren und sehen, ob ich bei Tengelmann noch ein paar Zuckerosterhasen für die Kinder bekomme. Sie sagten, daß sie sicher etwas hereinbekommen würden. Wenn ich am Montag gehe, ist doch schon wieder alles weg.
Gestern habe ich das restliche Stück im Garten umgegraben und Weißkraut, Rotkraut, Wirsing und Kohlrabi gesät. Jetzt bin ich, wenigstens bis Du kommst, soweit fertig. Die paar Tage, bis Du kommst, werden ja schnell vergehen. Hoffentlich ist bis dahin Deine Zahngeschichte behoben, damit Du wenigstens keine Schmerzen mehr hast.
Von Frau Dietz habe ich heute auch eine Karte bekommen. Sie schreibt, daß sie Jörg zu seinem Geburtstag einen Schieferkasten mit Inhalt kaufen möchte. Sie teilt es mir jetzt schon mit, damit ich zu Ostern keinen kaufe. Ich finde es ganz schön, daß sie immer an Jörg denkt.
Wir wollen heute noch baden. Da muß ich jetzt noch schaffen, damit ich fertig werde. Sei mir deshalb nicht böse, wenn ich heute schon mit Schreiben aufhöre.
Werde bald wieder gesund, mein liebster, bester Schatz und sei recht oft und herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Annie.

Lieber Vater! Mutterle hat uns vorgelesen, daß Deine Zähne so schlimm geworden sind. Mir tut es sehr leid. Ich wünsch Dir gute Besserung, damit Du zu Ostern zu uns kommen kannst. Viele Grüße und Küsse von Deiner Helga und Jörg.


Mein liebster Ernst!                                                                         Konstanz, 7.4.41

 Gestern ist nun die Entscheidung mit Jugoslawien und Griechenland gefallen. Die werden auch schön umgesehen haben gestern, als unsere Stukas kamen, denn unser Flieger leisteten ganze Arbeit. Ich habe gestern alle Berichte gehört. Jetzt kann ja der „König“ seine Armee übernehmen, wie er so großschnäuzig gesagt hat. Dem wird beizeiten der Mut vergehen. Interessant war bei den Berichten auch, daß in Jugoslawien jetzt schon 25 Grad Wärme im Schatten ist. Das sind schon richtige Hochsommertemperaturen.
Du wirst wahrscheinlich gestern den Tag mit Lernen verbracht haben. Wir waren auch zuhause, denn es hat den ganzen Tag geregnet. Wir haben gelesen, außerdem haben die Kinder gespielt und ich gestrickt. So ist der Tag auch vorbeigegangen. Heute regnet es auch noch die ganze Zeit.
Am Samstag habe ich bei Tengelmann keine Ostersachen bekommen können. Vielleicht bekommen sie diese Woche noch etwas herein. Wenn es nichts gibt, müssen wir uns eben so einrichten.
Soeben kam ein Päckchen von Kurt, d.h. es war nichts für mich, sondern er hat für sich 2 Paar Socken und dunkelblaue Seide für Polohemden geschickt, die ich ihm nähen sollte. Außerdem hat er noch ein Paar Stumpen für Vater mitgeschickt.
Ich habe seit heute Nacht eine kleine Mandelentzündung. Ich denke jedenfalls, daß es so etwas ist. Ich habe Schluckbeschwerden und unter dem linken Ohr kann man die Mandeln spüren. Das ist ein bißchen unangenehm, aber sonst geht mir ganz gut.
Am liebsten möchte ich gar nichts mehr schreiben und es sollte Freitag sein. Ich kann es bald nicht mehr erwarten, bis Du kommst.  Ich denke nur immer, hoffentlich kommt nichts dazwischen. Na, die paar Tage werden auch vergehen. Die Kinder rechnen auch schon jeden Tag nach, wie lang es noch dauert. Heute habe ich die erste Dose Ochsenmaulsalat aufgemacht, die Du mir geschickt hattest. Das ist wirklich etwas Gutes. Ich habe ein Teil mit in die Soße geschnitten, die ich noch da hatte. Sogar Jörg hat das Fleisch gegessen und das will etwas heißen. So helfen mir die gesandten Sachen immer wieder einmal. Ich wollte nämlich heute nicht 2 x fortfahren, und nur wegen dem Fleisch. Brot und andere Sachen hätte  ich am Vormittag doch noch nicht bekommen.
Hast Du Deinen Anzug und Mantel erhalten? Ich hatte erst ein bißchen Bedenken, die Sachen so wegzuschicken. Hoffentlich ist alles gut angekommen. Wenn es geht, wirf bitte den Karton nicht weg.
Nun muß ich mich fertig machen, denn ich muß noch vor 3 Uhr auf dem Rentamt sein wegen Gasmarken. Jörg hilft mir schon ein bißchen mit, damit ich fertig werde. Er füllt das Schiff mit Wasser. Da ist er mit Eifer dabei. Er ist überhaupt ein ganz lieber Kerl, wenn er nur den Mund besser halten könnte. Gestern hat es deshalb auch wieder eine tüchtige Tracht gegeben. Wenn ich es auch nicht gerne tue, aber Kraft zum Zuwichsen habe ich schon noch. Ab und zu hilft das am besten, besser als reden.
Nun Schluß für heute, mein lieber Mann. Sei recht herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Annie, Helga und Jörg.

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