Mein liebster Ernst! Konstanz, 1.April 41
Heute erhielt ich Deinen lieben Brief vom
30.3. Ich habe mich recht darüber gefreut. Da bist Du also am Montag bei den
Fricks gewesen. Gut aufgenommen haben sie Dich auch. Mehr kann man ja nicht verlangen.
Kurt ist doch ein komischer Geselle. Erst von anderen Leuten erfährt man von
ihm, daß er krank war. Hoffentlich ist er wieder soweit hergestellt. Es war
doch ganz gut, daß Du die Leute besucht hast.
Die Leipziger Marken habe ich ja besorgt,
wie ich Dir schon im vorigen Brief mitteilte. Ich klebe sie immer mit auf die
Briefe. Hast Du die 25 von Wien noch 2 x bekommen? Für Dich und Kurt
ungestempelt? Hier gibt es sie nicht mehr. Wenn Du sie nicht hast, so kann ich
sie sicher von Herrn Kuster kriegen. Er hat es mir angeboten.
Das Wäschepaket von Dir ist noch nicht
angekommen. Ich habe heute Wäsche gehabt. Das macht aber nichts. Gutes Wasser
habe ich noch und es langt noch, wenn das Paket morgen ankommt. Diesmal habe
ich feines Wetter erwischt. Den ganzen Nachmittag scheint schon die Sonne. Da
trocknet alles. Nachdem ich vorhin mit Waschen fertig war, habe ich mich noch
von der Sonne bescheinen lassen. Das hat mir gefallen. Ich habe mich vorher
aber gut eingerieben, damit ich keinen Sonnenbrand bekomme. Aber so ein bißchen
in der Sonne sitzen wärmt richtig durch. Mit ist es jetzt ganz fidel zumute.
Helga hat heute bis 6 Uhr Schule. Jörg ist unten im Hof und spielt. Oben in der
Küche hat er wieder einmal die ganze Eisenbahn aufgebaut. Abends möchte ich sie
gar nicht gerne wegräumen, damit er am nächsten Morgen gleich weiterspielen
kann, am liebsten gleich noch im Hemd. Jetzt haben wir die Lösung gefunden, daß
wir die Schienen einmal teilen und unter den Tisch stellen, damit wir in der
Nacht nicht drüber fliegen. Ich habe jetzt ziemlich mit ihm zu tun, um ihn in
Ordnung zu halten. Er brüllt wieder mal immer rum und ich habe ihn schon öfter
vermöbeln müssen. Ich tue es ja nicht gern, aber es geht nicht anders, er wird
sonst zu frech.
Wenn es morgen schön ist, wollen wir noch
Mal in den Wald gehen, Tee suchen. Vielleicht bringen wir auch gleich ein
bißchen Reisig mit. Die Erbsen werde ich übrigens in den nächsten Tagen auch in
die Erde tun. Wir sollen hoffen, daß es morgen noch schön ist, denn am Mittwoch
haben wir immer am besten Zeit.
In Deinem Brief habe ich die Fettmarken
gar nicht gefunden. Aber ich brauche sie auch nicht mehr so notwendig. Es hat
gerade noch etwas zu ½ Pfund Margarine gefehlt und den Rest habe ich noch für
Butter verwenden können, da hat es gerade 1/8 gegeben. Nimm es mir bitte nicht
übel, daß ich Dir noch besondere Umstände wegen den Marken gemacht habe.
Heute, am 1. April , haben es die Kinder
früh gar nicht erwarten können, daß sie auf die Straße kommen. Sie sind schon
3/4 8 draußen gewesen, damit sie die Kinder verkohlen können. Es ist ihnen auch
verschiedene Male gelungen. Da war natürlich die Freude groß. Ganz gestrahlt
haben sie.
Wenn Du zu Ostern herkommen kannst, ist es
vielleicht am besten, Du bringst etwas zum Lernen mit, wenn der Kurt schon am
23.4. aufhört. Das dauert ja dann gar nicht mehr lange. Man staunt eigentlich,
wie schon wieder die Zeit vergangen
ist. Soll ich Dir eigentlich die gewaschene Wäsche wieder zusenden oder nimmst
Du sie mit, wenn Du herkommst?
In Jugoslawien ist es jetzt wie bei den
Polen. Sie fangen auch schon zu plündern und Brennen an. Das muß ja ein ganz
minderes Volk sein, die Serben. Es hat ja schon allerhand auf dem Kerbholz.
Heute ist ja nun der Eden in Belgrad. Es wird nicht mehr lange dauern, da ist
der Krach da. Es ist nur schade um die vielen Menschen, die wieder umkommen.
Und nur wegen dem Lumpenpack, den Engländern.
Vielleicht fahre ich dann noch zu Vater
runter und erzähle ihm, was Du von Kurt geschrieben hast wegen seiner
Krankheit. Daß er beim Appell wieder aufgefallen ist, erzähle ich nicht. Das
wird ihm sonst von Vater zeit seines Lebens wieder vorgehalten. Als ich das
Bügelbrett holte, sagte er auch: „Weißt Du, warum der Stoff da unten schmutzig
ist? Da hast Du früher mal draufgebügelt und da hat Ernst den alten Untersetzer
draufgestellt.“ Das habe ich schon lange nicht mehr gewußt. Im Übrigen war es
auch nicht so schlimm, ich habe nämlich den Stoff sowieso abziehen müssen. Aber
Vater ist nun einmal so. Die Hauptsache ist ja, daß er sonst ganz gut ist.
