Donnerstag, 3. März 2016

Brief 135 vom 3./4.3.1941


Mein lieber Ernst!                                                           Konstanz, 3. März 41 abends    

Nun ist schon wieder der Sonntag und Montag vorbei. Wie hast Du den Sonntag verbracht? Es war ja so ein sonniger Tag. Die Kinder haben unten gespielt und haben sogar zum ersten Mal wieder Kniestrümpfe angehabt, was ihnen viel Freude gemacht hat. Ich habe die meiste Zeit auf dem Sofa gelegen, denn es war mir gar nicht gut. Ich dachte erst, ich bekäme die Grippe. Gott sei Dank ist es mir heute wieder ganz recht, so daß  ich auch waschen konnte. Aufhängen konnte ich leider nicht, da es erst geregnet hat und hinterher, als es sich ein wenig aufklarte, war es schon zu spät dazu. Aber ich habe ja noch mehrere Tage vor mir.
Kurt hat doch am 8. Geburtstag. Da habe ich ihm noch ein kleines Päckchen mit Gebäck geschickt. Ich habe es heute auf die Post gebracht. Ob es noch zur rechten Zeit ankommt, weiß ich ja nicht. Vielleicht freut es ihn doch ein bißchen. Ich schicke Dir morgen auch die Abschrift des Briefes an Kurt mit, den ich vor einigen Tagen geschrieben habe. Ins Päckchen habe ich nur eine kurze Karte gelegt. Vater hat gestern Abend noch einen Brief an Kurt geschrieben. Er will diese Woche noch eine kleine Stolle backen und sie ihm schicken. Nachricht haben wir von Kurt noch kleine. Wo er ist, das ist ja aber praktisch eigentlich noch gar nicht möglich, denn er ist doch erst am vergangenen Mittwoch fort gekommen.
Heute sind wieder 4 Päckchen von Dir angekommen. Eins mit Büchern, eins mit den Zigarren für Vater, eins mit Zucker, eins mit Kaffee. Jetzt fehlt nur noch ein Päckchen, in dem Dein Schlafanzug sein muß. Hoffentlich kommt er auch noch an.
Ich bin gespannt, ob Du rechtzeitig zum Sonntag den Kuchen bekommen hast. Ich weiß eben doch noch nicht, wie lang Päckchen brauchen. Auf der Post haben sie mir gesagt, sie kämen noch hin. Ich werde ja sicher bald wieder Nachricht von Dir bekommen, da werde ich es ja wissen. 

Mein lieber Ernst!                                                                                       4.März

Heute, am Nachmittag, bekam ich Deinen lieben Brief vom 2.3. Leider habe ich daraus ersehen müssen, daß Du mein Päckchen doch nicht bis zum Sonntag erhalten hast. Das tut mir ja sehr leid, aber es läßt sich ja nicht mehr ändern. Ich muß es mir für ein andermal merken. Da schicke ich es ein bißchen eher weg.
Mein lieber, armer Kerl, nun hast Du schon wieder mit dem Rücken zu tun gehabt. Mit den Nieren ist einfach nicht zu spaßen. Wenn Du jetzt krank würdest, wäre es ja für Dich sehr unangenehm, denn es fragt sich, ob Du dann noch im Kurs nachkämst. Aber wenn Du krank werden solltest, so komm nur nach hause, da bist Du doch am besten aufgehoben. Ich wünsche Dir, daß es Dir recht bald wieder ganz gut gehen möge.
Den Brief von Blankenloch habe ich Dir ja mitgeschickt. Es tut mir leid, daß Du den Weg umsonst machen mußtest, aber vielleicht war es ganz gut, wenn Du einmal mit den Leuten gesprochen hast. Ja, Kurt ist schon ein Pechvogel.
An Nannie werde ich also einmal schreiben. Vielleicht in den nächsten Tagen. Mal sehen, wie es ausfällt. Ich habe da noch meine Bedenken.
Die deutsche Gemeindeordnung brauche ich also nicht mehr besorgen. Das ist auch recht. Bei Herrn Lang hätte ich sowieso nicht darum gebettelt, denn das ist ein unangenehmer Mensch, der denkt, er allein hat die Weisheit mit Löffeln gefressen.
Wegen dem Geld habe ich Deine Gedanken  schon vorher erraten, da ich Dir ja schon am Samstag 60,- geschickt habe. Das geht auch in Ordnung.
Ich habe heute Morgen Wäsche aufgehängt, aber es will einfach nicht klappen diesmal. Es fängt bald an zu regnen, und ich muß sie auf den Speicher schaffen.
Vorhin habe ich die Brombeeren fertig ausgeputzt und angebunden. Meine Hände sehen natürlich aus, als wenn ich unter die Räuber gefallen wäre, aber es ist nun wenigstens geschafft. Es sieht, meiner Ansicht nach, jetzt ganz ordentlich aus. Ich weiß ja nicht, ob Du anderer Meinung sein wirst, wenn Du einmal heimkommst. Du wirst mich schon runterputzen, wenn es nicht recht ist, nicht wahr?
Heute morgen kam einer von den beiden Kuchen an, die ich Dir nach Frankreich geschickt hatte. Ich lasse ihn Dir mit zugehen. Du mußt  eben sehen, ob er noch schmeckt.
Wie ich gerade sehe, habe ich den Briefbogen verkehrt beschrieben. Das macht wohl nichts. Du mußt es schon entschuldigen.
Ich freue mich sehr, daß ich heute noch einen Brief von Dir bekommen habe. Ich habe nämlich schon sehr darauf gewartet. Man freut sich eben doch immer auf Post.
Nun will ich für heute schließen. Sei recht herzlich gegrüßt und geküßt von Deiner Annie.


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