Mein lieber, armer Kerl! Konstanz, 5.4.41
Jetzt hast Du also doch wieder mit den
Zähnen zu tun. Du wirst wahrscheinlich ziemlich Zahnschmerzen haben. Das tut
mir so leid. Ich wünschte nur, es würde bald ganz gut, denn lernen und noch
Schmerzen haben, ist wirklich ziemlich viel. Deinen Zahnschein habe ich Dir
besorgt.
Wie Du schon gemerkt hast, habe ich Deinen
Brief vom 4. erhalten. Das geht ja im Kurs ziemlich schnell, aber vielleicht
machen sie auch so schnell, weil die Meisten bald wieder bei ihren Truppen sein
müssen wegen der evtl. zu erwartenden
Kämpfe. Alle wollen sie in Deutschland einmarschieren.
Heute habe ich auch von Kurt einen Brief
vom 31.3. erhalten. Er schreibt, daß er am 29.3. zum Gefreiten befördert worden
ist. Das ist doch schön, nicht wahr? Sie sind jetzt auf einem
Truppenübungsplatz. Er schreibt noch, die Vermutung wegen seines Aufenthalts in
Reims trifft ungefähr wenn auch nicht ganz zu. So wird er in der Nähe sein.
Heute steht in der Zeitung, daß es zu
Ostern auch keine Familienheimfahrten in verstärktem Umfang geben soll. Sieh
nur zu, daß Du kommen kannst. Vielleicht kannst Du Deinen Beurlaubungsschein
mitnehmen und sagen, daß Du nach dem Kurs gleich wieder zum Militär mußt, wenn
sie Dir etwas in den Weg legen wollten. Wir freuen uns doch alle schon so darauf,
daß Du zu Ostern kommst.
Am Nachmittag will ich noch einmal in die
Stadt fahren und sehen, ob ich bei Tengelmann noch ein paar Zuckerosterhasen
für die Kinder bekomme. Sie sagten, daß sie sicher etwas hereinbekommen würden.
Wenn ich am Montag gehe, ist doch schon wieder alles weg.
Gestern habe ich das restliche Stück im
Garten umgegraben und Weißkraut, Rotkraut, Wirsing und Kohlrabi gesät. Jetzt
bin ich, wenigstens bis Du kommst, soweit fertig. Die paar Tage, bis Du kommst,
werden ja schnell vergehen. Hoffentlich ist bis dahin Deine Zahngeschichte
behoben, damit Du wenigstens keine Schmerzen mehr hast.
Von Frau Dietz habe ich heute auch eine
Karte bekommen. Sie schreibt, daß sie Jörg zu seinem Geburtstag einen Schieferkasten
mit Inhalt kaufen möchte. Sie teilt es mir jetzt schon mit, damit ich zu Ostern
keinen kaufe. Ich finde es ganz schön, daß sie immer an Jörg denkt.
Wir wollen heute noch baden. Da muß ich
jetzt noch schaffen, damit ich fertig werde. Sei mir deshalb nicht böse, wenn
ich heute schon mit Schreiben aufhöre.
Werde bald wieder gesund, mein liebster,
bester Schatz und sei recht oft und herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner
Annie.
Lieber
Vater! Mutterle hat uns vorgelesen, daß Deine Zähne so schlimm geworden sind.
Mir tut es sehr leid. Ich wünsch Dir gute Besserung, damit Du zu Ostern zu uns
kommen kannst. Viele Grüße und Küsse von Deiner Helga und Jörg.
Mein liebster Ernst! Konstanz, 7.4.41
Gestern ist nun die Entscheidung mit Jugoslawien und Griechenland
gefallen. Die werden auch schön umgesehen haben gestern, als unsere Stukas
kamen, denn unser Flieger leisteten ganze Arbeit. Ich habe gestern alle
Berichte gehört. Jetzt kann ja der „König“ seine Armee übernehmen, wie er so
großschnäuzig gesagt hat. Dem wird beizeiten der Mut vergehen. Interessant war
bei den Berichten auch, daß in Jugoslawien jetzt schon 25 Grad Wärme im
Schatten ist. Das sind schon richtige Hochsommertemperaturen.
Du wirst wahrscheinlich gestern den Tag
mit Lernen verbracht haben. Wir waren auch zuhause, denn es hat den ganzen Tag
geregnet. Wir haben gelesen, außerdem haben die Kinder gespielt und ich
gestrickt. So ist der Tag auch vorbeigegangen. Heute regnet es auch noch die
ganze Zeit.
Am Samstag habe ich bei Tengelmann keine
Ostersachen bekommen können. Vielleicht bekommen sie diese Woche noch etwas
herein. Wenn es nichts gibt, müssen wir uns eben so einrichten.
Soeben kam ein Päckchen von Kurt, d.h. es
war nichts für mich, sondern er hat für sich 2 Paar Socken und dunkelblaue
Seide für Polohemden geschickt, die ich ihm nähen sollte. Außerdem hat er noch
ein Paar Stumpen für Vater mitgeschickt.
Ich habe seit heute Nacht eine kleine
Mandelentzündung. Ich denke jedenfalls, daß es so etwas ist. Ich habe Schluckbeschwerden
und unter dem linken Ohr kann man die Mandeln spüren. Das ist ein bißchen unangenehm,
aber sonst geht mir ganz gut.
Am liebsten möchte ich gar nichts mehr
schreiben und es sollte Freitag sein. Ich kann es bald nicht mehr erwarten, bis
Du kommst. Ich denke nur immer,
hoffentlich kommt nichts dazwischen. Na, die paar Tage werden auch vergehen.
Die Kinder rechnen auch schon jeden Tag nach, wie lang es noch dauert. Heute
habe ich die erste Dose Ochsenmaulsalat aufgemacht, die Du mir geschickt hattest.
Das ist wirklich etwas Gutes. Ich habe ein Teil mit in die Soße geschnitten,
die ich noch da hatte. Sogar Jörg hat das Fleisch gegessen und das will etwas
heißen. So helfen mir die gesandten Sachen immer wieder einmal. Ich wollte nämlich
heute nicht 2 x fortfahren, und nur wegen dem Fleisch. Brot und andere Sachen
hätte ich am Vormittag doch noch nicht
bekommen.
Hast Du Deinen Anzug und Mantel erhalten?
Ich hatte erst ein bißchen Bedenken, die Sachen so wegzuschicken. Hoffentlich
ist alles gut angekommen. Wenn es geht, wirf bitte den Karton nicht weg.
Nun muß ich mich fertig machen, denn ich
muß noch vor 3 Uhr auf dem Rentamt sein wegen Gasmarken. Jörg hilft mir schon
ein bißchen mit, damit ich fertig werde. Er füllt das Schiff mit Wasser. Da ist
er mit Eifer dabei. Er ist überhaupt ein ganz lieber Kerl, wenn er nur den Mund
besser halten könnte. Gestern hat es deshalb auch wieder eine tüchtige Tracht
gegeben. Wenn ich es auch nicht gerne tue, aber Kraft zum Zuwichsen habe ich
schon noch. Ab und zu hilft das am besten, besser als reden.
Nun Schluß für heute, mein lieber Mann.
Sei recht herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Annie, Helga und Jörg.
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