Nun will ich für heute wieder Schluß
machen. Sei recht oft und herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Annie.
Mein liebster Ernst! Konstanz, 3.April 41
Heute erhielt ich Deinen lieben Brief vom
1.4. Du bist ja ein Kerl. Nennst Du das 15 g Fettmarken, was Du geschickt hast.
Ich werde alles gut aufheben und für die Osterfeiertage haben wir dann
reichlich Butter und Fleisch. Die Eier werde ich auch für Ostern besorgen. Ich
sage Dir für alles meinen Dank. Du bist doch ein ganz lieber Kerl.
Es freut mich, daß Dich mein Brief nicht
gelangweilt hat. Ich hatte wirklich gedacht, es würde Dich nicht interessieren.
Es geht mir manchmal so, erst schreibe ich und dann beim Durchlesen meine ich,
Du wirst denken, na viel Gescheites hat sie auch nicht geschrieben. Es ist mir
natürlich schon recht, wenn dies nicht der Fall ist.
Es wäre mir recht, wenn Du einmal wegen
Zwiebelsamen nachsehen würdest. Es gibt hier nur Zwiebelsamen für weiße
Zwiebeln und es steht auf der Tüte: Zum sofortigen Verbrauch, nicht für den
Winterbedarf geeignet. Wir wollen aber doch die Zwiebeln, wenn sie klein sind,
überwintern, um für nächstes Jahr Steckzwiebeln zu haben.
Wegen der Frauenschaft werde ich sehen,
daß ich mich so lange wie möglich drücke. Ich habe auch schon gesagt, daß ich
doch nicht hingehen könnte. Da wurde mir auch angedeutet, daß es ja vor allen
Dingen um das Geld gehe.
Mit dem Vordruck werde ich morgen früh zur
gleich zur Polizei fahren und ihn unterschreiben lassen. Die Zivilkleider
schicke ich Dir in den nächsten Tagen. Ich muß mal sehen, wie ich sie verpacke.
Ich werde Dir vielleicht den älteren Mantel schicken, ich finde, der neue
Mantel wird gleich auf der Bahn so verdrückt und man sieht jeden Fleck daran.
Wir waren heute Nachmittag im Wald. Es war
sehr schön. 1/2 Tasche Tee haben wir wieder gefunden, viel ist es ja nicht,
aber ich finde, dieses Jahr gibt es gar nicht so viel. 2 Rucksäcke mit Zapfen
und Erbsenreisig haben wir noch mitgebracht. Da war der Gang nicht umsonst. 3/4
6 Uhr waren wir wieder zuhause. Da haben wir dann Deinen lieben Brief
vorgefunden.
Ich glaube Dir gern, daß im Kurs sehr viel
von Euch verlangt wird. Aber wie Du schon schreibst, mehr als lernen kann man
nicht und wenn man da seine Pflicht getan hat, ist es gut. Alle Sachen kann man
ja gar nicht behalten, das ist doch so viel. Aber ich weiß ja, daß Du alles
tust, was möglich ist und ich habe keine Sorge, daß Du durchkommst. Wir können
uns ja wegen allem noch einmal
unterhalten, wenn du hier bist.
Seit heute folgt Jörg wieder ein bißchen
besser. Ich hoffe, daß es anhält. Das sind immer mal so Zeiten, wo es nicht
klappen will.
Mein lieber Schatz! 4.April
Heute Morgen habe ich auf der Polizei den
Vordruck unterschreiben lassen. Ich schicke ihn Dir nun wieder zu. Auch die
Zivilkleider habe ich eingepackt und schicke sie heute noch weg.
Heute Morgen habe ich ein bißchen im
Garten geschafft. Ich habe nun Kohlrabi, Wirsing, Weißkraut und Rotkraut gesät.
Heute Nachmittag will ich noch weiter umgraben.
Vorhin erhielt ich das Zeitungspaket von
meinen Eltern. Helga und Jörg sitzen schon dabei und schauen sich den
„Blödsinn“ an. Das ist ihnen das Wichtigste an der ganzen Zeitung. An den
Zeitungen habe ich wieder allerhand zu lesen. Da kann ich gut dabei stricken.
Ich möchte sowieso gern für Vater die Strümpfe fertig bekommen. Bisher habe ich
aber immer zu Stopfen und Nähen gehabt. Ich wünsche nun einen frohen Sonntag.
Hoffentlich wird es wahr, daß wir Dich doch zu Ostern bei uns haben. Es wäre so
fein.
Sei nun recht herzlich gegrüßt und geküßt
von Deiner Annie.
Lieber
Vater! Wir freuen uns schon fest das Du zu Ostern kommst, ich sagte schon zum
Mutterle, wenn Du da bist ist es immer so spaßig und lustig und drum freue ich
mich so sehr. Viele Grüße und Küsse von Deiner Helga und Jörg.
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